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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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schaute mich mit einem schwer zu deutenden Blick aus seinen seltsam blaßgrauen, verschatteten Augen an, seufzte erneut und trank einen großen Schluck Wein. Dann zog er mich wie ein Kind auf seinen Schoß, barg seinen Kopf an meiner Brust und liebte mich ausdauernder und intensiver, als ich es gewöhnt war.
    Im Anschluß trank er den Krug Wein leer und ließ sich einen zweiten bringen. Sein Blick wurde starrer, seine Zunge glitt nicht mehr so elegant über die Hürden der Sprache.
    »Formosus heißt das Schwein!« rief er plötzlich und unerwartet aus. »Er macht mir den Papsttitel streitig und spaltet sowohl die Kurie als auch den römischen Adel. Nachdem die Franken hier nicht mehr das Sagen haben, werden wir es wieder sein, aus deren Mitte die Päpste gewählt werden, wir, die ihren Stammbaum bis zu den alten Römern oder den Byzantinern zurückverfolgen. Formosus aber ist nicht nur machtgierig und falsch, sondern stammt aus langobardischem Geschlecht. Am liebsten würde ich ihn umbringen, so verhaßt ist er mir.« Er stierte mich an und lallte: »Weißt du, was Haß ist? Richtiger, weißglühender Haß?«
    Ich glaube sogar, ich lächelte ihn an.
    Er versuchte, sich erneut zwischen meine Beine zu schieben, doch gelang ihm nicht, was er beabsichtigte, und nach zornigem Knurren schlief er ein.
    Bald darauf merkte ich, daß ich schwanger war. Als ich mich der Römerin anvertraute, die in der Küche das Sagen hatte, schaute sie mich mitleidig an und gab mir einen bitteren Kräutersud zu trinken. Er verursachte einen heftigen Aufruhr in meinen Gedärmen, der jedoch nach ein paar Tagen abklang. Als ich ihr davon berichtete, verzog sie ihren Mund und zuckte die Achseln.
    Mit der Zeit begann mein Leib zu wachsen und das werdende Leben sich zu bewegen. Ich streichelte liebevoll über meinen Körper und aß mehr als gewöhnlich, zumal mich wie eine Löwin Hungeranfälle überkamen. Sergius glaubte zuerst, ich würde endlich die fleischigen Formen annehmen, die er an Frauen bevorzugte, doch eines Tages gingen ihm die Augen auf, und ich gestand ihm meinen gesegneten Zustand in der Hoffnung, er würde sich über ein Kind freuen, wenn wir es auch verstecken müßten.
    Sergius kämpfte mit sich, das sah ich. Ich lächelte, nahm seine Bauernhand und ließ sie über meinen Leib gleiten. Immer fester preßte er seine Lippen zusammen, während zugleich seine Augen in noch tiefere Schatten fielen. Dann sagte er nur: »Ihr werdet beide sterben müssen. Die nächste Papstwahl kann nicht mehr lange auf sich warten lassen, und ich darf Formosus und seinen Leuten keine wohlfeilen Argumente liefern.«
    Bis heute habe ich seinen in sich zerrissenen, aber entschlossenen Gesichtsausdruck nicht vergessen. Damals wollte ich nicht glauben, was er mir ankündigte. Ich war zwar seine Sklavin, gleichwohl: Konnte er einfach einen Menschen töten? Dazu sein Kind? Ein Christ, ein Mann Gottes, der sogar Nachfolger der Apostel werden wollte?
    »Du darfst mich nicht töten«, sagte ich. »Herr«, fügte ich noch an. »Es wäre eine Sünde. Außerdem hast du mehrere Goldmünzen für mich bezahlt.« Ich hielt das Vorbringen dieses Arguments für klug, merkte aber, wie meine Stimme zitterte.
    Er lachte kurz auf, wie über eine unangenehme, jedoch unvermeidliche Tat.
    »Dann töte mich, bevor das Kind das Licht der Welt erblickt. Töte mich gleich!«
    Sergius starrte stumm vor sich hin und richtete umständlich die seidene, durch zwei wollene Purpurstreifen geschmückte Dalmatika, die eigentlich für seine liturgischen Aufgaben vorgesehen war, die er aber auch häufig im Haus trug.
    Natürlich meinte ich meine Aufforderung nicht ernst. Das Kind in mir ließ einen Lebenswillen ausbrechen, der nach den Ereignissen auf unserem Schiff nur noch gedämpft vorhanden gewesen war.
    Er schaute auf und ließ lange einen düsteren Blick auf mir ruhen. In ihm kämpfte es unaufhörlich. Sollte ich jetzt bitten und betteln?
    Nein, mir mußte gelingen, unbemerkt zu entkommen. Aber wohin sollte ich fliehen, an wen konnte ich mich wenden? Ich hatte, seit mich Sergius gekauft hatte, nicht mehr das Haus verlassen, war nicht einmal in einer Kirche gewesen, hatte den Ponte Sant' Angelo nicht betreten, nicht einmal gesehen, nicht die Engelsburg und auch nicht die Basilika des Apostelfürsten Petrus. Außerdem war der Hauseingang abgesperrt und bewacht.
    Ich saß in der Falle. Es gab keinen Ausweg, als mich dem Schicksal zu überlassen – oder meinerseits auf Mord zu

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