Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
gesehen, wußte nicht, daß das Roma aeterna , verglichen mit Konstantinopel, ein Dorf voll gigantischer Ruinen war, die als Steinbrüche genutzt wurden und zwischen denen Wein und Weizen wuchsen, Ziegen und Schafe weideten, Schweine sich herumtrieben und Verbrechergesindel sich häuslich eingerichtet hatte. Das südliche Umland der Stadt war jenseits der Albaner Berge über weite Strecken verwildert, teilweise menschenleer, nur in dem nördlichen und östlichen fanden sich noch die großen Domänen der römischen Adelsfamilien, dazu kleine Weiler und Dörfer, welche die Stadt mehr oder weniger ausreichend ernährten.
    In der südlichen Campania hatten die heidnischen Sarazenen mehrere Stützpunkte errichtet; sie bearbeiteten keinen Boden, stellten keine Schwerter und Pflüge her oder trieben ehrlichen Handel, sondern lebten von Plünderung und Beute. Mein Lehrer Euthymides hatte von ihnen in einer Mischung aus Verachtung und Hochachtung gesprochen: Auf der einen Seite gebe es die Sarazenen, die nichts anderes könnten, als friedliche Bauern, Mönche und Handeltreibende auszurauben, zu ermorden oder zu versklaven, auf der anderen Seite seien Städte voller Luxus und Verfeinerung entstanden, kluge Männer hätten die Schriften der alten Griechen entdeckt und übersetzt, andere hätten eine bewunderungswürdige Heilkunst entwickelt. Allerdings sei er selbst nie in Bagdad oder Alexandria gewesen, nicht einmal an der phönizischen Küste, der Heimat meiner Mutter, deren Wurzeln tief in den arabischen und jüdischen Boden reichten.
    Der Händler, der mich Yussuf abgekauft hatte, stieß nicht nur Laute der Bewunderung aus, als ihm ein Priester aus Amalfi bestätigte, daß mein Latein makellos sei. Meine griechische Muttersprache verstand der Händler besser, und als er von meinem Lehrer, den zahlreichen Sklaven unseres Haushalts und dem geräumigen, säulengesäumten Peristyl unserer Villa hörte, sah er in mir eine Hochgeborene, fast eine kaiserlich Purpurgeborene. Ich mußte über seine Begeisterung lachen, obwohl es in meiner Lage wenig Anlaß zum Lachen gab.
    Er strich mehrfach um mich herum, kratzte sich in seinen schwarzen Haaren und durchkämmte mit den Fingern seinen langen Bart. »Schön wie Rahel, wie Sulamith , wie Bathseba und Susanna zusammen, wie eine Lilie unter Dornen, mit Brüsten weich wie Gazellenzwillinge, mit Taubenaugen und einer Haut wie ein Balsambeet …«
    Mein Lachen erstarb, weil er den Namen meiner Mutter, Sulamith, genannt hatte. Er verstand meinen Stimmungswechsel nicht, führte mich schweigend in sein Haus am steilen Hang der Stadt und ließ mich völlig entkleiden.
    »Hat man dir etwas angetan, mein Kind?« fragte er mit einer Miene aus Unschuld und Schläue. »Man sieht keine Spuren mehr.« Vorsichtig fuhr er mit seiner ringbewehrten Hand über meine Haut, prüfte die Festigkeit meiner Brüste und öffnete meine Lippen, um einen Blick auf meine Zähne zu werfen. »Wie alt bist du, meine Schöne?«
    »Achtzehn Jahre, und ich bin nicht schön.«
    Ich durfte mir wieder mein Gewand überwerfen.
    »Du bist nicht schön? Aber ja! Und kostbar wie ein Juwel aus den Schatztruhen von Byzanz. Eine junge Frau, nicht nur schön, sondern auch klug, voller Geist und Gesang, anmutig im Gang – nur leider keine Jungfrau mehr, leider … Meine Kunden mögen die unberührten Lippen, die sich ihnen freiwillig und honigsüß öffnen.«
    Während der folgenden Tage wurde ich mit Datteln gefüttert, die ich mit fetter Ziegenmilch herunterspülen mußte, bekam Sauerbrot und saftige Hühnerschenkel vorgesetzt. Als ich einer der Hetären von Amalfi zugeführt wurde, dachte ich bereits, ich sollte eine von jenen werden, welche die Händler und Seeräuber, die Adligen und Bischöfe von Salerno und Neapel mit der Kunst der Liebe und der anspruchsvollen Unterhaltung beglücken – wozu ich mich kaum geeignet hätte. Der Anblick des männlichen Lustorgans ließ Ekel in mir hochsteigen, ließ mich zittern und steif werden. Doch die Hetären sollten mich allein in die Kunst des Verschönerns einweihen: Die Wangen wurden sanftrot belegt, die Augenlider schwarz nachgezogen, die Lippen sollten kräftiger leuchten. Lange kämmte man meine dunklen, fast schwarzen Haare aus und besprengte mich mit ambrosischen Düften. Kaum hatten sich meine Hüften und Wangen wieder gerundet, wurde mir eine seidene Tunika geschneidert und eine bestickte Stola umgelegt, ich bestieg mit einer Reihe niederer Sklavinnen aus aller Herren

Weitere Kostenlose Bücher