Die heimliche Lust
hinauszuwerfen, zu sagen, daß er unsere Katzen nicht mehr beherbergen würde. Er sagte: »Das sind deine Katzen, nicht meine Katzen .« Aber ich hatte ja keine Wohnung. Deshalb brachte ich sie zu einer Freundin.
DH: Meinen Sie, er hat das Gefühl, daß Sie sich wegen der Seitensprünge schuldig fühlen sollten?
A: Ja und nein. Er und ich versuchten etwas, woran wir zutiefst glaubten; es war schwierig, aber er war ebenso bereit dazu wie ich. Wir wollten versuchen, zueinander ehrlich zu sein. Er, das muß man bedenken, wäre geblieben — weil ich mich an unseren Pakt gehalten hatte. Aber natürlich war er an irgendeinem Ende wütend darüber. Und schließlich waren wir beide sehr traurig über das alles, ich ebenso wie er.
DH: Diese unmerklichen Aggressionen, die er hat, die müssen doch auch schon während Ihrer Ehe dagewesen sein, meinen Sie nicht? Könnte es nicht sein, daß sie mitverantwortlich sind für den Mangel an Gefühlsäußerungen, auch in der Sexualität, den Sie so schwer zu ertragen fanden?
A: Natürlich. Daniel hat große Aggressionen — und sie bleiben alle in ihm drin. Ich glaube, ich habe viel von seiner Feindseligkeit für ihn empfunden. Aber nach neun Jahren hatte ich einen Punkt erreicht, wo ich mir sagte: »Ich habe es satt, darüber zu reden. Ich habe es satt, ihm zu erklären, was mit ihm und mit mir los ist. Ich habe es satt, zu versuchen, daß es sexuell klappt. Ich möchte auf einen Mann zugehen, und ich möchte, daß dieser Mann weiß, was er zu tun hat, damit ich mich gut fühle. Und ich möchte, daß das der Ausgangspunkt der Beziehung ist. Dann werden wir sehen, wo uns das hinführt .«
Sie sehen, das ist eine ganz andere Richtung. Und ich weiß, daß das sehr unfreundlich von mir ist.
DH: Unfreundlich, weil Sie das Gefühl haben, die Ehe im Stich gelassen zu haben, oder weil Sie finden, daß Sie eine Menge verlangen?
A: Nun, beides, aber hauptsächlich, weil ich die Ehe verlassen habe. Denn worauf es mir in unserer Beziehung ankam, das war doch immer auch der Wunsch, dem anderen bei seiner Entwicklung zu helfen. Das habe ich jedenfalls immer zu Daniel gesagt — und dann habe ich aufgegeben.
DH: Hat er verstanden, warum Sie weggingen?
A: Ja. Ich sagte ihm, ich ginge aus zwei Gründen. Sie laufen beide auf dasselbe hinaus, das sehe ich jetzt. Erstens, daß wir uns nie intensiv austauschen konnten, so wie ich das wollte. Unsere Seelen schienen sich nie zu begegnen, weder sexuell noch auf irgendeinem anderen Gebiet. Und zweitens, daß, sobald ich angefangen hatte, dieses Gefühl anderswo zu empfinden, und es mir nicht gelang, es nach Hause mitzubringen, das Zuhause weniger wichtig für mich wurde als dies. Das zu schlucken ist wirklich ein gewaltiger Brocken.
DH: Haben Sie das Gefühl, Daniel betrogen zu haben, indem Sie merkten, wie gut Sie sich fühlen konnten — mit einem anderen Mann?
A: Ja. Ich hätte es ihm nicht verschweigen können: ich hätte überhaupt keine Beziehung zu Daniel gehabt, wenn ich ihm eine so wesentliche Tatsache verschwiegen hätte. Und ich fühle mich auch wegen der Affäre nicht schlecht, die im übrigen vorüber ist. Ich möchte einfach, daß Sex tiefer geht. Ich möchte weiter gehen. Weiter, als Daniel gehen kann, zumindest mit mir. Immer mußte ich versuchen, Leben in unsere Beziehung zu bringen — gutes Leben, schlechtes Leben, was auch immer, aber Energie und Ehrlichkeit — , und dann am Ende trennte ich mich von ihm. Das ist es, was mich so traurig macht. Und auch ihn, glaube ich.
DH: Sie sagen, er sei durch die zweite Affäre besiegt gewesen. Aber Sie waren auch besiegt, nicht wahr?
A: Ja. Und alle, meine Freunde und Verwandten, wünschten, ich hätte gesagt: »Okay, offensichtlich kann ich von dir nicht bekommen, was ich brauche, sosehr du dich auch bemühst und ich mich bemühe, aber um deines Wunsches willen, daß ich bleibe, um unserer Ehe willen, werde ich mein Leben dir widmen.« Das ist der Grund, warum ich mich jetzt so furchtbar fühle. Daß ich Daniel verletzte, indem ich ihm die Wahrheit sagte und dann nach dieser Wahrheit handelte. Ich weiß, daß es rücksichtsvoller gewesen wäre, zu lügen — und um jeden Preis in der Ehe zu bleiben.
DH: Was Sie für destruktiver halten, als wegzugehen.
A: Ja. Ich war nicht zufrieden, und er würde mich nicht zufriedenstellen können. Deshalb meine ich, daß ich gescheitert bin. Immer wieder hatte ich das Gefühl, daß ich ihn umbringe. Weil ich weiß, daß er mich zufriedenstellen
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