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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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ihn fast vergessen, weil in meiner Anwesenheit nie mehr davon die Rede war. Ob Theodora ohne meine Begleitung und ohne mein Wissen noch einmal in die Totenlabyrinthe hinabgestiegen war, wußte ich nicht – ich war mir überhaupt nicht mehr sicher, ob ein Schatz über die von uns geholten hundert Münzen hinaus existierte.
    Theodora strich mit ihren Fingern über die Einfassung des Saphirs, und ich begriff, daß ihre Gedanken in die Unterwelt hinabgestiegen waren.
    »Du hast mir nie mitgeteilt«, sagte ich in ihr sich dehnendes Schweigen hinein, »woher du diesen Schatz hast.«
    Sie hob ihren Kopf und schaute mich aus ihren trüben Augen an. »Es ist das Erbe meines Vaters. Ich wußte, wo er ihn vergraben hatte – und obwohl die Sarazenen ihn folterten, verriet er nicht sein Versteck. Er sah, daß sie mich noch nicht entdeckt hatten, und tat es für mich, für meine Zukunft. Verstehst du, reines Gold, uralte Münzen, irgendwo zufällig gefunden oder geraubt oder über Generationen vererbt, ich weiß es nicht … Ich ließ den Schatz in seinem Versteck, auch dann, als die Gauklertruppe mich fand.« In ihren Augen glomm der Schatten eines Triumphs auf. »Ich wußte bereits damals, daß ich verloren gewesen wäre, hätte ich von seiner Existenz erzählt.«
    »Und wann hast du ihn geholt und erneut versteckt?«
    »Theophylactus betrachtete mich als seine Konkubine, ich aber wollte seine Ehefrau werden. Erst das Wissen um den Goldschatz bewog ihn, mich zu heiraten. Gemeinsam gruben wir ihn aus und brachten ihn in unser Haus in der Via Lata. Natürlich wollte Theophylactus ihn sogleich verwenden. Ich gab ihm aber nur so viel, daß er sich das Amt des päpstlichen vestararius kaufen konnte, und verschuf ihm somit den Zugang zur Kurie. Das Amt hätte ihm dienen können, Aufträge zur liturgischen Kleidung zu vergeben – an sich selbst und seine Walkmühlen und Färbereien. Aber er kümmerte sich zu wenig darum, gab die Aufträge weiter an Aaron, der die Gewänder aus Tuszien bezog, aus Venedig und dem byzantinischen Reich und ihm dafür Geld lieh.«
    »Und den Rest hast du in Sicherheit gebracht.«
    »Hätte ich Theophylactus den gesamten Schatz überlassen, hätte sich seine Existenz herumgesprochen und zwielichtiges Gesindel angelockt, falsche Freunde, Neider, Räuber, Huren; Theophylactus hätte Feste veranstaltet und zu Jagden eingeladen, sich teure Seidengewänder gekauft und mit Schmuck behängt – nein, so dumm war ich nicht. Längst hatte ich von dem Eingang in die unterirdischen Gänge erfahren, von dem Weg zu den Katakomben, und versteckte das Gold heimlich während der Nacht.« Sie machte eine kurze Pause und fügte noch düster an: »Es ist mit dem Blut meiner Eltern bezahlt worden und wird mit mir in die Ewigkeit eingehen.«
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    Nach meinem letzten Eintrag sprach ich Marozia auf die kurze Zeit an, in der sie mit ihrer Mutter gemeinsam auf dem Aventin wohnte. Auch ihr schienen diese Monate noch lebhaft vor Augen zu stehen, denn sie ließ sich sofort auf das Thema ein.
    »Einen Fehler beging ich damals, das weiß ich heute«, sagte sie nachdenklich. »Ich hätte meine Mutter nicht drängen sollen, den Goldschatz herauszurücken. Aber ich befürchtete, sie würde sterben und das Geheimnis des Verstecks für immer mit ins Grab nehmen.«
    »Du hast sie aus dem Palast geworfen, als sie sich weigerte, dir das Gold zu holen.«
    »Nein, sie ging freiwillig. Sie beschimpfte mich als gold- und machtgierig. Ich war damals tief gekränkt, weil ich von euch allen geliebt werden wollte und doch plötzlich spürte, daß mich niemand mehr liebte, nicht einmal du.«
    »Das ist nicht wahr!« protestierte ich.
    »Es ist wahr! Papst Johannes hielt mich auf Distanz, obwohl ich ihn verehrte. Er stattete immer nur meiner Mutter einen Besuch ab, obwohl sie längst ein abgetakeltes Wrack war und, so sehr sie sich mit Rosenwasser übergoß, nach Verfall und Krankheit stank. Als ich ihn einmal nach einem seiner Auftritte in meine Gemächer locken konnte – Alberich hielt sich vermutlich bei Wido in Tuszien auf –, zeigte er sich zuerst sehr spröde, obwohl ich all meine Verführungskraft einsetzte. Wir wußten beide, daß seine Hände mich gestreichelt hatten, als ich noch ein Kind war. Ich hatte damals beobachtet, wie er meine Mutter liebte – bis sie mich entdeckte und herbeiholte. Ich dachte, ich sollte bestraft werden, aber das Gegenteil geschah. Sie zogen mich aus, bis ich so nackt wie sie selbst zwischen ihnen lag.

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