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Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler

Titel: Die Henkerstochter und der K�nig der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Apothekerkammer im ersten Stock.«
    »Ob Mämminger dahintersteckt?«, fragte Magdalena.
    »Auf alle Fälle hat er irgendetwas damit zu tun.«
    Nachdenklich ging der Medicus durch den Raum und nahm immer wieder eine Tonscherbe oder ein Stück geschmolzenes Glas in die Hand. Unter der heruntergefallenen Regalwand stieß er auf ein paar verbrannte Bretter, die mit dünnen Gitterstäben verbunden waren. Als Simon in dem Haufen herumwühlte, hielt er plötzlich ein paar kleine, schwarz verfärbte Knochen in der Hand.
    Es waren Tierknochen.
    »Siehtganz so aus, als hätte dein Oheim hier unten Tiere in Käfigen gehalten«, murmelte Simon. »Keine besonders großen. Das hier könnten Ratten oder Katzen gewesen sein.«
    Angewidert warf er die Knochen weg und trat in die hintere rechte Ecke der Kammer, wo ein kniehoher Aschehaufen vor sich hin rauchte. Vorsichtig griff er in die noch leicht glimmende schwarze Masse.
    Die Asche war noch warm. Langsam ließ Simon sie durch seine Finger zu Boden rieseln. In ihrem Inneren gab es Stellen, die noch nicht ganz verbrannt waren und im Licht der Laterne weiß-bläulich schimmerten. Als der Medicus daran roch, bemerkte er wieder den leicht süßlichen Geruch, der ihm schon aufgefallen war, als er vor ein paar Tagen das schimmlige Mehl im Vorratskeller des Baders untersucht hatte. Konnte der große Aschehaufen einfach verbranntes Mehl sein? Oder waren es die Überreste eines alchimistischen Pulvers, das er nicht kannte?
    Was hat dieser Hofmann verdammt noch mal hier unten bloß hergestellt?
    Plötzlich war ein Krachen zu hören, irgendwo fielen Steine zu Boden. Einen Augenblick später schien die Welt um sie herum zu explodieren.
    »Verdammt, das Haus stürzt ein!«, rief Simon. »Ich hab’s doch geahnt. Raus hier, schnell!«
    Magdalena war bereits in den vorderen Vorratskeller gerannt und kletterte katzengleich die Sprossen empor. Bevor Simon ihr folgte, füllte er noch hektisch seinen leeren Münzbeutel mit der bläulichen Asche. Vielleicht würde er später Gelegenheit haben, das Pulver genauer zu untersuchen. Dann hastete auch er auf den Brunnenschacht zu.
    Es donnerte, als würden irgendwo Balken unter der Last der Trümmer auseinanderbrechen. Oben in der Heizkammerstand Magdalena zwischen den geschmolzenen Kesseln, während Staub und Steine wie Hagelkörner auf sie herabregneten.
    »Der Rückweg ist abgeschnitten!«, schrie sie und deutete auf den engen Tunnel nach draußen, vor dem sich mittlerweile ein ganzer Berg Ziegel stapelte. Über ihnen neigte sich knarzend die Decke, schon in wenigen Augenblicken würde sie sie unter sich begraben haben.
    »Es muss noch einen anderen Ausgang geben!«, brüllte Simon gegen das Krachen und Splittern an.
    Panisch sah er sich um, bis er schließlich auf der linken Seite ein kaum hüftbreites Loch zwischen den Trümmern entdeckte. Er schob Magdalena durch die winzige Öffnung, kroch hinterher und stand plötzlich im ehemaligen Baderaum. Auch hier drohte die Decke nachzugeben; der hintere Teil der Kammer war bereits komplett in sich zusammengefallen. Aber vorne, wo einst die Tür gewesen war, klaffte ein Riss in der Mauer, der vor wenigen Minuten noch nicht da gewesen war.
    Simon gab Magdalena einen Stups, so dass sie durch die Lücke nach draußen taumelte, dann hechtete er hinterher. Nur wenige Sekunden später stürzte hinter ihnen die Ruine unter fürchterlichem Getöse in sich zusammen. Eine Staubwolke stieg zum Himmel empor.
    Hustend und keuchend lagen Simon und Magdalena am Boden, unfähig, auch nur ein Wort zu sagen. Als sich der Staub langsam verzog, wurden dahinter Nathan und die übrigen Bettler sichtbar.
    »Alle Achtung«, sagte der Bettlerkönig und zog seinen Hut. »Die meisten meiner Jungs haben gewettet, dass ihr es nicht mehr rausschafft. Das klang ja, als würde eine ganze Ladung Schwarzpulver …«
    »Halt doch deine saublöde Goschn!«, schimpfte Magdalena,die mittlerweile ihre Stimme wiedergefunden hatte. »Wir verrecken fast, und ihr schließt Wetten darauf ab! Seid ihr noch bei Trost? Von helfen habt ihr wohl noch nichts gehört!«
    »Wie denn?«, erwiderte Nathan kleinlaut. »Ich wollte euch noch warnen, aber da hat’s auch schon gekracht im Gebälk.« Er senkte die Stimme. »Außerdem solltet ihr ein bisschen leiser sein, bevor hier noch die ganze Nachbarschaft anrückt.« Simon drehte sich um und bemerkte, dass einige Fenster der umliegenden Häuser bereits aufgegangen waren. Neugierige Zuschauer beobachteten die

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