Die heimliche Lust
die Angst?
CC: Ja. Und ich bin das Auffangbecken. Es ist nie entspannt im Bett — er achtet tatsächlich darauf, wie laut ich atme, und wenn ich nicht laut genug atme, beklagt er sich darüber. »Äh... Connie«, stellt er mißbilligend fest, »du bist nicht erregt .« Als ob es meine Schuld wäre! Da sind überall diese unsichtbaren Meßlatten, nach denen er meine Reaktion bewertet.
DH: Haben Sie aufgehört zu reagieren?
CC: Ja, weitgehend. Es ist zu sehr wie ein Leistungstest — ich habe das Gefühl, es soll wie... Filmsex sein, oder es ist nicht »richtig«. Das löst eine Menge Spannungen zwischen uns aus. Inzwischen bin ich so weit — und das finde ich wirklich schrecklich — , daß ich nicht nur nicht so atmen kann, wie er es von mir will, sondern daß ich Mühe habe, überhaupt zu atmen. Ich fühle mich apathisch. Abgestorben. Er erwartet von mir, daß ich jedesmal einen Orgasmus habe, aber irgendwie von selbst. Er tut sehr wenig, um diese Erwartung zu unterstützen. Ich soll es einfach tun, es für mich selbst herbeiführen. Und wenn ich nicht die Reaktionen produziere, die er erwartet, dann habe ich das Gefühl, versagt zu haben. Ich habe versagt, und ich bin schuld, wenn er versagt. Es ist eine Zwickmühle: Einerseits sollte ich eine total reaktionsfähige, orgasmusfähige, leidenschaftliche Frau sein. Und wenn ich andererseits eine total reaktionsfähige, orgasmusfähige, leidenschaftliche Frau bin, dann hat er Angst vor mir.
Früher habe ich vor ihm onaniert, weil ich glaubte, was er eigentlich wollte, sei, es mich allein tun zu sehen — ohne Druck auf ihn. Aber er will die Illusion, daran beteiligt zu sein; er möchte verführt werden. Deshalb verstimmte ihn die Onanieszene irgendwie, er fragte sich, was ich eigentlich für ihn tue. Das meine ich, wenn ich sage, daß da sehr wenig Lustgewinn dabei ist, für ihn ebensowenig wie für mich.
DH: Was passierte, wenn Sie versuchten, ihm zu zeigen, was gut für Sie ist?
CC: Er konnte nicht ertragen, daß ich ihm etwas zeigte, was er hätte wissen sollen. Das funktionierte nicht. Vielleicht war ich zu aggressiv. Ich weiß es nicht.
DH: Sie machen sich Vorwürfe für Ihre Erwartung, daß Sie bekommen würden, was Sie sexuell brauchten. Aber warum ist das Ihre Schuld?
CC: Weil ich mich so... geirrt habe. Ich hatte so falsche Vorstellungen davon, wie es in der Ehe sexuell zugeht, oder jedenfalls in dieser Ehe, und Sex war etwas, wovon ich wirklich etwas zu verstehen glaubte. Ich bin es, die ein so anderes Bild davon hatte, wie die Ehe sein würde. Und das werfe ich mir, glaube ich, vor, wie falsch dieses Bild war. Ich denke, er wollte mich mehr wie eine traditionelle Frau haben, wollte, daß ich durch Sex emotional abhängig werde — ich glaube, er wollte diese Klettenhaftigkeit, sah das als feminin an und haßte es, daß ich sexuell aktiv und dabei unabhängig sein konnte; daß ich meine Sexualität behielt, verstehen Sie, und sie nicht ihm auslieferte.
DH: Es geht also nicht darum, daß Ihr Sexualleben mit der Zeit durch Routine auskühlte.
CC: Nein. Ich denke, Martin hat meine sexuelle Unabhängigkeit als furchtbar bedrohlich empfunden.
DH: Es gibt eine Theorie, wonach manche Männer »situationsgebundenes« Verhalten zeigen, wie Soziologen es nennen — liebevoll und entgegenkommend in der Zeit der Werbung, wenn sie eine Frau erobern wollen, aber geneigt, sich zurückzuziehen, sobald sie sie haben.
CC: Das könnte sein.
DH: Glauben Sie an die alte Theorie mit dem Bekanntheitsfaktor — daß er der Grund sei, warum Ehen auskühlen?
CC: Hm, aber das ist so bald geschehen, bei mir und bei meinen Freundinnen. Ich meine, irgend etwas ist unheimlich schnell geschwunden. Es geschah fast, bevor ich es wußte, ich war im Grunde nicht ich selbst, wie wenn man sich anstrengt, irgendwelchen Erwartungen zu entsprechen, beide Partner, ohne es den anderen merken zu lassen. Ich versuchte, ihn sexuell zu erobern, aber indem ich mich so gab, wie ich eigentlich nie gewesen war: unsexuell. Ich tat so, als sei ich nicht sexy, damit er mich sexy findet. Ich weiß nicht. Es geschieht schon, bevor man heiratet, wenn beide als Vorbereitung auf die Ehe all diese Entscheidungen treffen, die nichts mit ihren wirklichen Wünschen zu tun haben.
DH: Wie einen Mann zu wählen, mit dem es im Bett eigentlich unbefriedigend ist?
CC: Ja. Früher hat man oft von Männern gehört, bei denen es vor der Ehe mit »losen« Mädchen sexuell so toll geklappt hat, die sie sich aber
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