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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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weigerten zu heiraten. Und dann heirateten sie irgendeine College-Schönheit und wünschten inständig, es möge im Bett spannender sein. Sie sehnten sich ewig nach den Mädchen, die sie nicht heiraten wollten.
    DH: Vielleicht hat die Phase, in der Sie Männer zu Sexualobjekten machten, bei Ihnen selbst Intimitätsprobleme zurückgelassen. Machen Sie sich darüber Gedanken?
    CC: Hm, ich frage mich, ob ich mich nicht ein bißchen so verhalten habe wie diese Männer — ob ich nicht meine wahren Bedürfnisse und Wünsche deformiert habe, weil sie »nicht okay« sind. Das garantiert ja Frustration. Und ich fühle mich frustriert und eingesperrt. Ich habe das Gefühl, ich sollte höflich sein und bereit zu geben. Leise in meiner Suche nach Liebe, entsprechend laut, um sie unter Beweis zu stellen. Es ist erstickend. Ich kann es schwer erklären.
    DH: So, wie sich ein »anständiges« Mädchen im Bett verhält?
    CC: Ja.
    DH: Aber sind anständige Mädchen überhaupt sexuell aktiv?
    CC: Natürlich nicht.
    DH: Früher waren Sie das Gegenteil.
    CC: Ich war ein unanständiges Mädchen, eine kaltblütige Abschlepperin; und die Mädchen, die das Bild nährten, das ich von mir haben wollte, waren alle Outlaws. Patty Hanson heiratete Keith Richards; Jerry Hall heiratete Mick Jagger. Das waren unsere Heldinnen. Sie hatten jede Menge Sex, und sie kriegten auch sonst alles _ sie waren Topmodels, und damit verdienten sie ihr eigenes Geld. Sie waren Bohèmiens und auch auf diesem Selbstverwirklichungstrip, die Bohème unserer Zeit. Eine Kreuzung zwischen Tramp und Yuppy. Sie schienen sich den »femininen« Normen zu verweigern, was ich prima fand. Ohne sich an die Regeln zu halten, bekamen sie doch alles.
    DH: Aber verdankten sie ihr glänzendes Leben nicht doch alten Regeln — sie waren schön und taten sich mit erfolgreichen Männern zusammen?
    CC: Ja, aber sie wählten Männer, die ebenfalls Outlaws waren; Männer, die nicht von ihnen verlangen würden, brave Mädchen zu sein. Sie waren zu skandalumwittert, zu sexy und verdorben, um plötzlich Ehefrauen im traditionellen Sinn zu werden — keusch, jungfräulich. Darauf habe ich mich auch für meine Person verlassen. Daß auch von mir niemand erwarten würde, brav zu werden. Aber das Unglaubliche ist ja, daß ich mich selbst gezwungen habe, ein braves Mädchen zu sein. Das war mir damals noch gar nicht bewußt.
    DH: Wann haben Sie Ihre Affäre begonnen?
    CC: Vor zwei Jahren. Um ganz ehrlich zu sein, ich kann es kaum fassen, daß ich elf Jahre lang monogam war.

5. Die Sprache des Verlustes

    »Ach !« , erwiderte Félicité, »es geht Ihnen genauso wie der Guérine, der Tochter des alten Fischers Guérin aus Pollet, die ich in Dieppe kennengelernt habe, bevor ich zu Ihnen gekommen bin. Die war so furchtbar traurig. Wenn sie vor der Haustür stand, sah sie aus wie ein aufgehängtes Leichentuch. Ihr Leiden soll eine Art Nebel im Kopf gewesen sein, und die Ärzte konnten nichts dagegen tun, auch der Pfarrer nicht. Wenn es zu schlimm wurde, ging sie ganz allein ans Meer. Der Leutnant vom Zollamt hat sie dort auf seiner Runde oft angetroffen, wie sie bäuchlings auf den Steinen lag und weinte. Später, nach ihrer Heirat, soll sich das von selbst verloren haben .«
    »Bei mir«, erwiderte Emma, »ist es erst nach der Hochzeit gekommen .«
    Gustave Flaubert, Madame Bovary

    Zehn Jahre nachdem Connie der Figur des vorbildlichen Mädchens ins Gesicht gespuckt hatte, sich statt dessen einen Mädchentyp zum Vorbild nahm, der sein Selbstvertrauen und seine Sexualität lebendig erhielt, begegnet sie, unser einst skandalöser Outlaw, das schamloseste aller losen Mädchen, ihrer neuen Nemesis: der vorbildlichen Ehefrau. Sie tritt in eine Beziehungswelt ein, die ihrer Rock-’n-Roll-Seele so fremd ist wie der klösterliche Kosmos einer Karmeliterin. Sie wandelt darin herum und fragt sich nicht nur, was aus Sex und Lachen und Spaß und Vergnügen wurde, sondern auch: »Was ist aus mir geworden ?«
    In der Beziehung, von der sie hoffte, daß sie die »realste« ihres Lebens sein werde, empfindet Connie Verwirrung über die zwei miteinander verwobenen Themen Sex und Idealisierung, die sie einmal mehr in jene alte, wohlbekannte Krise treiben: Was darf sie sagen? Welche Stimme möchte Martin hören? Wieviel von ihrem Expertinnenwissen über Liebe, Leben und Beziehungen kann sie retten, jetzt, da das, was sie einst als genußvoll empfand, als »unanständig« gilt — jetzt, da ihr ihre ganze

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