Die heimliche Lust
zu wecken , in einer perversen Weise, oder um ihn zu bestrafen oder mich selbst zu bestrafen. Ich brauche die zwei Welten nicht zu einer zu verschmelzen. Ich weiß bereits, daß ich das nicht kann. Nicht mit Martin. Ich habe also wieder die Wahl: Ich bin glücklicher, wenn ich von Stephen bekomme, was ich brauche, als wenn ich Martin zwinge, mir etwas zu geben, was er nicht geben kann.
DH: Haben Sie Schwierigkeiten, den Teil von Ihnen, den sexuellen Teil, von der Ehe abzuziehen?
CC: Ja. Wegen des Mythos, der mir einredet, daß ich alles von Martin kriegen sollte. Und weil ich Martin wirklich liebe. Deshalb möchte ich ihn beschützen, denn irgendwie ist er zu traditionell männlich, um ihm etwas klarzumachen. Aber sehen Sie, wenn Sie sagen, daß ich mein sexuelles Selbst aus der Ehe abgezogen hätte, so stimmt das nicht: Es wurde weggestoßen. Es war nicht erwünscht. Was erwünscht war, das war eine Art vorgetäuschte Sexualität. Eine Bereitschaft zu geben, mehr nicht. Dennoch verstehe ich ihn. Und ich weiß, daß er mich liebt.
Aber die Wahrheit ist, daß es gar kein Problem gibt. Es ist leicht, mit Stephen zusammenzusein. Es war schwierig, gegenüber Martin... so sexuell unecht zu sein. Das ist mir schwergefallen; es ist leicht, sich daran zu gewöhnen, daß man bekommt, was man braucht!
DH: Sind Sie in Stephen verliebt?
CC: Ich weiß nicht. Ich weiß, daß ich ihn liebe. Und daß mich das glücklich macht, was er mir gibt.
DH: Meinen Sie, daß Ihre Ehe auseinandergehen könnte, jetzt da Ihre sexuellen Bedürfnisse außerhalb befriedigt werden?
CC: Nein, ganz im Gegenteil. Ich fühle mich jetzt besser in meiner Ehe als in den letzten zehn Jahren. Meine Ehe soll dauern , weil ich jetzt Sex erlebe, der mich wirklich befriedigt.
DH: Viele Psychologen würden sagen, daß Sie Ihre Ehe durch Ihr Verhältnis stabilisieren — wie wenn man an ein Fahrrad Seitenräder montiert —, daß Sie ohne die Seitenräder wieder in derselben alten, unbefriedigenden Ehe festgefahren wären und daß diese Stabilisierung nur vorübergehend hilft.
CC: Das stimmt wahrscheinlich. Aber ich bin zu der Erkenntnis gekommen, daß es am wichtigsten ist, nicht bloß zu erreichen, daß die Ehe funktioniert, sondern daß mein Leben — das schließt meine Ehe mit ein — für mich befriedigend ist. Meine Prioritäten haben sich umgekehrt. Meine Ehe kann nicht meine oberste Priorität sein; das muß ich sein. Und das habe ich jetzt erreicht. So ist es für mich richtig.
Verstehen Sie, es hat sich gezeigt, daß ich mit jemand schlafen kann, ohne daß das bedeutet, daß meine Ehe vorüber ist. Es geht. Sie wissen ja, daß Männer, die ein Verhältnis haben, oft sagen: »Das hat nichts mit meiner Frau zu tun .« Nun, nicht daß Sex mit Stephen nichts mit meinem Mann zu tun hätte, aber es hat nicht ausschließlich mit ihm zu tun. Es ist eine separate Geschichte. Ich habe nicht geplant, eine Affäre zu haben, aber jetzt, da es so gekommen ist, platzt deswegen nicht meine Ehe, und ich habe kein Verlangen, mit Stephen durchzubrennen oder dergleichen. Das wäre Seifenoper. Ich halte mich bloß nicht mehr an die hergebrachten Spielregeln, die Spielregeln, die besagen: »Du bist eine Frau, und das ist jetzt dein Leben: Du hast sittsam zu sein und deinem Mann zu geben, was er braucht, und nichts für dich selbst zu verlangen .« Und wissen Sie was? Es scheint mir, daß mir das Ignorieren dieser Regeln heute noch genauso gut bekommt wie früher. Das erinnert mich daran daß ich immer dann in echte Schwierigkeiten komme, wenn ich mich an die Regeln halte!
DH: Aber als Sie heirateten, dachten Sie schon, daß Ihnen die Regeln passen würden?
CC: Ja. Das stimmt. Aber die Regeln wurden nicht für Frauen geschaffen, die eigene Ansprüche haben; die Regeln wurden für Frauen geschaffen, die Anerkennung wollen! Dann müssen sie brav bleiben, um diese Anerkennung zu behalten. Ich bin ein hervorragendes Beispiel: Wann immer ich mir in meinem Leben das geholt habe, was ich wollte, mußte ich gegen die Regeln verstoßen. Die Folge davon war, daß man mich als unanständig bezeichnet hat. Und Achtung hat mir das natürlich auch nicht eingebracht. Wann immer ich aber brav war, haben die Leute gesagt: »Oh, Connie ist in Ordnung. Laden wir sie ein« — und ich bin unglücklich gewesen. »Anständig« bedeutet für eine Frau, die Erwartungen der anderen zu erfüllen, »unanständig« bedeutet dagegen, die eigenen Erwartungen zu erfüllen — besonders die
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