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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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das Schweigen.
    »Es ist allerdings ein Byzantiner in Rom geblieben, der bereits mehrfach bei mir vorgesprochen und nach einer Aglaia gefragt hat, die in der Familie des Theophylactus Amme der Marozia gewesen sei.« Giovanni hatte unvermittelt zu sprechen begonnen, in einem unbeteiligten Tonfall und ohne uns anzuschauen.
    Sollte er sich nie gefragt haben, wer dieser Byzantiner sein könnte? Hatte ich ihm wirklich nie von Alexandros erzählt? Oder wurde hier ein von Alberich inszeniertes Verwirrspiel vorgeführt?
    Ich schaute Marozia an, die noch bleicher als gewöhnlich geworden war. »Es kann nur Alexandros sein«, flüsterte sie mir zu. Ich nickte, und in mir begann eine Entscheidung zu reifen, die ich bisher stets verworfen hatte.
    »Und was hast du geantwortet?« fragte ich so ruhig wie möglich.
    »Alberico hat mir verboten, deinen Aufenthaltsort zu nennen.«
    »Aber du mußt doch etwas geantwortet haben?«
    »Ich glaube, der Byzantiner hat Rom mittlerweile wieder verlassen.«
    In Marozias Augen begann der Haß zu glühen.
    »Wie alt war der Mann?« fragte ich.
    »Vielleicht so alt wie Mama. Aber er sah jünger aus. Schlank, mit dunklen Haaren.«
    »Es könnte sein, daß du mit dem Milchbruder deiner Mutter gesprochen hast, mit meinem Sohn Alexandros.«
    »Kann sein«, sagte Giovanni und schaute auf den Boden; sein Fuß schabte nervös hin und her, während Bertas Blick von einem zum anderen flatterte. Marozia ballte ihre Faust, bis das Weiße auf den Knöcheln hervortrat.
    Ich hätte ebenso schreien mögen, nahm aber alle Kraft zusammen und beherrschte mich. »Bist du sicher, daß er Rom verlassen hat?«
    Giovanni zuckte die Achseln.
    Marozia sprang auf, als wollte sie sich auf ihn stürzen. Giovanni schrie auf und hob schützend die Arme vor den Kopf, obwohl er nie von seiner Mutter geschlagen worden war. Ihr Gesicht war verzerrt vor Wut und hilfloser Liebe. Sie nahm die Arme ihres Sohnes und umschlang schließlich seinen Kopf, drückte ihn an ihre zitternde Brust.
    »Du bist immer mein Liebling gewesen«, flüsterte sie ihm zu. »Du solltest der geistliche Herrscher sein und bist es geworden, Nachfolger der Apostel und Führer der Christenheit, dessen Aufgabe es ist, die mächtigsten Könige zum Kaiser zu krönen und zu salben, und der daher über ihnen steht. Verstehst du: Über dir thront nur der dreieinige Gott! Ich weiß, daß dein Bruder dich bedroht, aber du kannst dich wehren, denn die Kirche steht hinter dir …«
    Ihr Flüstern wurde noch leiser, so daß es Anastasius hinter der Tür sicher nicht mehr verstand. »Du kannst deinen Bruder so lange exkommunizieren, bis er zu Kreuze kriecht. Du bist der Stärkere, vergiß dies nicht. Es zählt nicht das Schwert in einer eisernen Faust, sondern der eiserne Wille. Du mußt deine Mutter rächen: Bestich einen von Albericos Männern, gibt ihm hundert Solidi oder mehr, damit er dem Usurpator die Kehle durchschneidet, oder laß ihn vergiften, gib einer seiner Huren das Geld, so daß sie zerstoßenen Eisenhut in seinen Wein rührt. Verstehst du mich? Er muß sterben, damit wir endlich frei sind, du und ich, damit du keine Angst mehr haben mußt. Wenn du jetzt nichts unternimmst, wird Alberico auch dich einsperren oder ermorden, wenn es ihm paßt. Nimm allen Mut zusammen, mein Liebling, du mußt es deiner Mutter zuliebe tun!« Sie preßte seinen Kopf noch enger an ihre Brust und bedeckte sein Gesicht anschließend mit Küssen, während die Tränen in Rinnsalen über ihre Wangen liefen und Giovanni benetzten.
    Ich war erstarrt von ihrem Ausbruch, so daß ich kaum merkte, wie Berta meine Hand ergriff. Die Kerkerhaft und die sinnlose Fasterei mußten Marozias Verstand so verwirrt haben, daß sie Alberico endlich den Vorwand lieferte, sie aus dem Weg zu räumen, und womöglich nicht nur sie.
    30
    Mein Entschluß ist gefallen – dabei kann ich nicht einmal sagen, was der letzte Anstoß war.
    Ist es Alexandros, den ich unbedingt wiedersehen will?
    Oder überschwemmt mich unerwartet Todesangst?
    Wie konnte Marozia nur ihren Papstsohn bedrängen, seinen Halbbruder zu ermorden! Selbst wenn, was ich als wahrscheinlich empfand, Anastasius hinter der Kerkertür nichts verstanden hatte, so würde Giovanni doch Alberico gegenüber derart verunsichert wirken, daß Alberico ahnen mußte, was geschehen war.
    Unser Todesurteil ist unterzeichnet!
    Während ich schlaflos dem Herumhuschen und Fiepen der Ratten und Marozias rasselnden Atemgeräuschen lausche, muß ich an die Nacht

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