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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Küche nach, ob die Köchin ein paar Dörräpfel für dich hat.«
    Schmollend zog Clara von dannen. Auf der breiten Wendeltreppe, die in die oberen Stockwerke führte, waren nun Schritte zu hören. Jakob Schreevogl kam Simon in Hausrock und Pantoffeln entgegen. Um seinen Hals hatte der Ratsherr einen Schal geschlungen. Er war blass und hustete leicht, doch sein Gesicht hellte sich auf, als er Simon erblickte.
    »Simon! Was für eine Freude, Euch zu sehen!«, rief er von der Treppe und breitete die Arme aus. »Bei dieser Saukälte ist man froh um jeden, der einen in den eigenen vier Wänden besucht und die Zeit vertreibt.«
    »Ihr seht eher so aus, als bräuchtet Ihr ein Bett und einen kundigen Arzt«, entgegnete Simon besorgt. »Wie es der Zufall will, ist gerade einer anwesend. Soll ich vielleicht...?« Er griff nach seiner Arzttasche, die er schon seit heute Morgen mit sich herumschleppte. Doch Jakob Schreevogl winkte ab.
    »Ach was, ein simpler Schnupfen. Die halbe Stadt ist kränker als ich. Wir wollen nur hoffen, dass der liebe Gott unsere Kinder verschont.« Er zwinkerte dem Medicus zu. »Ich glaube ohnehin nicht, dass Euch der Sinn nach einem langweiligen Hausbesuch steht. Begleitet mich lieber in die Bibliothek. Dort brennt ein warmer Ofen, und wenn Ihr Glück habt, ist noch ein Rest von diesem schwarzen Teufelszeug da.«
    Simon folgte ihm nach oben, die Aussicht auf eine Tasse heißen Kaffee trieb ihn zur Eile an. Jakob Schreevogl hatte erst durch Simon den Genuss dieses neumodischen Getränks kennengelernt. Der junge Medicus hatte die braunen Bohnen zum ersten Mal vor zwei Jahren von einem sarazenischen Händler erworben. Seither war er der Sucht des Kaffeetrinkens verfallen. Und nun hatte er offenbar auch den Patrizier Schreevogl abhängig gemacht. Gemeinsam hatten sie schon wahre Kaffeeorgien in der Bibliothek gefeiert. Nach der dritten Kanne erschlossen sich ihnen dann auch solangweilige Kirchenlehrer wie Johann Damascenus oder Petrus Lombardus.
    Simon betrat die Bibliothek und sah sich um. In der Ecke der holzvertäfelten Stube glühte ein kleiner gusseiserner Ofen, an den Wänden in glänzenden Kirschholzregalen reihte sich Buch an Buch. Jakob Schreevogl war vermögend, sein Vater hatte eine kleine Hafnerei zum führenden Töpferunternehmen der Region ausgebaut. Einen nicht geringen Teil seines Geldes steckte der junge Schreevogl seit dem Tod des Vaters in seine große Leidenschaft, das Sammeln von Büchern. Eine Leidenschaft, die er mit Simon teilte.
    Der Patrizier wies ihm einen Lehnstuhl zu und goss ihm eine dampfende Tasse Kaffee ein. Jakob Schreevogl war großgewachsen und hatte wie alle Schreevogls eine spitze, leicht gebogene Nase, die ihm nun beinahe in den Kaffee hing. Während der junge Ratsherr das heiße Gebräu schlürfte, erkundigte sich Simon nach der Stadtratssitzung von heute früh. Er wusste, dass wichtige Themen auf der Tagesordnung gestanden hatten.
    »Und? Hat der Stadtrat beschlossen, wie man gegen diese Mordbande vorgehen will?«
    Jakob Schreevogl nickte ernst. »Wir werden wohl eine Patrouille ausschicken, die sich auf die Suche nach den Räubern machen soll.«
    »Aber das habt Ihr doch schon einmal getan!«, warf Simon ein.
    »Ich weiß, ich weiß«, seufzte Schreevogl. »Aber diesmal muss die Sache gut durchdacht sein und braucht einen fähigen Anführer. Wir überlegen noch, wer dafür in Frage kommen könnte.«
    Simon nickte. Die Angelegenheit war allerdings zu ernst für ein paar angetrunkene Dorfbüttel. Seit Wochen schon machte eine Räuberbande die Gegend unsicher. Ein Händler und zwei Großbauern waren bereits überfallen worden; den Händler hatten die Wegelagerer erschlagen, den beidenBauern war gerade noch die Flucht gelungen. Sie berichteten von mindestens einem Dutzend Männern, manche von ihnen hatten Armbrüste, einige sogar Musketen. Eine echte Gefahr also, wenn nicht für die Stadt, so doch für das Umland.
    »Wenn der Stadtrat die Halunken nicht bald zu fassen bekommt, werden wir wohl nach München schicken und Soldaten anfordern müssen!« Jakob Schreevogl fluchte leise und pustete in seine heiße Tasse. »Aber das will der Rat auf alle Fälle vermeiden. Soldaten kosten Geld, wie Ihr wisst.« Er winkte ab. »Aber lassen wir die Politik. Sie langweilt mich. Ihr seid gewiss wegen etwas anderem gekommen.«
    »In der Tat«, sagte Simon. »Ich suche ein Buch, oder vielmehr einen Spruch, den ich, glaube ich, bei Euch gelesen habe.«
    »So, ein Buch.« Jakob

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