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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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»Ich glaube nicht, daß ich meine Nichte heiraten werde, obschon ich nicht daran zweifele, daß sie ein hübsches Mädchen ist.«
    Leise, aber so drohend, daß alle aufhorchten, antwortete der König: »Du beleidigst mich, Bruderherz.«
    »Ich beleidige niemanden«, war die knappe Antwort.
    »Vielleicht ist deine Alda etwas für meinen Alberico«, mischte sich Marozia ein, um die vor sich hingrummelnde Mißstimmung im Keim zu ersticken. »Wäre das nicht wunderschön, Hugo? Die Kinder machen es nach ein paar Jahren wie ihre Eltern.«
    »Die Eltern können es nicht machen«, warf Lambert ein, nicht ohne einen Hauch von Hohn, und weil er offenkundig der Meinung war, er müsse eine witzige Spitze daraufsetzen, fügte er an: »Sie können es höchstens treiben.«
    Zuerst reagierte König Hugo überhaupt nicht. Er starrte vor sich, legte dann sein Messer neben die Wildschweinshaxe und schob seinen Schemel ein Stück zurück.
    »Er hat mich beleidigt«, sagte er, ohne jemanden anzuschauen. Wie auf Befehl, kam von seinen Leuten das Echo: »Er hat ihn beleidigt!« Einmal, zweimal, mehrfach und immer lauter. Sie brüllten es schließlich aus dem Fenster in den Hof, und als hätten sie einen Befehl ausgegeben, hörte man von unten vielstimmiges Brüllen und Waffenlärm.
    Eh wir uns versahen, packten Hugos Männer, die keinen Platz mehr gefunden hatten, Marozia und mich, schoben uns zur Wand, rissen den Bischof und die Priester von der Sitzbank und stießen sie beiseite. Mit gezückten Waffen stürzten sie sich auf Lambert und seine Männer, von denen ebenfalls einige Waffen trugen. Der Tisch stürzte um, das erste Blut spritzte auf uns, ein Mann wand sich bereits am Boden und röchelte, einem anderen hing der Arm ausgerenkt aus dem Gelenk.
    Lambert war unbewaffnet. Oder es war ihm die Waffe aus der Hand geschlagen worden. Ich konnte in dem Kampfgewühle kaum etwas erkennen und mich in dem Geschrei auch nicht mit Marozia verständigen. Draußen im Hof und auf den Gängen schienen Hugos Männer mit Lamberts Leibwachen zu fechten. Obwohl noch ein paar tuszische Soldaten in den großen Saal gestürmt kamen, blieben Hugos Männer nicht nur zahlenmäßig, sondern vor allem kämpferisch überlegen. Der König hatte offensichtlich seine stärksten und erfahrensten Soldaten hinter sich gestellt.
    Mehrere Tuszier wurden niedergestochen, unter ihnen der dicke Truchseß, der neben mir gesessen hatte. Hugo stand an der Wand und schrie: »Packt ihn!« Ich erhielt mehrere Stöße, die mich straucheln ließen. Als ich mich wieder aufraffte, sah ich eine ganze Gruppe von Männern jemanden niederhalten, der niemand anders als Lambert sein konnte. Ich drohte das Bewußtsein zu verlieren, weil ich nicht nur Pietros Tod in der Lateranbasilika vor mir sah, sondern auch die Horde Sarazenen, die meine Mutter niedergedrückt hatten, bevor sie sich an ihr vergingen.
    Ich riß mich in die Gegenwart zurück und erhaschte einen Blick: Mehrere Männer knieten auf Lamberts Beinen, andere auf seinen Armen; ein von Narben Entstellter hatte den Kopf an den Haaren auf den Boden gerissen und versuchte ihn dort zu halten. Ein vierschrötiger Mann mit dem Rücken eines Ochsen hockte rittlings auf Lamberts Bauch, und eine spitze Klinge blitzte auf.
    Vor Entsetzen schloß ich die Augen.
    Ein Schrei, wie ich ihn noch nie in meinem Leben gehört hatte.
    Als Antwort ein verschlingendes Männergebrüll.
    Dann ein zweiter Schrei, erneut aus allen Tiefen der Hölle, und wieder das brüllende Echo, das abbrach, wie verschluckt. Von draußen klang der Kampflärm herein, ich wagte die Augen zu öffnen.
    Lambert lag auf dem Rücken, die Hände auf beide Augen gepreßt. Blut sickerte unter ihnen hervor. Hugos Männer erhoben sich. Als Hugo selbst eher verächtlich als fest nach Lambert trat, schrie dieser erneut so durchdringend, daß Marozia sich übergeben mußte. Sein Körper bäumte sich auf, noch immer preßte er die Hände auf die Augen.
    »Sic transit gloria fratris «, stieß Hugo verächtlich aus. »So wird es jedem gehen, der sich mir in den Weg stellt.«
    64
    Eine zweite schlaflose Nacht scheint mich zu erwarten. Mein Herz schlägt laut und vernehmlich, das Bild des geblendeten Lambert steht mir vor Augen, als wäre es gestern geschehen. Draußen umfängt uns erneut eine linde Nacht voll geheimnisvoller Geräusche. Es ist, als wisperten Dämonen und Engel miteinander.
    Oder kämpfen sie einen leisen, verbissenen Kampf?
    Vom großen Hafen unten am Tiber hört man

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