Die Henkerstochter und der schwarze M�nch
Sinn.«
Simon zuckte mit den Schultern. »Vielleicht doch. Stellen wir uns einfach mal vor, Friedrich Wildgraf verkauft für die Templer diese Siedlung, weil sie einfach zu abgelegen ist. Zu weit weg von der Route nach Jerusalem. Zu wenig Erträge, die Niederlassung wirft nicht genug ab. Zwanzig Jahre später werden die Templer in ganz Europa verfolgt. Friedrich Wildgraf erinnert sich an diese kleine, abgelegene Komturei …«
»Und beschließt, sich dort zu verstecken!«, unterbrach ihn Benedikta aufgeregt. »Natürlich! Vermutlich gab es von früher noch Mitstreiter, hörige Dienstboten; Friedrich Wildgraf kannte die Ratsleute im Ort und die einflussreichen Bürger, vermutlich waren sie ihm immer noch wohlgesonnen. Selbst die Templerkirche existierte noch. Ein perfektes Versteck! Für sich selbst und den Schatz!«
Simon nickte. »Wahrscheinlich ist er zu dieser Zeit nicht mehr als Templer aufgetreten. Vielleicht als Händler oder als Pfarrer im Ort, wer weiß? Doch er hat etwas nach Schongau mitgebracht, etwas sehr Wertvolles. Und als er merkt, dass es ans Sterben geht, beschließt er, es so aufzubewahren, dass nur eine Gruppe Auserwählter es finden kann ...«
»Den Schatz der Templer«, murmelte Benedikta. »So könnte es gewesen sein. Vermutlich wussten nur ein paar Eingeweihte, dass er überhaupt existierte! Als ehemaliger deutscher Ordensmeister könnte dieser Wildgraf in Paris davon erfahren haben. Vielleicht hat man ihn ja beauftragt, ein geeignetes Versteck zu finden. Er war bereits untergetaucht, die Häscher hatten seine Spur verloren ...«
Der Medicus lächelte grimmig. »Friedrich Wildgraf hat sich tatsächlich alle Mühe gegeben, seine Spuren zu verwischen. Nur eine kleine Grabplatte an der Altenstadter Kirche kündet von seinem Tod.« Er nippte an dem starken Gewürzwein, der nach Pfeffer, Nelken und Zimt schmeckte,bevor er leise weitersprach. »Doch das eigentliche Grab Wildgrafs befindet sich unter der ehemaligen Templerkirche. Und hier hinterlässt Friedrich Wildgraf ein Rätsel. Er wählt christliche Symbole, um zu vermeiden, dass der Schatz in falsche Hände gerät. Vielleicht gab es einen festen Zeitpunkt, zu dem das Grab geöffnet werden sollte? Vielleicht ist dieser Zeitpunkt in Vergessenheit geraten, aber vielleicht sollten die Rätsel auch erst am Jüngsten Tag gelöst werden. Wir werden es nie erfahren ...«
Benedikta runzelte die Stirn. »Schließlich findet mein Bruder bei Bauarbeiten die verschlossene Krypta, öffnet sie und benachrichtigt mich und den Bischof«, sagte sie gedankenverloren.
Simon stutzte. »Den Bischof?«
»Hatte ich das nicht erwähnt?« Benedikta sah ihn irritiert an. »Mein Bruder hat in seinem Brief an mich geschrieben, dass er auch den Augsburger Bischof benachrichtigen würde. Schließlich war er ja sein Vorgesetzter.«
Der Medicus runzelte die Stirn. »Hat er einen Boten zum Bischof geschickt oder auch einen Brief geschrieben?«
»Ich ... ich weiß es nicht.«
Der Wind rüttelte an den Fenstern des Semer-Wirtshauses, Simon krallte seine Hände um den Weinbecher, um sich zu wärmen.
»Vielleicht ist der Bote ja abgefangen worden und jemand hat auf diese Weise von dem Schatz erfahren«, murmelte er und blickte sich vorsichtig um. »Gut möglich, dass uns auf dem Weg zur Altenstadter Basilika und zur Schlossruine jemand beobachtet hat. « Er beugte sich vor zu Benedikta und sprach im Flüsterton. »Umso wichtiger ist es, dass keiner erfährt, wohin wir als Nächstes aufbrechen. Denn dass das nächste Rätsel in Wessobrunn zu finden ist, ist bislang nur uns bekannt. Wir müssen hier weg, ohne dass es jemand merkt!«
Benedikta lächelte ihn an. »Das lasst nur meine Sorgesein. Geheimnisvolles Verschwinden ist meine Spezialität. Neben dem Prüfen von Bilanzen …«
Simon lachte, und die düsteren Gedanken verschwanden für einen Moment. Dann fiel ihm ein, dass er seit gestern nicht mehr an Magdalena gedacht hatte. Er seufzte still und spülte sein schlechtes Gewissen mit dem mittlerweile lauwarmen Wein hinunter. Nun, wenigstens war sie weit weg von den möglichen Gefahren, die einem hier in Schongau drohten. Er grinste. Davon abgesehen konnte eine Kuisl immer noch hervorragend auf sich selbst aufpassen.
Magdalena rannte auf die Straße und sah, wie der Fremde nach links abbog. Fast spielerisch schwenkte er den Seidenbeutel mit Gift in der Hand und ging mit langen Schritten die große, breite Hauptstraße entlang.
Die Henkerstochter sah ihn nun zum
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