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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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eingepfercht.
    Es war das letzte Mal, daß ich meine Mutter erblickte. Der Schmerz, den mir ihr Verschwinden bereitet, läßt nicht zu, daß ich an ihren Tod glaube. Alle Wahrscheinlichkeit sagt mir, daß sie ihr geschundenes Sklavinnendasein nicht lange überleben konnte – und doch gibt es noch heute Augenblicke, in denen ich hoffe, sie lebend in die Arme schließen zu können.
    Während der nächsten Wochen blieb Yussuf, mein Kapitän, im Lager am Garigliano. Es dauerte eine Weile, bis die Waren und Sklaven weitergegeben oder verkauft waren, das Schiff mußte neu ausgerüstet werden, und außerdem zog er mit seinen Männern und einer weiteren Truppe auf Beutezug in Richtung Rom. Ich hatte zwar bereits gehört, daß die Sarazenen nicht nur die Schiffahrt bedrohten, sondern sich sogar südlich von Rom festgesetzt hatten, um die Ländereien im mittleren Italien auszurauben und die ewige Stadt zu umlauern. Wie fern war dies alles in unserer heimatlichen Villa, während ich Lieder der Sappho sang. Mein Vater hatte nie davon gesprochen, daß eines seiner Handelsschiffe bedroht oder gar aufgebracht worden war – vermutlich hatte ihm bis dahin das Glück gelächelt, sonst hätte er uns nicht mit auf die lange Seereise genommen und wäre schon gar nicht ohne den Schutz der Dromone weitergesegelt.
    Während Yussuf Dörfer und Gehöfte ausraubte, blieb ich im Lager am Garigliano, mißtrauisch und zugleich gierig umschlichen von den Männern, die es bewachten. Yussufs Stellung hielt sie davon ab, sich an mir zu vergreifen, aber an Flucht war nicht zu denken.
    Tage später kam der Beutetrupp, reich beladen, ins Lager zurück, und wir schifften uns nach Tunis ein. Jede Nacht bestieg Yussuf mich wie der Hengst seine Stute, und ich befürchtete, schwanger zu werden. Zum Glück blieben meine Befürchtungen unbegründet.
    Ich weiß heute nicht mehr, was ich tagsüber tat. Ich erinnere mich nur noch daran, daß ich die Stellen aus den Gesängen Homers, die ich auswendig wußte, leise vor mich hinsummte, während das Schiff träge durch die stumme Meereswüste glitt, die Männer schliefen oder mit Knöchelchen würfelten. Yussuf hörte mir einmal heimlich zu, als ich, an der Reling stehend und übers Meer schauend, Odysseus' Sirenenabenteuer den Wellen zurief. Plötzlich tauchte ich in Schwärze: Yussuf hielt mir die Augen zu und drückte mich ungewohnt sanft an sich.
    Noch immer konnten wir uns nicht verständigen. Ich weigerte mich, Wörter seiner Sprache zu sprechen, obwohl ich mittlerweile das eine oder andere verstand, und er wurde ärgerlich, wenn ich Griechisch oder Latein sprach. Er flüsterte mir einige Worte ins Ohr und schob gleichzeitig seine Hand unter den Mantel, den ich von ihm erhalten hatte, als wolle er fühlen, ob ich schwanger sei. Ich verstand nur Alf Laila und dann noch Schehrazad . In der folgenden Nacht erkannte er mich nach der Art der Christen und ließ sogar seine Zunge mit meinen Ohrläppchen spielen.
    Obwohl Sarazene und beutegieriger Räuber, der meine Eltern auf dem Gewissen hatte – aber fühlte er überhaupt so etwas wie ein Gewissen? –, war er kein schlechter Mann. Ich ließ ihn gewähren und sah vor mir den Schimmer der Abendröte über dem heimatlichen Feigenbaum, hörte meine Mutter ein Kinderlied aus ihrer fernen Heimat singen und mußte weinen. Als Yussuf meine Tränen schmeckte, stemmte er sich hoch und schaute mich forschend an. Ich sagte nur »umm« und drehte meinen Kopf zur Seite. Das Bild des zerschlagenen Gesichts meiner Mutter verfolgte mich bis in meine Träume.
    In Tunis blieben wir zum Löschen der Ladung und zum Aufnehmen neuer, meist schwarzer Sklaven. Dann ruderten wir wieder nach Norden. Nach Tagen erreichten wir den Hafen von Amalfi. Wie ich später erfuhr, hatte sich die Stadt schon lange mit den Sarazenen arrangiert und trieb lebhaften Handel mit ihnen. Yussuf hatte mich seit meinem Tränenausbruch nicht mehr angerührt und brachte mich nun in das Haus eines offensichtlich reichen Händlers, mit dem er lange verhandelte. Schließlich wurden ihm Goldmünzen in die Hand gedrückt, er warf einen letzten, in meinen Augen bedauernden Blick auf mich, und ich war verkauft.
    8
    Der jüdische Händler, der, wie sich bald herausstellte, Tyros, den Geburtsort meiner Mutter kannte und in mir jüdisches Blut wähnte, erkannte rasch meinen – in seinen Augen unglaublichen – Grad an Bildung und Wissen. Ich hatte damals von den italischen Grafschaften und Herzogtümern nichts

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