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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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und Tuchhändler reihten, waren schmaler und verwinkelter als im unteren Teil von Augsburg. Einer Eingebung folgend, wandte sie sich nach rechts, nur um kurz darauf in einer Sackgasse zu landen. Sie kehrte um, rannte diesmal in die andere Richtung und stand plötzlich vor dem mächtigen Dom, ein Gebäude bestimmt dreimalso hoch wie die Schongauer Kirche. Glockenschläge hallten über den Vorplatz, Pilger und Betende strömten aus dem mächtigen Portal, andere kamen ihnen entgegen. Lumpige Bettler saßen auf den Stufen und hielten jammernd die Hand auf. Es sah aus, als wäre gerade eine Messe zu Ende gegangen. Magdalena hielt den Atem an. Wie viele Menschen mochten nur in dieses gewaltige Gewölbe passen? Sie blickte sich hastig um, sah aber nur ein Wirrwarr unbekannter Gewänder und Gesichter.
    Der Fremde war verschwunden.
    Schon wollte sie aufgeben, als sie zwischen den Kirchgängern und Bettlern auf der breiten Portalstreppe etwas Goldenes blitzen sah. Sie rannte die Stufen empor und konnte gerade noch erkennen, wie der Mann im Inneren des Doms verschwand. Das Kreuz an seiner Kette funkelte noch einmal kurz in der Sonne, dann hatte ihn das mächtige Gebäude verschluckt. Mit flinken Schritten lief Magdalena ihm nach.
    Als die Henkerstochter den Dom betrat, blieb sie unwillkürlich stehen. Es war, als wäre sie in eine andere Welt getaucht, noch nie hatte sie ein so imposantes Bauwerk gesehen. Als sie weiterlief, glitt ihr Blick über turmhohe Säulen, Balustraden und buntfunkelnde Kirchenfenster, durch die die Morgensonne hineinstrahlte. Von überall starrten Engel und Heilige von den üppig bemalten Wänden auf sie herunter.
    Der Mönch durchquerte den Dom und wandte sich schließlich nach links in den hinteren Teil des Seitenschiffs. Hier kniete er vor einem Steinsarg nieder, neigte sein Haupt und betete.
    Magdalena verbarg sich hinter einer Säule und holte zum ersten Mal seit langem wieder Atem.
    Ein Mörder, der betete …
    War er vielleicht gekommen, um seine Sünden zu beichten? Nach kurzem Überlegen verwarf Magdalena diesen Gedanken. Schließlich hatte der Fremde gerade ein neues Gift gekauft. Ein reuiger Sünder sah anders aus.
    Gerne hätte sie einen Blick auf sein Gesicht geworfen, doch der hagere Mönch hatte die Kapuze nicht abgestreift, nur seine spitze Nase ragte darunter hervor. Noch immer baumelte der Beutel mit dem Gift an seinem Handgelenk, das Kreuz hing schwer wie ein Vorhängeschloss um seine breiten Schultern.
    Magdalena konnte nicht erkennen, vor wessen Sarg der Mann kniete. Verborgen hinter der Säule, beobachtete sie ihn ungeduldig. Als sie merkte, dass das Gebet länger dauern würde, blickte sie nach oben, um noch einmal die Ausmaße des Doms zu bewundern. Sie betrachtete die Säulen und Seitenaltäre, die vielen verwinkelten Nischen und Treppen, die nach oben in die Höhe führten, aber auch in die Tiefe. Links schien es über abgetretene, steinerne Stufen in eine Krypta zu gehen, weiter hinten zweigte eine Art Kreuzgang ab. Zu ihrer Rechten, oberhalb des Steinaltars, vor dem der Fremde betete, war eine Reihe von Gemälden angebracht. Darauf waren verschiedene alte Männer mit Mitra und Umhang abgebildet. Jeder von ihnen hatte einen Hirtenstab in der Hand, milde schauten sie auf die Gläubigen herab. Magdalena ließ ihre Augen über die Bilder schweifen. Die Gemälde oben links waren alt und verblichen, die Menschen darauf sahen seltsam grau aus, wie Boten aus einer fernen Zeit. Je weiter sie nach rechts unten kam, desto neuer und farbiger wirkten die Gemälde. Jahreszahlen waren unter jedem einzelnen angebracht. Magdalena erkannte, dass es die Bildnisse sämtlicher Augsburger Bischöfe waren. Auf dem letzten Bild in der untersten Reihe war ein erstaunlich junger Mann zu sehen, mit schwarzem dünnem Haar, einer Hakennase und einem seltsam stechenden Blick. Sie las den Namen darunter.
    Bischof Sigismund Franz. Ernannt 1646.
    Fast kam es ihr vor, als würde der Bischof sie von dort oben prüfend betrachten. Seine Augen hatten etwas Unangenehmes, Bohrendes, sie schienen tief in ihr Inneres zu blicken.
    Plötzlich hielt Magdalena inne.
    Irgendetwas an dem Gemälde irritierte sie. War es das schwarze, fast ärmlich wirkende Gewand? Der stechende Blick? Die ungewöhnliche Jugend im Kreise alter Männer? Als Magdalena es schließlich erkannte, brauchte sie eine Zeit, um zu akzeptieren, was sie dort sah.
    Um den Hals des Bischofs hing eine goldene Kette mit einem Kreuz. Ein Kreuz mit zwei

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