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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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noch immer böse war wegen des venezianischen Gesandten? Was hatte sie auch so schnippisch daherreden müssen! Wieder einmal war der Gaul mit ihr durchgegangen, warum konnte sie bloß ihr Temperament nicht zügeln?
    Nach ihrem zweiten Besuch bei Silvio war Magdalena noch einmal klar geworden, dass sie nicht in dessen glitzernde, bunte Welt passte. Zwischen Silvios Leben und dem ihren stand eine unüberwindbar hohe Mauer. Am eigenen Leib hatte sie mehrmals erfahren müssen, wie grausam die Stadt mit denjenigen verfuhr, die nicht zu ihr gehörten. Es gab die Bürger und die Anderen , den Abschaum. Bettler, Huren, Gaukler, Schinder, Henker …
    Sie würde immer zum Abschaum gehören.
    Jemand kam mit schnellen Schritten die verfallene Treppe hinunter. Magdalena zuckte zusammen. Schon wollte sie das Licht löschen, um sich in der Dunkelheit notfalls verstecken zu können, als sie die Gestalt vor sich erkannte. Es war Simon! Sie sprang auf und lief ihm entgegen.
    »Simon! Es tut mir leid, ich hätte nicht …«
    Erst jetzt sah sie den ernsten Ausdruck in seinen Augen. Zögernd blieb sie vor ihm stehen.
    »Was ist passiert?«
    Simon hielt den Finger an den Mund und führte sie in die hinterste Ecke der römischen Kammer.
    »Vergiss, was vorher war«, flüsterte er. »Es gibt jetzt Wichtigeres. Wir müssen von hier verschwinden, am besten noch heute Nacht.«
    »Was sagst du da?« Magdalenas Stimme hallte durch das Gemäuer, so dass Simon zusammenzuckte und ihr mit der Hand den Mund zuhielt.
    »UmGottes willen, sei still!«, zischte er. »Mittlerweile hab ich das Gefühl, dass sich ganz Regensburg gegen uns verschworen hat.«
    Flüsternd erzählte er Magdalena von seinem Treffen mit dem Floßmeister Gessner und dessen Vermutung, dass Nathan mit der Stadt zusammenarbeitete. Auch vom Stein der Weisen berichtete er. Die Henkerstochter hörte ihm derweil stirnrunzelnd zu.
    »Du meinst also, mein Onkel hat wirklich diesen Stein gefunden?«, fragte sie schließlich skeptisch. »Ist das nicht nur ein Hirngespinst, mit dem sich die Alchimisten bei ihren Fürsten und Geldgebern lieb Kind machen wollen?«
    Simon zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Der Stein ist eher ein Symbol, kein wirklicher Gegenstand. Schon Paracelsus hat über ihn geschrieben, und ich selbst habe an der Ingolstädter Universität eine medizinische Vorlesung darüber besucht. Manche glauben, es sei irgendeine Substanz, die unedle Metalle in Gold oder Silber verwandeln kann. Andere sprechen von einem Pulver, das mit Wein vermischt Gesundheit und ewiges Leben verheißt. Aurum potabile , trinkbares Gold, wird dieses Elixier genannt.«
    »Eine Arznei also?« Magdalena nickte nachdenklich. »Damit könnte ein Bader wie Hofmann tatsächlich etwas anfangen.«
    »Kannst du dich an die Berge verbrannten Mehls unten in der Alchimistenkammer erinnern?«, fragte Simon. »Ich glaube mittlerweile, dass das etwas anderes war. Vielleicht ja genau dieses Pulver, das Mämminger sucht. Ich hab eine Probe davon mitgenommen.« Er zog Magdalena ganz nah an sich heran. »Auf alle Fälle müssen wir weg von hier. Nathan hat uns schon viel zu lange ausgehorcht. Erinnerst du dich, wie er uns unbedingt in den Dom begleitenwollte? Danach war er verschwunden, genauso wie Mämminger und der Meuchelmörder. Und unten in den Katakomben hat er uns auch belauscht. Gessner hat recht! Wir können nicht riskieren, dass Nathan uns weiter folgt und schließlich die Büttel ruft, wenn er glaubt, dass wir am Ziel sind.«
    »Und wo willst du hin?«, fragte Magdalena nachdenklich. »Vergiss nicht, wir werden immer noch als Brandstifter gesucht. Dort oben sind wir nirgendwo sicher.«
    Simon grinste. »Ich kenne einen Ort, wo uns die Wachen nichts anhaben können.«
    Die Henkerstochter zog ihre buschigen Augenbrauen hoch. »Und der wäre?«
    »Der Bischofshof«, sagte Simon triumphierend. »Ich hab sogar eine Einladung.«
    Der Medicus kramte das fleckige Schreiben hervor, das ihm Pater Hubertus zugesteckt hatte, und wedelte damit vor Magdalenas Nase. Bevor sie ihm ins Wort fallen konnte, sprach er schnell weiter.
    »Ich habe heute früh den bischöflichen Braumeister kennengelernt. Ein kluger, belesener Mönch. Ich hab ihm dieses Pulver dagelassen, damit er es untersuchen kann.«
    »Bist du noch ganz bei Trost?« Magdalena musste an sich halten, damit ihre Stimme nicht anschwoll. »Du gibst irgendeinem wildfremden Pfaffen das einzige mögliche Beweisstück, das wir haben? Warum verstreust du’s nicht

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