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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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gleich vom Balkon des Rathauses! Vermutlich hast du diesem Diener des Bischofs auch von der Alchimistenküche erzählt!«
    Simon hob beschwichtigend die Hände. »Keine Angst, er weiß von nichts. Davon mal abgesehen, will ich ja auch nicht wissen, was du mit diesem Gockel von Gesandten schon alles getratscht hast. Du vertraust deinem venezianischenZwerg und ich eben meinem dicken Braumeister. Einverstanden?«
    »Lass Silvio aus dem Spiel, ja?«
    » Silvio , aha.« Simon lächelte spöttisch. »Wenigstens die ersten zwei Buchstaben haben wir gemein. Aber lassen wir das …« Er wurde wieder ernst. »Ich glaube, Pater Hubertus hätte nichts dagegen, wenn wir bei ihm logieren. Im Bischofshof vermutet uns so schnell keiner.«
    »Und wie willst du …«
    Magdalena verstummte, als erneut Schritte auf der Treppe zu hören waren. Fackelschein erhellte den Einstieg zur Kammer. Es dauerte einige Zeit, bis sie im Zwielicht dahinter das Gesicht Nathans erkennen konnte. Der Bettlerkönig grinste so breit, dass die goldenen Vorderzähne wie Kronjuwelen schimmerten.
    »Da seid ihr zwei Hübschen also«, lispelte er. Kurz befürchtete Magdalena, dass Nathan ihr Gespräch belauscht hatte und sie nun zum Schweigen bringen wollte. Doch er streckte nur einladend die Hand aus.
    »Ich hab euch überall gesucht«, sagte er ein wenig vorwurfsvoll. »Hab mir schon Sorgen gemacht, als ihr heute früh nicht mehr aus dem Dom gekommen seid.«
    »Irrtum. Wir sind aus dem Dom gekommen«, erwiderte Magdalena schnippisch, um ihre anfängliche Angst zu überspielen. »Wer nicht aufgetaucht ist, warst du !«
    Nathan stellte den Kopf schräg. »Dann muss es wohl der verdammte Morgennebel gewesen sein. Wie auch immer …« Er wandte sich zum Gehen. »Oben ist ein kleiner Bub mit schwerem Fieber und Husten. Ob ihn der Herr Medicus wohl einmal ansehen könnte?«
    Simon nickte schweigend, und gemeinsam stiegen sie die schmale, eingefallene Treppe hinauf in die oberen Kammern. Während des kurzen Weges leuchtete ihnen Nathanmit der Laterne und blieb an jedem niedrigen Durchgang stehen, um Magdalena mit einem angedeuteten Bückling durchzuwinken. Was ihr bis vor kurzem noch witzig und skurril erschienen war, wirkte nun plötzlich unterwürfig und aufgesetzt.
    »Unser Bruder Paulus hat ein einsames Fass Weinbrand auf der Straße gefunden«, erzählte Nathan grinsend, während sie weiter durch die Gänge huschten. »Stand einfach so vor dem Wirtshaus zum Schwarzen Elefanten. In seiner grenzenlosen Barmherzigkeit hat Paulus sich des Fasses angenommen. Wenn ihr euch beeilt, ist für euch auch noch ein Schlückchen übrig.«
    Als der Bettlerkönig kurz hinter einer Ecke verschwunden war, zog Simon Magdalena ganz nah an sich heran.
    »Das ist für uns die Gelegenheit!«, flüsterte er. »Wenn alle besoffen sind, packen wir hier unsere Sachen und verschwinden.«
    Plötzlich tauchte das Gesicht Nathans wieder hinter der Ecke auf. In seinen Augen blitzte so etwas wie eine Ahnung auf.
    »Was gibt’s denn da zu tuscheln?«, knurrte er. »Ihr habt doch keine Geheimnisse, oder?«
    Magdalena setzte ihr süßestes Lächeln auf. »Simon hat mir nur erzählt, dass er heut Nacht gern mit mir allein sein will. Willst du wirklich die Einzelheiten wissen?«
    »Junge Liebende«, murmelte der Bettlerkönig und blickte theatralisch zur Decke. »Denken immer nur an das eine. Aber vorher müsst ihr mir unbedingt noch erzählen, was heut früh im Dom passiert ist.«
    »Später, später«, erwiderte Simon. »Der kleine kranke Junge geht vor.«
    Er drückte Magdalenas Hand, und gemeinsam eilten sie durch die engen, verfallenen Gänge und Torbögen auf dengroßen unterirdischen Versammlungsraum zu. Mit einem Mal kamen ihnen die Katakomben der Bettler gar nicht mehr so heimelig vor.
    Nach unzähligen Stunden in der tiefen Dunkelheit hatte Jakob Kuisl das Gefühl, dass die Decke sich langsam auf ihn herabsenkte. Die Kammer hinter dem Weinfass war zwar ein wenig größer als die Kerkerzelle, trotzdem glaubte er zu spüren, wie sich Eisenklammern um seinen Brustkorb legten und immer mehr zudrückten.
    Kuisl war ein Mann des Lichts und der Wälder. Schon als Kind hatte er es nie lange in engen Räumen ausgehalten. Er brauchte Sonnenlicht und grünes Moos, das Zwitschern der Vögel und das Rauschen der Tannen und Buchen wie die Luft zum Atmen. Hinzu kam, dass in der Dunkelheit die Schatten der Vergangenheit lauerten. Der Große Krieg griff erneut mit langen Armen nach ihm …
    Blut, das

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