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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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um dieses berühmte Kloster zu sehen. Es wäre eine große Ehre für uns, wenn der Abt …«
    »Abt Bernhard ist jetzt nicht zu sprechen. Begebt Euch in die Taverne neben dem Kloster. Vielleicht ist morgen …«
    Simon schob seinen Fuß in den Türschlitz und drückte die Pforte ein Stück weit auf, der Mönch wich erschrocken zurück.
    »Meine Gefährtin ist den ganzen Weg von Paris hierhergereist, um das berühmte Wessobrunner Gebet in Augenschein zu nehmen«, sagte der Medicus in Befehlston. »Madame Lefèvre ist es nicht gewohnt zu warten. Vor allem dann nicht, wenn sie darüber nachdenkt, dem Kloster eine nicht unerhebliche Summe zu spenden.«
    Benedikta sah ihn einen kurzen Moment verdutzt an, dann ließ sie sich auf das Spiel ein.
    » C’est vrai«, hauchte sie. »Je suis très fatiguée ... «
    Der Mönch sah einen Moment verwirrt aus, schließlich winkte er die beiden in den Vorraum.
    »Wartet einen Augenblick«, sagte er und verschwand durch ein Portal.
    »Eine nicht unerhebliche Summe?«, flüsterte Benedikta. »Was habt Ihr Euch dabei gedacht? Ich verfüge über keine nicht unerhebliche Summe!«
    Simon grinste. »So weit muss es ja gar nicht kommen, Madame Lefèvre . Alles, was wir wollen, ist doch, dieses Gebet zu sehen. Ich glaube, dass wir bereits morgen sehr überstürzt wieder abreisen müssen. Compris? «
    Benediktas Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. »Simon Fronwieser«, flüsterte sie. »Mir scheint, ich habe Euch bislang unterschätzt.«
    Da öffnete sich eine Seitentür, und ein hagerer, großgewachsener Mönch in schwarzem Gewand und mit stechendem Blick stand ihnen gegenüber. Mit dem Ärmel wischte er sich über den Mund, an dem noch Brotkrümel klebten. Offenbar hatten sie Hochwürden beim Abendessen gestört.
    »Ich bin Abt Bernhard Gering«, sagte er und blickte hinunter auf Simon, den er um fast zwei Köpfe überragte. »Was kann ich für Euch tun?«
    Der Abt zog die Augenbrauen hoch, als musterte er eine Schabe in der Klosterküche. Pater Bernhard war offenkundig hungrig und dementsprechend in schlechter Laune. Seine ausdrucksstarke Nase erinnerte Simon ein wenig an die des Henkers.
    »Ah, frère Bernhard«, seufzte Benedikta und reichte ihm die Hand. »Comme c’est agréable de faire la connaissance de l’abbé de Wessobrunn!«
    Pater Bernhard stutzte, dann verzog sich sein Mund zu einem schmalen Lächeln. » Ihr kommt aus Frankreich?«, sagte er mit nun wesentlich weicherer Stimme, während er Benediktas Hand schüttelte.
    Benedikta lächelte zurück. » De Paris, pour être précis. Geschäfte in Augsburg haben mich in Ihre schöne, einsame Gegend verschlagen.« Sie zeigte auf Simon. »Mein charmanter Führer hat sich angeboten, mir den Weg zu Ihrem Kloster zu zeigen. In Paris habe ich von dem berühmten, comment dit on... Wessobrunner Gebet gehört, und nun brenne ich darauf, es zu sehen.«
    Plötzlich war der Abt Feuer und Flamme. »Aus Paris, sagt Ihr? Ich habe einen Teil meiner Jugend an der Sorbonne verbracht! Was für eine wunderbare Stadt! Parlez-moi de Paris! J’ai appris que le Cardinal Richelieu a fait construire une chapelle à la Sorbonne. «
    Simon schloss die Augen und schickte ein kurzes Stoßgebet gen Himmel. Er hörte Benedikta in reinstem Pariser Französisch mit dem Abt parlieren und öffnete die Augen wieder. Pater Bernhard nickte und lächelte, nur gelegentlich stellte er eine interessierte Zwischenfrage. Er wirkte um Jahre verjüngt, als hätte ein Zauber von ihm Besitz ergriffen.
    Schon nach kurzer Zeit führte Bernhard Gering sie in seine Privatgemächer, wo ein ausgezeichneter französischer Rotwein und ein zartes Huhn auf sie wartete. Der Medicus grinste. Erstaunlich, wie einem eine fremde Sprache die Türen öffnen konnte. Dann ließ er sich den Coq au vin schmecken.
     
    Draußen vor den Toren des Klosters drückten sich zwei Mönche in eine Nische, um dem Wind weniger Widerstand zu bieten. Der erneut einsetzende Sturm zerrte an ihren schwarzen Kutten. Auf den Rücken der Pferde, die neben ihnen standen, hatte sich eine dünne Schneeschicht gebildet. Sie waren keine Benediktiner wie die Mönche von Wessobrunn; und wenn sie ehrlich waren, verachteten sie ihre Brüder dort drinnen sogar, auch wenn sie dies niemals offen zugeben würden. Benediktiner beteten, fraßen und soffen. Sie steckten den Zehnten in Stuck und Blattgold und ehrten Gott, indem sie ihn in Prunk badeten. Ihnen fehlte der klare Blick auf das Wesentliche, die harte Hand,

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