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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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und um die renovatio der Kirche zu werben: weniger Prunk, mehr Armut und Dienst am Menschen. Die Kirche müsse, so fordert er, zurückkehren zu den Wurzeln der Kirchenväter und Apostel und wieder Glaubensstärke gewinnen.«
    »Papst Johannes äußert sich nicht dazu?« warf Marozia ein.
    »Wie ich bereits erwähnte, seine Krankheit …«
    »Kannst du nicht genauer mitteilen, welche Krankheit den Papst quält?«
    »Nun, die schwarze Galle überschwemmt sein Gemüt … Auf jeden Fall ist unser Princeps begeistert von der renovatio, er nennt Abt Odo sogar einen neuen Paulus und hat ausgerufen: ›Der Geist von Cluny soll Rom durchwehen!‹«
    »Aber der Papst ist doch noch sehr jung«, sagte Marozia ungläubig.
    »Schwarze Galle kümmert sich nicht um Jugend oder Alter.«
    »Und was tut Princeps Alberich für den Schutz der Stadt?« fragte ich.
    »Zum Glück rühren sich die Ungarn zur Zeit nicht, und außerdem muß Byzanz einen Waffenstillstand mit dem Emir von Tunis abgeschlossen haben. Die Sarazenen haben seit ihrer Vernichtung am Garigliano ihre Raubzüge nicht wieder aufgenommen.«
    Marozia wirkte kurze Zeit abwesend, jetzt mischte sie sich erneut ins Gespräch: »Und wenn König Hugo abermals vor den Mauern der Stadt auftaucht?« Es sollte unabsichtlich klingen.
    »Nun, die Stadt hat eine gut funktionierende Miliz, das ist allgemein bekannt – König Hugo …« Anastasius gab seinen Plauderton auf und schien seine Worte zu wägen. »Der Provencale Boso hat in Tuszien alle Hände voll zu tun, Adel, Bischöfe, Händler und Bauern ruhigzustellen, auch nach Spoleto hat König Hugo einen seiner Anhänger geschickt, aber es gibt dort viele Männer, die Alberich treu ergeben sind – für Fremde ein gefährliches Gebiet. Und erst die Wölfe …«
    »Was für Wölfe?« fragte Marozia.
    »Seit geraumer Zeit sucht eine Wolfsplage die Sabiner Berge heim. Kein Schaf ist mehr vor den Tieren sicher, kein Kind, das Ziegen hütet, nachts belagern sie die Dörfer.« Anastasius flüsterte nun, als gehe es um eine Verschwörung. »Die Menschen sind abergläubisch, sie sprechen vom Fluch der bösen Tat. Princeps Alberich war seit langem nicht mehr in Spoleto, obwohl ihm die Herrschaft zusteht, wie ihr wißt …« Er warf einen beziehungsreichen Blick auf Marozia. »›Spoleto bringt mir Unglück‹, hat er kürzlich geäußert.«
    Marozia kommentierte seine Ausführungen nicht, auch ich schwieg.
    Noch immer im Flüsterton der Verschwörung fragte Anastasius: »Ihr plant doch nicht etwa einen Fluchtversuch? Oder ruft König Hugo zu Hilfe? Das dürfte schwerwiegende Folgen haben.« Er machte eine Geste des Erwürgens.
    Marozia zog ein angewidertes Gesicht, ich deutete ein Kopfschütteln an.
    Ich glaube, Anastasius hatte die Frage nach König Hugo und dem Fluchtversuch nicht zufällig gestellt. Er mußte bereits wissen, was sich anbahnte: König Hugo hatte wieder ein Heer gesammelt, mit dem er drohend vor den Mauern der Stadt erschien.
    Der Sommer war früh eingefallen – wir befinden uns, wenn ich richtig rechne, seit drei Jahren in Hausarrest, also müssen wir das Jahr 936 schreiben – und lähmte die Menschen durch große Hitze; dennoch herrschte keine Ruhe in unserem Parkgelände. Unter dem Schatten der großen Pinien lagerten Trupps städtischer Milizen, die die Mauern hinter der Basilika des heiligen Petrus und den vatikanischen Gebäuden sicherten. Manchmal hörte man Schreie und Befehle herüberwehen, und jenseits der leonischen Mauer stieg schwarzer Rauch gen Himmel.
    Anastasius erschien wie gewöhnlich, wirkte jedoch gehetzt und verunsichert. Gleichwohl betonte er, Princeps Alberich zeige keine Furcht. Er habe die Schwachstellen an den Mauern ausbessern lassen, und seine Miliz wehre die Angriffe bisher erfolgreich ab. »Die Stadt wird heldenhaft verteidigt. Selbst unser Princeps steht täglich an den Zinnen und lenkt mit sicherem Arm seine Pfeile gegen den Feind.«
    »Er weiß, warum«, sagte Marozia.
    Anastasius unterbrach sich, schaute Marozia flackernd an und erwiderte: »Ist dir nicht klar, daß unser aller Leben in höchster Gefahr ist?«
    »Meins auch?« fragte sie.
    Er seufzte und schüttelte den Kopf über solch eine Frage.
    Kaum war er verschwunden, stieß sie erregt aus: »Die Stadt wird sich nie halten können. Hugo führt doch kein Heer hierher, wenn er nicht sicher ist, daß sich Kosten und Risiko lohnen. Oder glaubst du, daß er sich erneut vor ganz Italien lächerlich machen will?«
    Ich zuckte die

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