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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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Gebet zusammen und blickte, ohne zu antworten, auf den siebenarmigen Leuchter.
    »Ich verstehe mich selbst nicht mehr«, fuhr ich fort. »Wie konnte in mir ein solch brennender Haß entstehen, den nur Ströme Bluts zu löschen vermochten? Natürlich mußten wir dem raubgierigen und grausamen Treiben der Sarazenen entgegentreten, wollten wir uns nicht aufgeben; natürlich ließen mich der Tod des Martinus und mit ihm das Sterben aller Hoffnung verzweifeln – aber sind nicht Verzweiflung und Rachestürme zwei Seiten unserer Seele, die sich ausschließen wie Wasser und Feuer?«
    Aaron, der in meinem Herzen längst die Stelle eines Vaters übernommen hatte, so wie ich in seinem Herzen eine Tochter vertrat, schwieg noch immer. Je intensiver ich ihn anschaute, desto mehr sah ich tiefe Spuren der Gram in seinem gefurchten Antlitz, und ich fragte mich wie so häufig, was denn mit seiner Familie sei, warum nur ein einziger Enkel unter seinem Dach wohne, wo Jakobs Eltern lebten – wenn sie überhaupt noch lebten. Ich hatte ihn bereits mehrfach darauf angesprochen, jedoch nur eine vage oder überhaupt keine Antwort erhalten. Vielleicht hatten auch sie das Schicksal meiner Eltern erlitten …
    Wir starrten beide im Schatten des Granatapfelbaums auf den siebenarmigen Leuchter, auf dieses Zeichen des Glaubens und der Hoffnung.
    »Für den Papst und die Kirche«, sprach ich ihn nun direkt an, »bist du ein ungläubiger Jude, auf Abruf geduldet; für Yussuf und seine Sarazenen sind Christen und Juden Ungläubige, denen man mit Schwert und Feuer den rechten Glauben bringen muß, und ihr Juden seht in Jahwe euren Gott, den einzigen, der euch auserwählt hat …«
    »Wir nehmen seinen Namen nicht in den Mund«, unterbrach mich Aaron. »Und er treibt uns auch nicht zu Unterdrückung, Raub und Mord.«
    Ich ergriff seine alten, ledrigen Hände und drückte sie an meine Brust. »Wann hört endlich der Kampf zwischen den Religionen auf? Sag es mir, Aaron! Glauben wir nicht alle an denselben Gott, gleichgültig, wie wir ihn nennen? Gehören wir nicht alle als SEINE Kinder einer einzigen Familie an?«
    »Du hast recht, mein Kind«, antwortete er leise. »Gott liebt seine drei Töchter ohne Unterschied: ER schenkt jeder den gleichen Ring, einen Ring mit dem Himmelsstein.« Er lächelte. »Unser Vater stellt keine als Auserwählte über die anderen, sie müssen sich, uns und IHM durch Taten beweisen, welche die Liebenswerteste ist.«
    43
    König Berengar bestand darauf, daß Papst Johannes ihn zum Kaiser kröne. Da der Papst zu seinem Wort stand und Theophylactus sowie Alberich an diese Verpflichtung erinnerte, erklärte sich Theophylactus mißmutig bereit, seine Rolle in der Krönungsfarce zu spielen. Alberich erinnerte an seinen Streit mit Berengar und weigerte sich, an irgendeiner Ehrung teilzunehmen.
    Die Vorbereitung zog sich eine Weile hin, bis schließlich König Berengar, der mit seinem Heer noch immer vor den Toren der Stadt kampierte, das Erheben der Wegezölle behinderte und die ersten ängstlichen Pilger abschreckte, im späten Herbst ein angemessener Empfang auf den Neronischen Feldern bereitet wurde: In langen Reihen und unter bewimpelten Lanzen standen Abgeordnete des Senats und aller wichtigen Familien der Stadt unter einem grauen Novemberhimmel, um Berengar zu begrüßen. Trommelwirbel und Posaunenfanfaren erklangen, Lobgesänge erschollen von einer Abordnung der Klöster, bis Konsul und Senator Theophylactus als erster vortrat, um den König mit ehrenden Worten zu empfangen. Er hatte sich ein stahlglänzendes Plattenhemd besorgt und dazu, in Nachahmung des Königs, einen kunstvoll getriebenen Helm mit einem Federbusch, was ihn noch größer und mächtiger erscheinen ließ.
    Anschließend huldigten Vertreter der Zünfte und der Bruderschaften dem zukünftigen Kaiser und geleiteten ihn bis zur Treppe der Petersbasilika, auf der ihn Papst Johannes unter seiner Tiara erwartete, flankiert von zwei Personen seines Vertrauens und seiner Wahl, die König Berengar entgegenschreiten sollten, um ihn zum Heiligen Vater und anschließend in die Basilika zu geleiten.
    Um diese zwei Personen hatte es einen Tag vor dem Empfang einen heftigen Streit gegeben, weil Papst Johannes zu seiner Linken seinen erst seit kurzem in Rom weilenden Bruder Pietro beordert hatte, zu seiner Rechten aber Marozia, des Konsuls Tochter, eine Frau! Seit dem Skandal um die Päpstin Johannes Anglicus oder, treffender, Johanna Anglica, hatte keine Frau mehr eine

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