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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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die tragische Prophetie der Worte über den Rücken. Hatte nicht Theophylactus eine Entwicklung eingeleitet, in der Fluch und Segen zu einer Einheit verschmolzen, die wie die unterirdischen Mächte eines Vulkans immer wieder an die Oberfläche drängten, explosiv, verschlingend und vernichtend?
    Ich konnte mich endlich aus der Klammer der beiden halbbetrunkenen Männer befreien und eilte in mein Zimmer, das an die Räume der Kinder grenzte. Atemlos stürzte ich zu ihnen und fand sie glücklich schlafen. Es war mir, als müßte ich sie aus ihren Träumen reißen, um mit ihnen zu fliehen. Selbstredend beherrschte ich mich.
    Kaum saß ich wieder auf meinem Bett und kämmte mir die Haare aus, um den Aufruhr in meinem Innern zu bekämpfen, suchte mich Theodora auf.
    »Theophylactus hat tatsächlich, ohne mich zu fragen, Marozia dem Markgrafen versprochen«, brach es aus ihr heraus.
    An ihrem Ton und daran, daß sie das Wort Markgraf benutzte, erkannte ich, daß dieses Versprechen ihrer eigenen Absicht entsprach, zumindest nicht zuwiderlief.
    Ich blieb sitzen und kämmte weiter meine Haare, ohne die Andeutung einer Demutsgeste zu zeigen. Seit langem hatte ich mich nicht mehr als Sklavin gefühlt; in diesem Augenblick fühlte ich mich als Mutter, über deren Kinder bestimmt wurde. Mit jeder Bewegung des Kammes spürte ich deutlicher, daß ich die Mutter von Marozia und Alexandros war, daß ich als Mutter des Reichtums, der nun in diesem Haus herrschte, längst meinen Dank abgestattet hatte für das Leben, das mir geschenkt worden war. Ich kämmte mich weiter, wagte aber nicht zu sagen, daß man mich hätte fragen müssen.
    »Was sagst du dazu?« fragte sie, während sie sich neben mich setzte und mir bewundernd über die Haare strich.
    Am liebsten hätte ich ›nein, nein und dreimal nein‹ geschrien, ich hob indes nur die Schultern und ließ sie nach einer Weile kraftlos fallen.
    »Es ist zu früh«, sagte ich schließlich.
    »Alberich drängt, und Theophylactus, der Hund von einem Ehemann, erpreßt mich mit meinem adulterium – und das vor Johannes' Ohren. Er führt auch Sergius ins Feld, der diese Verbindung angeblich ebenfalls empfohlen habe.«
    Ich kämmte weiter.
    Theodora war aufgestanden, tigerte eine Weile durch das Zimmer und lehnte sich schließlich an die Wand. »Ich brauche deinen Rat.«
    Ich hob auffordernd meine Augenbrauen.
    »Über mich und Johannes brauche ich dir nichts zu sagen. Du kennst mich: Ich bin eine leidenschaftliche Frau, und meine Liebe zu Johannes ist so stark, daß sie immer wieder Nahrung benötigt. Sonst wird sie verzehrend und tödlich. Johannes lebt zu weit entfernt. Verstehst du?«
    Ich wußte nicht, ob ich sie verstand, nickte jedoch, um sie weiterreden zu lassen.
    »Am liebsten wäre mir gewesen, man hätte ihn zum Papst gewählt und nicht Sergius – aber dies schien unmöglich, und Johannes hat auch abgewinkt, was bis heute zu einer kleinen Mißstimmung zwischen uns geführt hat. Er will Erzbischof von Ravenna werden, obwohl er dadurch keinen Schritt näher an Rom heranrückt. Vielleicht glaubt er, sich in diesem Amt öfter in Rom aufhalten zu können, ich weiß es nicht, er hält sich bedeckt. Auf jeden Fall konnte ich Sergius überzeugen, Johannes ernennen zu wollen. Heute abend zog er mich in eine Nische und erklärte, nicht ohne sein charmantes und zugleich böses Lächeln: ›Ich werde deinen Geliebten Johannes zum Erzbischof von Ravenna ernennen, dir zuliebe. Zugleich erinnere ich dich daran, daß ich für Aglaia noch einen Wunsch frei habe.‹«
    Mir schwante Übles. »Was wünscht er sich?«
    »Er hat sich bisher nicht geäußert.«
    Ich zuckte die Achseln. »Ja und?«
    Theodora schwieg eine Weile. Schließlich sagte sie leise: »Glaubst du, er will mich?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Hast du die Sprache verloren?« fuhr sie mich an.
    Ich beschränkte mich in meiner Antwort auf einen gekränkten Blick, und sie entschuldigte sich.
    »Wie Judith dem Holofernes würde ich ihm im Bett den Kopf abschneiden – und dir wäre es eine Freude, mir zu helfen. Dessen bin ich mir sicher.«
    Ich hatte den Kamm sinken lassen, weil mich eine Vorstellung überfiel, die ich nicht unterdrücken konnte: Ich sah eine scharfe Klinge seinen Hals durchschneiden, das Blut hervorsprudeln. Ich mußte es auffangen und langsam, Schluck für Schluck, trinken.
    Mich überfiel eine derartige Übelkeit, daß ich mich fast übergeben hätte.
    »Du bist ja plötzlich so bleich?« Theodora beugte sich

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