Die heimliche Päpstin
ganzer Körper in Zuckungen geriet, bis mir der Atem stockte und ich auf und ab zu tanzen schien – bis ich eine Frau wurde, so wie meine Mutter.
Ich glaube, jetzt umarmte auch ich den Mann, auf dem ich saß, drückte seinen Kopf nach hinten, küßte ihn, biß ihn, riß an seiner Tonsur, verschluckte sein Stöhnen und dachte doch immer nur an Alexandros« – Marozias Stimme schien zu ersterben – »an deinen Sohn, dem ich nur noch nachträumen konnte.«
Marozia war verstummt. Die Augen weit geöffnet, schob sie ihr Gewand hoch, so daß sich ihre dürren Beine entblößten. Ihre Hand glitt zu dem dunklen Dreieck, das ihr die höchsten Ekstasen, mir die tiefsten Schmerzen bereitet hatte. Sie zuckte zurück.
»Ich würde sofort sterben wollen, könnte er mich erlösen.«
Ich drückte sie an mich, streifte das Gewand wieder über ihre Beine und nahm ihre Hand.
»Dort unten gibt es keine Erlösung.«
Ihre Beine waren so armselig, so von Krätze überzogen, daß in ihnen ihr ganzes Elend lag.
»Nein, du hast recht. Aber ich habe sie immer dort gesucht.«
Sie ließ sich zurückfallen, legte sich zur Seite und rollte den Körper zusammen.
»Meinst du, es war alles Sünde, jede geschlechtliche Freude, jede Vereinigung, die nicht der Fortpflanzung diente? Ist diese Öffnung zwischen den Schenkeln wirklich nur die von den Kirchenvätern verfluchte Kloake?«
Ich schüttelte den Kopf und strich ihr über die Haare. Ein Büschel blieb zwischen meinen Fingern zurück.
»Warum kann ich jetzt nicht sterben! Mir ist so leicht.«
Einen Augenblick fürchtete ich, sie würde tatsächlich sterben. Ihre Augen waren geschlossen, der Atem war kaum zu spüren; ihr Körper entspannte sich, und ein Lächeln zog über ihr Antlitz. Sie war indes nur eingeschlafen und träumte sich in seine Arme.
Lange betrachtete ich den geschundenen Körper meiner Mariuccia.
Ich erinnere mich daran, daß sie sich nach Sergius' Sieg immer wieder übergeben mußte, daß sie unaufhörlich stammelte: »Ich werde es ihr noch zeigen.«
Kurz darauf kam ihr Vater von seiner Wolfsjagd zurück, und nicht viel später erschien Alberich, siegreich und lachend. Er hatte mit den Tusziern den Pakt gegenseitigen Beistands erneuert. Zufrieden stemmte er Marozia in die Höhe. Sie lächelte gezwungen.
Der Hochzeitstermin wurde anberaumt, und während eines feierlichen Hochamts in der Basilika des heiligen Petrus traute Papst Sergius mit sachlichem Ernst das Paar. Ganz Rom jubelte ihm zu, und Alberichs wie Theophylactus' Männer hatten alle Hände voll zu tun, Münzen unters Volk zu streuen und ein Fest auszurichten, auf dem Ochsen gebraten wurden, Bären tanzten, Spielleute sangen und Akrobaten ihren Menschenturm errichteten. Wein floß in Strömen. Ganz Rom war trunken vor Freude.
In der dritten Nacht nach der Trauung führte Theophylactus seine Tochter zum Haus des Bräutigams, das er am Hang des kapitolinischen Hügels erworben hatte, geleitete sie über die Schwelle und hoch zum Brautgemach. Wieder war Papst Sergius dabei und weihte Haus und Gemach, Brautpaar und Bett.
Wie eine byzantinische Prinzessin hatten wir Marozia geschmückt und ihr rechtzeitig den Teil einer zusammengenähten Schweinsblase eingeführt. Ihre Mutter schärfte ihr ein, sie müsse Alberich Leidenschaft vortäuschen, ihn zugleich eine Weile hinhalten, um auf diese Weise seine taumelnde Gier anzustacheln. Sei er nicht mehr zu bremsen, müsse sie rasch die Blase mit Hilfe eines scharfkantigen Rings aufstechen und unbemerkt verschwinden lassen. Versenke er sein starkes Horn zum ersten Mal in sie, gelte es, einen unterdrückten Schmerzensschrei auszustoßen, ihn dann aber nicht mehr loszulassen. Habe Alberich sein Ziel erreicht, solle er sich am Blutfleck erfreuen und stolz sein auf die stierhafte Kraft, mit der er der jungfräulichen Unschuld ein Ende bereitet habe.
Genauso geschah es. Das Schweineblut floß, das Stöhnen nahm kein Ende, wie wir später erfuhren, und es mußte nicht einmal vorgetäuscht werden.
Ich widmete mich wieder verstärkt meinen Procurator-Aufgaben und ließ während schlafloser Nachtstunden, in denen ich die Stimmen von Alexandros und Martinus hörte, die Tränen fließen.
Marozia tauchte in den nächsten Wochen selten im Haus ihrer Eltern auf, und wenn, dann in einem Zustand fiebriger Erregung.
Es dauerte nicht lange, bis sich die ersten Zeichen der Schwangerschaft zeigten.
Alberich blähte sich vor Stolz.
Neun Monate nach der Nacht, in der Wein und Mohn
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