Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
Vom Netzwerk:
zu mir. »Ist dir nicht gut?«
    »Es geht schon wieder«, krächzte ich.
    »Was könnte Sergius denn sonst wollen?«
    »Vielleicht denkt er an eine Truhe voller Goldmünzen.«
    Sie dachte nach. »Weißt du, was er noch gesagt hat? ›Du willst doch sicher, daß euer goldenes Kreuz euch zum Segen gereicht.‹ Eine eindeutige Drohung! Er weiß genau, woher es stammt, auch wenn Theophylactus behauptet, es entstamme dem Familienbesitz. Glaubst du, er will das Kreuz des Belisar?«
    »Zuzutrauen wäre es ihm.«
    Doch je länger ich nachdachte, desto weniger glaubte ich daran, daß er es auf Gold abgesehen hatte … Jäh loderte in mir eine gräßliche Angst auf: Könnte es nicht sein, daß er mich zurückverlangte, und sei es für eine Nacht?
    Mir war nur noch nach Flucht zumute. Nach Flucht mit Martinus und meinen beiden Kindern. Ich mußte uns retten.
    Als Theodora, ratlos wie zuvor und ohne Antwort, gegangen war und der Palast in Stille versank, warf ich einen Blick auf die Kinder, die ungestört schliefen, und schlich zu Martinus, der im Schein eines rußenden Talglichts auf seiner Strohmatratze lag, aber noch nicht die Augen geschlossen hatte. Wortlos legte ich mich zu ihm, schaute ihn an, bettete meine Hand auf seine Brust und flüsterte: »Laß uns fliehen!«
    Statt einer Antwort nahm er meine Hand und führte sie an seine Lippen.
    Draußen, in der sternenflimmernden Nacht, riefen sich die Nachtvögel ihre Botschaften zu, aber der Palast selbst schien in seine eigene Stille hineinzustürzen, bis sich ein hoher Laut aus diesem schwarzen Loch erhob, ein Singen, das sich in ein zweistimmiges Aufstöhnen verwandelte.
    Martinus hatte sich über meine atemlose Brust gebeugt und küßte mich auf die Augen.
    »Laß uns fliehen!« flehte ich ihn an.

Zweiter Teil
    Das goldene Kreuz des Belisar

29
    Marozia hatte nach dem Aufwachen ihre Gebete gemurmelt, als ein gutgelaunter Anastasius und seine Gehilfen uns ein Frühstück brachten, das sogar frisches Obst und Gemüse enthielt, hartes Brot und eine lauwarme, faserige Hafergrütze, die nach nichts schmeckte. Dazu Wein. Die Eimer wurden ausgetauscht, der eine für die Wäsche, der andere für die restlichen Geschäfte, für deren Erwähnung ich kein kostbares Pergament vergeuden will.
    Während ich meinen Anteil an Obst und Gemüse in mich hineinstopfte, um eine anderweitige Verstopfung aufzuheben – nun konnte ich mich doch nicht enthalten, die knüttelharten Eimergeschäfte zu erwähnen, wobei ich sogleich hinzufügen muß, daß nicht immer nur Korinthen mühsam den Weg ins Wasser fanden; es gab Tage, da führte unser Essen zu Bauchrumoren, heftigen Windprotesten und schließlich zu Aufständen, die sich so unaufhaltsam ergossen wie die Massen durch die Via Lata.
    Ich aß also Obst und Gemüse und nur wenige Löffel der Grütze, während Marozia ihr Brot in zahlreiche Krümel brach, von denen sie einige in ihren Mund steckte, die Mehrzahl jedoch an die Rattenkolonie verfütterte, die sich mittlerweile bei uns eingefunden hatte. Nach panem et circenses hatte bereits die unterbeschäftigten Massen des alten Rom geschrien: panem erhielten unsere langschwänzigen Mitbewohner ebenso, doch statt der circenses mit Pferderennen, Gladiatorenkämpfen und Tierhatz gab es Gebete.
    Anastasius war nicht nur gutgelaunt, sondern schien auch geneigt, uns sein morgendliches Schwätzchen aufzudrängen. Kopfschüttelnd hatte er die Rattenfütterung beobachtet, schließlich verkündet, es gebe gute Nachrichten. Ich schaute müde auf, Marozia lachte, als eine Ratte durch einen beherzten Sprung ihrer Schwester einen Brotkrümel in der Luft wegschnappte.
    »Besuch hat sich angekündigt!«
    Diese Mitteilung ließ auch Marozia aufhorchen.
    »Der Heilige Vater persönlich mit seiner Schwester.« Triumph stand ihm ins Gesicht geschrieben, als hätte er diesen Besuch ermöglicht; seine Helfer wies er an, die Zelle gründlich auszukehren, das verrottende, wanzendurchseuchte Stroh der Schlafrollen, auf denen wir lagern mußten, auszutauschen gegen eine ordentliche Matratze, die bereits vor der Tür abgelegt war. Mit seinem Finger fuhr er über die αταραξία -Buchstaben in der Wand und seufzte elegisch, nicht ohne leise, aber bedeutsam »Ach, wer sie erreichte!« auszustoßen, betrachtete anschließend den Rattendreck auf dem Boden und bemerkte: »Der Heilige Vater wird sich vor Ekel schütteln – aber wer weiß, vielleicht hat die Zeit in dieser Gruft bald ein Ende …«
    Er genoß lächelnd

Weitere Kostenlose Bücher