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Die heimliche Lust

Die heimliche Lust

Titel: Die heimliche Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dalma Heyn
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Krankheit oder geistige Behinderung —, sprechen viele Menschen nicht über den Schmerz, den er ihnen bereitet hat. Die Angehörigen der Menschen, die damit zu mir kommen, haben keine Vorstellung davon, was diese durchmachen.
    In einem seiner klinischen Fallbeispiele weist Humphrey auch darauf hin, daß Ehemänner, wenn sie herausfinden, daß ihre Frau eine Affäre hat, mit Wut, gefolgt von Schock reagieren, während die erste Reaktion einer Frau der Schock ist, auf den die Wut folgt. »Männer sind von ihrer Sozialisation her nicht darauf vorbereitet, daß ihre Frauen fremdgehen könnten«, sagt er; »sie sind schwerer geschockt und wütender .« Aus Untersuchungen geht denn auch hervor, daß die Ehen stärker in Mitleidenschaft gezogen werden, in denen die Frau ihrem Mann einen Seitensprung gestand, als die, in denen der Mann seiner Frau ein gleiches Geständnis machte. Annette Lawson stellte anhand einer Stichprobe fest, daß »bis zu 40 Prozent der Frauen, verglichen mit nur etwa 30 Prozent der Männer, überzeugt waren, es habe sich ungünstig auf ihre Ehe ausgewirkt, den Partner über ihre Affäre zu unterrichten«. Ihre Ehe habe sich »verschlechtert oder sei in die Brüche gegangen«. Vielleicht ist diese geschlechtsspezifische Reaktion der Schlüssel dazu, daß die Geständnisse von Frauen eher als die von Männern zur Scheidung führen — ihrer Ansicht nach ein weiterer Hinweis auf die Doppelmoral, welche zwar die Seitensprünge von Männern, nicht aber die von Frauen toleriere. Das erklärt auch, weshalb ein Therapeut einer Ehefrau, die mit dem Gedanken spielt, sich ihrem Mann zu offenbaren, vielleicht einen anderen Rat gibt, als er es in der gleichen Situation gegenüber einem Ehemann für angebracht hielte.

    So dreht sich das Karussell im Kreis: Sag ich’s ihm oder sag ich’s ihm nicht? Es klingt wie die Frage nach dem Baum, der in einem Wald umstürzt: Wenn niemand da ist, der ihn fallen sieht, ist der Baum dann wirklich umgestürzt? Wird der Ehe Schaden zugefügt, wenn der Partner nie davon erfährt — oder tritt der Schaden ein, ob er es erfährt oder nicht? Wie schädlich ist überhaupt ein Seitensprung? In ihren Antworten auf eine Umfrage, die K. Daniel O’Leary durchführte, setzten 116 Therapeutinnen außereheliche Affären hinsichtlich des Schadens, der einer Beziehung dadurch zugefügt werde, an die neunte Stelle. Vorrangig bewerteten sie Probleme wie Machtkämpfe und mangelnde Kommunikation. Die Fachleute sind insgesamt sehr unterschiedlicher Meinung bezüglich der Bedeutung außerehelicher Beziehungen: Die feministische Psychologin Betty Carter versicherte mir, die Affäre selbst sei »unbedeutend..., bloß die Spitze des Eisbergs...«, während Fred Humphrey die Auffassung vertritt, sie sei »eine der tödlichsten Krisen, die einer Ehe zustoßen können«. In einer seiner Untersuchungen, berichtet er, hatte von den 200 Paaren, die zur Ehetherapie kamen, in allen Fällen zumindest ein Partner ein Verhältnis. Und die Hälfte dieser Paare trennten sich, als die Therapie zu Ende ging, bzw. ließen sich scheiden.
    Manche TherpeutInnen lehnen es ab, sich auf die Debatte um den stürzenden Baum einzulassen, und vertreten die Auffassung, eine Frau wisse vermutlich mehr als die Experten über den Wald, in dem sie lebe. Die Psychiaterin Carol Nadelson meint dazu:
    Es hängt wirklich von den Umständen ab, ich habe es schon so oder so erlebt. In manchen Beziehungen ist das Verschweigen schädlicher gewesen, weil es zu weiterem Verschweigen geführt hat, manchmal ist auch das Mitteilen sehr destruktiv gewesen. Ich muß das Urteil einer Frau über das, was ihr sinnvoll erscheint, respektieren. Was ich erreichen möchte ist, daß sie den Gedanken zumindest ins Auge faßt und dann eine Entscheidung trifft. Ich habe Frauen erlebt, die zu dem endgültigen Schluß kamen, daß es mehr schaden als nützen würde, und das hat sich als richtig erwiesen: Sie haben nie gebeichtet. Ihre Ehe ist in Ordnung, und nach einer Weile geht die ganze Sache vorbei und sie denken nicht mehr viel darüber nach.
    Ich meine, man darf nicht kategorisch dafür oder dagegen sein. Man muß sich an das Individuum halten und sich vergewissern, daß die Betroffene klar sieht, was am besten für sie ist. Das Herantasten an diese Entscheidung — das ist es, worauf es ankommt.
    Der rote Faden, der sich durch die Auseinandersetzung zieht, ob man reinen Tisch machen sollte oder nicht, lenkt unsere Aufmerksamkeit wieder auf die Ehe

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