Die heimliche Päpstin
traurigen Stille dahinzudämmern schien. Wir setzten uns zu der Venusfigur im Peristyl, die jedoch kein Wasser mehr vergoß, weil offensichtlich der Zufluß versiegt war.
Theodora hatte sich für mein Kommen bedankt, darüber hinaus kaum ein Wort gesprochen. Sie starrte eine Weile auf das verschmutzte Wasser im Becken, in dem einige abgefallene Blätter schwammen, erhob sich dann und zog mich in den Park, der ebenfalls ungepflegt wirkte, aber in dem milchigen Licht der tiefstehenden Sonne einen sanften Sog entwickelte. Der Rosenstock über einer Laube hatte sich noch einmal mit zahlreichen Blüten überzogen und leuchtete in einem tiefen Dunkelrot. Wir ließen uns in ihr nieder, Theodora ergriff meine Hand, legte sie auf ihren Schoß, betrachtete den Saphir, als könnte er ihr Herz öffnen.
»War es nicht ein Rubin, den ich dir einst schenkte?«
Ich antwortete ihr nicht. Ihre Gedanken schienen bereits weitergewandert zu sein.
»Er kommt nur noch selten, und ich finde den Weg nicht mehr in seine Messen«, sagte sie nach einer Weile. »Er spürt den Geruch des Todes in mir und wendet sich meiner Tochter Marozia zu. Sie ist wie eine Spinne, die die Männer in ihr Netz lockt, um sie auszusaugen.«
»Ich bin nicht sicher, ob Papst Johannes überhaupt noch den Verlockungen eines Weibes nachgibt«, antwortete ich, weil ich längst von dem stummen Kampf zwischen Mutter und Tochter um die Gunst des alten pontifex wußte und um Ausgleich bemüht war. Immer wieder forderte mich eine von ihnen auf, mich eindeutig und offen auf ihre Seite zu schlagen – ohne Erfolg.
Obwohl Theodora meinen Alexandros hatte beseitigen lassen wollen, hatte sie auch mein und sein Leben gerettet – dies vergaß ich ihr nicht. Und Marozia? Sie hatte die Milch meiner Brust getrunken, so daß mein Charakter in sie eingeflossen war. Sie ist daher ein Teil von mir, derjenige vielleicht, der sich nie hat entfalten können – sollte ich mich gegen mein Kind, gegen mich selbst verschwören?
»Sie will mich aus meinem Palast vertreiben«, sagte Theodora mit leiser Stimme, »weil ich, wie sie sagt, hier nur wie ein Gespenst hause und Unglück auf uns herabbeschwöre, während sie mit ihrer großen familia und den Kindern viel zu bedrängt am Kapitolhügel wohne und ihre Schwester Theodora sich in der bescheidenen villa des Crescentius unwohl fühle. Sie will endlich das Erbe ihres Vaters antreten, so sagt sie, hier auf dem Aventin, und ich soll zurück in die Via Lata – obwohl sich dort seit langem unsere Leibwachen und Crescentius mit seinen Kanzleischreibern eingerichtet haben.«
Was mich in diesem Augenblick am meisten an Theodora erschreckte, war ihre Schwäche, das fehlende Aufbegehren.
Sie schaute mir hilfesuchend in die Augen, und auch ich betrachtete sie, den Ring der Falten um ihren Mund, der jegliches Lächeln verloren hatte, die eingefallenen Wangen, auf denen rötlicher Puder Leben, Blut und Leidenschaft vortäuschen sollte, die schwarzumrandeten Augen, in deren trübem Schimmer jegliche Sinnenglut erloschen war.
»Ich bat Johannes um Hilfe, aber er speiste mich mit schalen Trostworten ab. Vermutlich hat Marozia ihn bereits in ihr Bett gezogen, verspricht ihm eine neuerwachte Jugend, vielleicht sogar einen Nachkommen – wir wissen doch, daß es die Männer der Kirche quält, ohne den lebendig gewordenen Beweis ihrer Lendenkraft hinüberzuwandeln in den Schoß des ewigen Gottes.«
Theodora kicherte in müdem Spott. Sie studierte den Ring an meiner Hand, die sie noch immer hielt. »Du hast sicher von Pietro gehört, von Johannes' angeblichem Bruder, der sein Sohn oder Liebhaber sein könnte. Er ist ein beeindruckender Mann mit seinen wallenden blonden Haaren und dem geteilten Kinn, soll nicht von Johannes' Seite weichen und vor Ehrgeiz brennen, dies berichteten mir übereinstimmend Alberich und Crescentius und betonten, er könnte unsere Kreise stören.«
Wie in einen Stein, der in die Zukunft schauen läßt, starrte Theodora auf den Saphir und murmelte: »Es war ein Rubin.«
»Ich werde mit Marozia sprechen«, sagte ich. »Du sollst auf jeden Fall hier oben auf dem Aventin wohnen bleiben, es ist genug Platz für alle.«
»Unter einem Dach mit dieser haßerfüllten Hexe? Sie wird mir bei der nächsten Gelegenheit Gift in die Speisen mischen.« Sie verzog ihren Mund zu einem schiefen Grinsen. »Noch habe ich das Gold, nach dem sie giert.«
Das Gold! Das Kreuz des Belisar und der in den Katakomben versteckte Schatz! Ich hatte
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