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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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hinbekommen, dann könnte diese Ehe alles für mich sein. Sie könnte vertraut und nah und vollkommen sein und alles, was ich mir je von ihr erträumt habe .« Durch solche Sätze redete ich mir ein, daß diese Version der Ehe etwas enthielt, was mich wirklich glücklich machen würde — etwas, von dem ich eigentlich bereits wußte, daß es Quatsch war.
    Aus der Geschichte dieser Frau geht klar hervor, daß Ehrlichkeit in bezug auf eine Affäre dem idealistischen Versuch dienen kann, das »wahre«, das »totale« Selbst wieder in die Ehe einzubringen — statt die Ehe als Teilbereich des eigenen Selbst zu behandeln.
    Deborah war damals neununddreißig, sie fühlte sich wunderbar und gestärkt durch ihre seit einem Jahr bestehende Liebesbeziehung. Erwartungsvoll sagte sie ihrem Mann die Wahrheit, und wie gut sie sich dadurch fühle, mit einer Art von missionarischem Eifer, von dem sie jetzt reumütig zugibt, daß ihr Impuls dazu eigentlich der war, »es ihm unter die Nase zu reiben«. In einem Ausbruch von neuerstarktem Selbstvertrauen und Kraft wollte sie aber auch ihre Euphorie mit ihrem Mann teilen,
    als ob er sich darüber freuen sollte. Ich hatte das Gefühl, in einer dauerhaften und wunderbaren Weise wieder zu mir selbst gekommen zu sein, und gewappnet mit dieser Power und Energie überfuhr ich ihn einfach damit, wie jemand, der eben gestärkt aus einem Psycho-Wochenende zurückgekehrt ist. Ich forderte ihn auf, mein neues Selbst willkommen zu heißen, als ob er sich weiß Gott wie darüber freuen würde, als ob er sich für mich darüber freuen müßte. Ich machte mir nicht bewußt, wie aggressiv diese Erwartung war, wie naiv und wie... unmöglich. Ich übersah, daß ich, während ich diesen enormen Machtzuwachs erlebte, etwas
    Kostbares zerbrochen hatte und daß mein Mann... nun, er hatte Macht verloren.
    Das nicht in Betracht zu ziehen, daß er allmächtig gewesen war, war ein furchtbarer Fehler. Ich wollte die Machtverhältnisse umstoßen, hatte sie schon umgestoßen, und dennoch seine Liebe behalten, wie zuvor. Das war wirklich... ahnungslos von mir.
    Deborah meinte, sie sei unsensibel für die Veränderung in der Machtbalance ihrer Beziehung gewesen; von ihrem eigenen Standpunkt aus habe sie es eher so empfunden, daß jetzt ein Ungleichgewicht beseitigt war. Sie übersah dabei aber, daß ihre erotische Stimme ihren Mann niederschmettern würde,
    den ich, glaube ich, irgendwie für unverwundbar gehalten hatte, als ob er der zuverlässig Starke und ich die Schwankende wäre. Ich fühlte mich stärker werden und dachte daher, unser Kräfteverhältnis sei jetzt ausgeglichener. Ich kam nicht auf den Gedanken, daß er die neue Dynamik für sich irgendwie als nachteilig empfinden könnte.
    Aber noch verheerender als ihren Mangel an Feingefühl fand sie ihre Illusion, daß sie das bisherige Gefüge ihrer Ehe sprengen könnte, ohne daß dies für ihren Mann oder sie selbst oder ihre Ehe Folgen haben würde; dies ist die eigentliche Gefahr, die der Illusion des Reinen-Tisch-Machens innewohnt. Selbstgerecht und erfüllt von ungeahnter Energie und Macht ließ Deborah die Verletzbarkeit der Männer ebenso außer acht wie ihre eigene.
    Deborah war an das alles mit einem Gefühl der Rechtschaffenheit herangegangen, in der Annahme, daß Ehrlichkeit ihren Lohn in sich selbst trage. »Aus dem Gefühl der Aufrichtigkeit und Zuversicht heraus wollte ich Joel einweihen; falls meine Ehe überhaupt etwas taugte, würde sie mein neues Selbst verkraften können .« Sie litt schrecklich, sobald ihr bewußt wurde, was diese Annahme nach sich zog.
    Auch die Therapeutin, die mich zum Reden drängte, hatte diese Einstellung, daß ich für das Aussprechen der Wahrheit belohnt werden müßte. Joel mußte dankbar sein dafür, daß ich es ihm gesagt hatte, und er sollte sich seiner Mitschuld an meinem Seitensprung bewußt werden. Es war bescheuert! Ich hatte Joel wirklich nie beschuldigt, und plötzlich hörte ich die Therapeutin zu ihm sagen: »Sprechen wir über Ihre Rolle dabei«, fast ohne Joel Gelegenheit zu geben, auf die Neuigkeit zu reagieren. Rückblickend ist mir klar, daß wir beide, die Therapeutin und ich, diese völlig blödsinnige Vorstellung hatten: Okay, ich habe die Wahrheit gesagt, damit habe ich meine Aufgabe erledigt: seine Aufgabe war, sie mit Anstand zu verkraften.
    Deborah hoffte, ihre Ehe durch ihr Geständnis mit einem Schlag zu all dem zu machen, was sie für sie sein sollte. Sie hatte sie damit aufs neue

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