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Die heimliche Päpstin

Die heimliche Päpstin

Titel: Die heimliche Päpstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Berger
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glauben.
    Während dieser Trauerphase war nicht daran zu denken, Sergius seinen widernatürlichen Wunsch zu gewähren. Zum Glück – oder womöglich sogar zu Marozias Unglück – hielt Alberich sich während dieser Zeit in Spoleto auf und ritt anschließend nach Tuszien, so hieß es zumindest, um dort die politische Allianz zu erneuern, für den Fall, daß Berengar nach Rom marschiere, um den Kaisertitel einzufordern. Auch wollte man rechtzeitig Vorsorgemaßnahmen treffen, um einen möglichen Einfall der Ungarn und der Sarazenen abwehren zu können.
    Während eine enttäuschte oder verhinderte Liebe im Alter ihre zerstörende Kraft nicht verliert, wird sie in der Jugend oft durch den Willen zum Leben und zum Glück überwunden. So schien es auch Marozia zu ergehen. Von Tag zu Tag hellte sich ihr Gesicht mehr auf, sie begann wieder zu essen und sogar ihren alten Liebreiz zurückzugewinnen. Allerdings wirkte sie häufig ziellos, an nichts interessiert. Sie schlief halbe Tage oder blieb, sich unruhig hin und her wälzend und stöhnend, in einem Gewühl von Kissen in ihrem Bett liegen. Ging ich zu ihr, schickte sie mich unwirsch aus dem Raum; kam ich später auf ihr Verhalten zu sprechen, wies sie mich barsch ab, entschuldigte sich anschließend wortreich und sprach von Alexandros, den sie nicht vergessen könne.
    Mittlerweile verkehrte sie wieder mit ihrer Mutter, und beide wirkten dabei aufgedreht, auf eine künstliche Weise fröhlich. Theodora behandelte sie nicht mehr wie ein Kind, sondern wie eine Freundin, und es fehlte nicht an Anspielungen auf die Geheimnisse der Wollust, über die Marozia mit mir während dieser Zeit nur selten sprach, vermutlich, weil sie meine abwehrende Haltung spürte. Ich merkte aber durchaus, daß Marozia der Erfüllung des körperlichen Erkennens entgegenfieberte; oder sollte ich sagen, daß sie diese Erfüllung immer quälender vermißte? Alexandros würde nie mehr zurückkehren, im Gegensatz zu Alberich, dem sie versprochen war und den sie nach seinem Erscheinen in Rom heiraten mußte. Daran hatten ihre Eltern – bei allem geheuchelten Mitgefühl für die Trauer ihrer Tochter – keinen Zweifel gelassen. Und ich kann nur wieder betonen, daß in der Jugend der Schmerz schneller nachläßt, die Wunden rascher heilen und die Arznei des Vergessens nachhaltig wirkt.
    Monate nach Alexandros' Verschwinden schien eine neue Normalität unser Leben zu bestimmen. Ich versteckte meine Trauer in den dunklen Kammern meiner Seele, Marozia unterlag zwar heftigen Stimmungsschwankungen, die gelegentlich, wenn ich mit ihr allein war, in Haßausbrüchen gegen ihre Mutter gipfelten. Traf sich die Familie jedoch beim gemeinsamen Mahl, war davon nichts zu spüren. Marozia lernte während dieser Monate zunehmend, ihre negativen Gefühle zu verbergen.
    Überraschend kündigte Theodora uns einen neuerlichen Besuch von Erzbischof Johannes an, als Theophylactus mit einer großen Jagdgesellschaft zu einer Wolfsjagd in die Gegend des Klosters Farfa aufgebrochen war, wo man einige Tage unterkommen und sich verköstigen lassen wollte.
    Theodora hatte sich lange geschminkt, bevor ihr Geliebter, wie meist in weltlicher Kleidung, erschien. Seine Tunika war aus feinster Seide und mit einer Goldborte bestickt, der lässig übergeworfene Umhang von einer Fibel zusammengehalten, die ein auffallend großer Edelstein zierte. Er erschien jedoch nicht allein, sondern in Begleitung von Papst Sergius, dessen Kleidung ebenfalls nicht ahnen ließ, daß er Nachfolger der Apostel und Oberhaupt der Christenheit war. Man speiste und trank nicht wenig Wein. Marozia und ich mußten mittrinken, was mir nicht geheuer war. Gänzlich ungeheuer wurde mir, als mich Theodora am späten Abend in die Via Lata schickte, damit ich von dort zwei in Gold gefaßte Schmucksteine, einen Rubin und einen Zirkon, hole. Da ich wußte, daß Zirkone als Liebesamulette gelten, brach mir der Schweiß aus.
    Ich wies auf die dunklen, unsicheren Straßen hin und auf die Gefahr, daß diese wertvollen Steine geraubt werden könnten. Doch Theodora bestand darauf, daß ich ging. »Nimm so viele Männer mit, wie im Haus sind. Heute nacht will ich die Steine verschenken, die Venus steht im Aszendenten, es ist der richtige Zeitpunkt.«
    Marozia hatte bereits zu viel Wein getrunken; von den beiden Männern abgelenkt, bemerkte sie nicht, daß und zu welchem Zweck ich weggeschickt wurde. Bevor ich sie aufklären konnte, drängte mich Theodora aus dem Raum.
    »Der

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