Die Heiratsschwindlerin
sich Milly. »Keine einzige Menschenseele auf der Welt hat davon gewusst. Niemand hat irgendwelche Fragen gestellt; niemand hat irgendetwas geahnt.« Sie blickte Isobel in die Augen. »Ich meine, du doch auch nicht, oder?«
»Wohl nicht«, meinte Isobel widerstrebend.
»Natürlich nicht. Das hat keiner.« Zittrig zog Milly erneut an ihrer Zigarette. »Und je mehr Zeit verging, umso mehr kam es mir vor, als wäre das Ganze nie passiert. Ein paar Jahre vergingen, und immer wusste noch niemand davon, und allmählich … war es schon gar nicht mehr wahr.«
»Wie meinst du das, es war gar nicht mehr wahr?«, erkundigte sich Isobel ungeduldig. »Milly, du hast diesen Mann geheiratet! Das ist nun mal eine Tatsache!«
»Das waren drei Minuten im Standesamt«, erklärte Milly. »Eine kleine Unterschrift, vor zehn Jahren. Auf irgendeinem Dokument, das niemand je wieder zu sehen kriegt. Das ist doch keine Ehe, Isobel. Das ist ein Staubkörnchen, ein Nichts!«
»Und wie war das, als Simon dich gefragt hat, ob du seine Frau werden willst?«
Betretenes Schweigen.
»Ich habe überlegt, es ihm zu sagen«, sagte Milly schließlich. »Wirklich. Aber letztendlich habe ich einfach nicht eingesehen, warum. Mit uns hatte das nichts zu tun. Es hätte die Dinge einfach nur komplizierter gemacht. Er brauchte es nicht zu wissen.«
»Was hattest du also vor?«, fragte Isobel ungläubig. »Wolltest du Bigamie begehen?«
»Die erste Ehe war gar keine richtige Ehe.« Milly sah fort. »Sie hätte nicht gezählt.«
»Wie meinst du das?«, rief Isobel aus. »Natürlich hätte sie gezählt! Jesses, Milly, wie kann man nur so dumm sein! Manchmal fass ich es einfach nicht!«
»Oh, sei still, Isobel!«, rief Milly zornig.
»Gut. Ich halte den Mund.«
»Gut.«
Eine Weile herrschte Schweigen. Milly rauchte ihre Zigarette zu Ende und drückte sie dann auf dem Fenstersims aus.
»Rauchst du deine denn gar nicht?«, fragte sie.
»Ich glaube, ich will den Rest nicht. Kannst sie haben.«
»Okay.« Milly nahm die halb heruntergebrannte Zigarette und warf dann, für einen Augenblick abgelenkt, der Schwester einen Blick zu. »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte sie. »Mummy hat recht, du siehst schrecklich aus.«
»Mir geht’s gut«, erwiderte Isobel kurz.
»Du bist doch nicht etwa magersüchtig, oder?«
»Nein«, lachte Isobel. »Natürlich nicht.«
»Tja, du hast aber doch abgenommen …«
»Du auch.«
»Ehrlich?« Milly zupfte an ihren Kleidungsstücken. »Das kommt wahrscheinlich von dem ganzen Stress.«
»Na, dann stress nicht herum«, sagte Isobel bestimmt. »Okay? Stress bringt nichts.« Sie zog die Knie hoch und umschlang sie. »Wenn wir doch bloß wüssten, wie weit deine Scheidung schon gediehen ist.«
»Überhaupt nicht«, meinte Milly niedergeschlagen. »Ich hab’s dir doch gesagt, ich war nie vor einem Scheidungsgericht.«
»Na und? Du musst doch nicht vor Gericht gehen, um dich scheiden zu lassen.«
»Doch.«
»Nein.«
» O doch!«, versetzte Milly. »In Kramer gegen Kramer war das auch so.«
»Herrgott noch mal, Milly!«, schrie Isobel. »Weißt du denn auch rein überhaupt nichts? Da ging es ums Sorgerecht!«
Es entstand eine kleine Pause, dann sagte Milly: »Oh.«
»Wenn es sich bloß um eine Scheidung handelt, erledigt das dein Rechtsanwalt für dich.«
»Welcher Rechtsanwalt? Ich hatte keinen Rechtsanwalt.«
Milly nahm einen letzten Zug aus Isobels Zigarette und drückte sie dann aus. Isobel schwieg, die Stirn verblüfft gerunzelt. Dann sah sie unvermittelt auf.
»Na ja, vielleicht hast du keinen gebraucht. Vielleicht hat Allan den ganzen Scheidungskram für dich mit erledigt.«
Milly sah sie mit großen Augen an.
»Meinst du das im Ernst?«
»Weiß nicht. Möglich wär’s.« Milly schluckte.
»Also könnte ich vielleicht doch geschieden sein?«
»Ich wüsste nicht, warum nicht. Zumindest theoretisch.«
»Tja, wie kann ich das herausbekommen?«, fragte Milly aufgeregt. »Warum habe ich davon nichts erfahren? Gibt es irgendwo eine offizielle Scheidungsliste? Mein Gott, wenn sich herausstellen würde, dass ich geschieden bin …«
»So was gibt es bestimmt«, entgegnete Isobel. »Aber es geht auch schneller.«
»Was?«
»Mach, was du schon vor Jahren hättest machen sollen. Ruf deinen Mann an.«
»Das geht nicht«, meinte Milly sofort. »Ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhält.«
»Na, dann find’s heraus!«
»Kann ich nicht.«
»Natürlich kannst du!«
»Ich wüsste nicht mal, wo ich
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