Die heimliche Päpstin
und Beschützerin, du bist für sie verantwortlich, dich liebt sie mehr als mich … Haben nicht die melancholischen Augen eines jungen Mannes ihr den Kopf verdreht?« Sie schaute mich durchdringend an und nahm schließlich meine Hand, preßte sie derartig, daß ich einen deutlichen Schmerz verspürte. Als ich sie zurückziehen wollte, ließ sie Theodora nicht frei.
»Alberich wird Sergius kaum das ins primae noctis zugestehen, und den jungen Hengst einer Sklavin wird er ebensowenig auf seiner Weide dulden.«
Ich wollte Theodora mitsamt ihrem Alberich zum Teufel wünschen, wollte aufspringen und zu den beiden Kindern eilen, doch die Hand umklammerte mich weiterhin mit dem festen Griff einer Akrobatin.
Warum hatte ich nur Martinus ein Versprechen gegeben und es dann umgehend gebrochen! In diesem Augenblick loderte die Flamme des Bedauerns verstärkt auf. Aber mehr als die unumkehrbare Vergangenheit nährte sie nicht. Es galt daher, einen kühlen Kopf zu bewahren in einem Augenblick, der uns alle bedrohte. Nicht nur Theodoras Hand, sondern auch ihre dunklen Augen suchten mich festzunageln.
»Was sollen wir tun?« Ihre Stimme hatte das Zittern der Erregung verloren; sie klang kalt und schneidend wie eine Klinge aus Stahl.
»Hast du mit Marozia gesprochen?« fragte ich, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen.
»Du bist ihre Vertraute, das sagte ich bereits. Natürlich kann ich ihr nicht sagen, daß Sergius sie entjungfern will. Aber sie hat so lange auf Ehebündnis und Brautbett warten müssen, daß ihre Gedanken besetzt sind von den Wonnen des Erkennens, das hat unser letztes Gespräch unmißverständlich gezeigt. Vielleicht wurde sie bereits erkannt. Auch dies sagte ich schon …«
»Ich glaube nicht«, sagte ich kühl.
»Du glaubst nicht?«
»Nein.«
»Du bist für sie verantwortlich.«
»Ich bin ihre Kammerfrau, ihre Lehrerin, vertrete den Procurator des Hauses, verhandle mit den Fernhändlern, kontrolliere die Einnahmen – für was soll eine Sklavin noch verantwortlich sein?« Auch mein Ton war schärfer geworden.
»Verstehe mich nicht falsch …«
»Ich glaubte eine Drohung in deinen Worten vernommen zu haben …«
»Es geht mir um Marozia …«
»Um Marozia?«
»Um unsere Zukunft.«
Endlich konnte ich mich aus ihrem Griff befreien und erhob mich. Auch sie stand auf, so daß wir uns Auge in Auge gegenüberstanden, als müßten wir unsere Kräfte messen.
32
Unversehens umarmte Theodora mich, drückte mich fest an ihre Brust und flüsterte mir ins Ohr: »Wir beide müssen zusammenhalten – wie Schwestern. Jetzt brauche ich deine Hilfe.«
Ich reagierte nicht.
»Mein Plan ist folgender«, sagte sie etwas lauter, doch noch immer mit gedämpfter Stimme, und löste sich von mir. »Sergius soll seinen Willen haben: für eine einzige Nacht. Wenn wir Marozia ein wenig Mohn in den Wein mischen, wird sie die Nacht leicht überstehen. Sergius ist nicht mehr der Jüngste, er wird sie sanft behandeln. Dies muß auf jeden Fall Bedingung sein. Sie wird sich später kaum an seinen Besuch erinnern, es ist gleichgültig, wer ihr die Jungfräulichkeit nimmt: Alberich wird sicher stürmischer vorgehen.«
Theodora schaute mich unverwandt an, so daß ich den Aufstand in meinem Inneren mit aller Mühe unterdrücken mußte. Oder hätte ich ihr sofort ins Gesicht schleudern müssen, was ich von ihrem Plan hielt?
Mit zusammengepreßten Lippen schwieg ich.
»Natürlich wird Alberich eine befleckte Marozia nicht nehmen. Also darf er es nicht merken. Dafür gibt es erprobte Mittel, und Alberich wird in seiner Eitelkeit keinen Verdacht schöpfen, wenn er als echter Stier sein Horn aufrichtet und Blut fließt …«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß Marozia diesen ungeheuerlichen Betrug mitspielt«, sagte ich so sachlich wie möglich.
»Sie muß! Als meine Tochter gibt sie sich keinen Illusionen hin, außerdem habe ich erlebt, als sie vor Jahren zwischen mir und Johannes lag, wie empfänglich sie für Zärtlichkeiten ist – und natürlich mußt du mir helfen, sie zu überreden.«
Ich schwieg.
»Es gibt ein weiteres Problem, bei dem ich deine Hilfe brauche. Dieses Problem heißt Alexandros.«
Unwillkürlich zuckte ich zusammen, beherrschte mich jedoch sofort wieder.
»Wieso? Kannst du dich über meinen Sohn beklagen? Er ist überaus höflich, zurückhaltend, viel zu sehr in sich vergraben …«
»Du weißt genau, worum es geht. Verkaufe mich nicht für dumm!« unterbrach sie mich, erneut in einem
Weitere Kostenlose Bücher