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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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im Innenhof abgesteckt. Die beiden Bischöfe saßen, umgeben von weiteren kirchlichen Würdenträgern und von Lamberts Beichtvater, auf Scherensesseln am Rande des Platzes, in dem sich das Gottesurteil vollziehen sollte. In ihrer Nähe standen einige Ärzte.
    Beide Kontrahenten schworen auf das Evangelium der Apostel, das Urteil zu respektieren.
    Marozia hatte man einen hölzernen Lehnstuhl gebracht und ihn mit einem Kissen bedeckt. Ich stand hinter ihr. Lieber wäre mir gewesen, wir hätten uns neben dem Bischof von Lucca niedergelassen, aber Marozia bestand darauf, bei den Männern ihres zukünftigen Gemahls zu sitzen.
    Im Hof herrschte ein schattiges Spätnachmittagslicht. Keiner der Gegner brauchte also gegen die Sonne zu kämpfen. Über uns flatterten Tauben und ließen sich auf Fensterbänken und dem Dachgesims nieder. Als plötzlich ein starker Habicht niederstieß und sich eine Taube krallte, hielten dies sicher viele für ein Omen. Während ich über die Deutungsmöglichkeiten nachdachte, schwang sich der Raubvogel mit seiner Beute in die Lüfte, um sie an einer geschützten Stelle zu rupfen. In diesem Augenblick schoß ein Schmutzgeier herbei, um dem Habicht seine Beute abzujagen. Und tatsächlich, um sich gegen den Geier zu wehren, ließ der Habicht die Taube los, die mitten in den abgesteckten Kampfplatz fiel. Eine einzelne Feder segelte langsam auf Marozias Schoß. Die Männer sprachen alle durcheinander, weil der Allmächtige sich unübersehbar geäußert hatte, indem er uns den Friedensvogel tot vor die Füße warf.
    Der Bischof von Lucca sprang auf. »Der Herr ist zornig!« rief er. »ER kündigt den Gottesfrieden auf. Ihr müßt IHN versöhnen, ohne zu kämpfen.«
    König Hugo lachte nur und zischte etwas durch die Zähne.
    Lambert dagegen schaute kurz in den Himmel, hob die Taube auf und legte sie vorsichtig zur Seite. Ernst schaute er den Bischof an und schüttelte den Kopf. Dann bekreuzigte er sich.
    Er war der Jüngere der beiden Kontrahenten, der Schlankere, vermutlich der Schwächere. Doch was mich noch mehr beunruhigte, war die Erschütterung, der lähmende Zweifel, den Hugos Behauptung ihm zugefügt hatte. Der König dagegen wähnte sich siegessicher.
    »Hugo hätte das nicht behaupten dürfen«, flüsterte ich. Ich hatte mit mir selber gesprochen, doch Marozia hatte mich verstanden und drehte sich mir zu, schaute mir in die Augen.
    Noch heute sehe ich diesen Blick. Er bohrte sich in mich hinein wie mit einem vergifteten Pfeil, und ich erschrak über ihn mehr als über die tote Taube.
    »Der Fluch der Lüge wird über euch kommen«, sagte ich leise.
    Ein innerer Zwang ließ mich diese Worte äußern. Marozias so aggressiver, so bösartiger Blick schien in sich zusammenzufallen, als erfasse sie eine jähe Einsicht. Ihr Kopf zuckte zurück, und ihre Hand fuhr nervös über ihr Gesicht.
    »Vielleicht hast du recht«, flüsterte sie ebenso leise wie ich. »Aber jetzt ist es zu spät.«
    Die beiden Männer traten an den Rand des Feldes und zogen ihre Schwerter. Lambert stürzte vor, Hugo parierte, sprang zur Seite und holte zum Gegenschlag aus. Sie kämpften nicht mit Langschwertern oder gar Beidhändern, sondern mit kurzen Klingen, wie sie die römischen Legionäre benutzt hatten. Um so schneller konnten die beiden ausholen, abwehren und zustoßen. Sie tanzten umeinander, die Klingen klirrten und blitzten. Die Männer um uns zuckten am ganzen Leib, weil ihre Glieder und Körper mitzukämpfen schienen. Sie feuerten ihre Herrscher an, riefen ihnen Befehle zu, schoben sich vor, so daß sie bald einen Kreis bildeten, der sich immer enger zusammenzog.
    Die beiden Bischöfe erhoben sich, auch Marozia sprang auf.
    Hugo suchte die Entscheidung durch einen erbarmungslosen Angriff, während Lambert ihm auswich, ihn umrundete, die größere Schnelligkeit auszuspielen versuchte. Er schrie plötzlich schmerzverzerrt auf, als sei er getroffen, ging in die Knie und ließ sich nach hinten fallen. Weil er sich seines Sieges sicher war, schrie Hugo ebenfalls, triumphierend. Der Bischof hob die Hand, um den Kampf zu beenden. Hugo achtete jedoch nicht auf ihn und wollte Lambert mit seinem Schwert in den Boden nageln, begriff zu spät, daß sein Bruder genau dies hatte provozieren wollen. Blitzschnell rollte Lambert zur Seite, und Hugos Klinge steckte im Erdreich. Wie ein gespannter Bogen schnellte Lamberts Körper über den Boden, seine Beine säbelten Hugo regelrecht um, der hilflos im Dreck landete. Lambert sprang

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