Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
Vom Netzwerk:
hat.«
    Baumgartner knetete nachdenklich seine Hand. Er schien tatsächlich geheilt! Trotzdem begann er zu feilschen.
    »Ein Gulden, hä? So viel verdient ja kein Müller an einem Tag. Sagen wir einen halben, und damit ist’s gut.«
    »Sagen wir einen ganzen, und ich kugel dir die zweite Schulter nicht auch noch aus.«
    Seufzend gab Baumgartner auf. Er kramte in seinem Beutel und legte die Münzen fein säuberlich abgezählt auf den Tisch. Der Henker strich die Hälfte ein, die andere Hälfte schob er Baumgartner wieder zu.
    »Ich hab’s mir überlegt«, sagte er. »Einen halben Gulden. Wenn du mir dafür ein bisserl was erzählst.«
    Baumgartner sah ihn erstaunt an, beeilte sich dann aber, seine Münzen wieder in den Beutel zu stecken.
    »Was willst denn wissen?«
    »Du bist doch Maurer oben bei der Lorenzkirche, nicht wahr?«
    »Freilich«, sagte Baumgartner. »Da bin ich ja auch von diesem verdammten Gerüst gefallen.«
    Jakob Kuisl zog seinen Tabaksbeutel heraus und begann umständlich, seine Pfeife zu stopfen.
    »Was wird da oben eigentlich gebaut?«, fragte er.
    »Nun ... gebaut wird eigentlich nichts«, sagte Baumgartner zögernd. Fasziniert sah er dem Henker beim Pfeifenstopfen zu. Das Rauchtrinken war eine vollkommen neue Modeerscheinung. Der Maurer kannte bislang keinen Menschen außer Kuisl, der so etwas tat. Der Schongauer Pfarrer hatte es trotzdem in einer seiner letzten Predigten schon mal vorsorglich zum Laster erklärt.
    »Wir erneuern die Kirche nur«, fuhr Baumgartner schließlich fort. »Außen- und Innenwände. Die gesamte Galerie. Das wär ja beinah alles zusammengestürzt. Die Kirche soll gut und gern fünfhundert Jahre alt sein.«
    »Ist euch beim Erneuern irgendwas aufgefallen?«, wollte Kuisl wissen. »Zeichnungen? Figuren? Alte Malereien?«
    Das Gesicht des Maurers hellte sich auf. »Da war tatsächlich was! Oben in der Galerie, da prangten an der Wand so rote Kreuze. Die ganze linke Wand war voll damit!«
    »Wie sahen die Kreuze denn aus?«
    »Nun, anders als das Kreuz unseres Erlösers. Sie waren eher so ... Darf ich?«
    Baumgartner deutete auf eines der scharfen Messer auf dem Tisch. Als der Henker nickte, ritzte er ein gleichseitiges Kreuz in eine Ecke der Platte. Die Balken des Kreuzes wurden zur Mitte hin immer schmaler. Der Maurer nickte zufrieden.
    »So etwa sahen sie aus.«
    »Und was habt ihr mit den Kreuzen gemacht?«, fragte Kuisl weiter.
    »Das war komisch. Der Pfarrer hat uns befohlen, sie zu übermalen. Das war kurz nachdem er so aufgeregt wegen dem Keller war.«
    »Dem Keller?« Falten zogen sich über die Stirn des Henkers.
    »Nun, beim Verlegen der Fliesen hat der Steiner Johannes an Neujahr gemerkt, dass unter einer Grabplatte ein Hohlraum war. Wir haben dann die Platte zur Seite geschoben, drei Männer waren dafür nötig, ein Mordstrumm. Und da ging’s dann in den Keller.«
    Jakob Kuisl nickte, während er seine nunmehr gestopfte Pfeife mit einem glimmenden Kienspan entzündete. Baumgartner sah ihm mit zunehmender Begeisterung zu.
    »Seid’s ihr mit runter in den Keller?«, wollte Kuisl wissen und paffte an der Pfeife.
    »Nein ... da ist nur der Pfarrer runter. Und schon bald ist er ganz aufgeregt wieder raufgekommen. Und am nächsten Tag, da sollten wir dann die Kreuze übermalen. Das haben wir auch gemacht.«
    Der Henker nickte bedächtig. »Von euch ist sicher keiner da runtergegangen?«, fragte er noch einmal.
    »Bei der Jungfrau Maria, nein!«, rief Baumgartner. »Aber warum ist das so wichtig?«
    Jakob Kuisl stand auf und ging zur Tür. »Vergiss es. Du kannst jetzt gehen.«
    Erleichtert richtete sich Peter Baumgartner auf. Er wusste zwar nicht, was diese Fragerei zu bedeuten hatte, aberimmerhin hatte sie ihm einen halben Gulden gespart. Außerdem war er froh, dass er das Haus des Scharfrichters verlassen konnte. Er sah förmlich das Böse in jeder Ecke der Stube. Trotzdem juckte ihn noch eine letzte Frage.
    »Kuisl?«
    »Was magst wissen?«
    »Dieses Rauchtrinken? Schmeckt das? Es riecht ... nun, gar nicht mal so übel.«
    Jakob Kuisl stieß eine dicke Rauchwolke in die Luft, die seinen Kopf fast vollständig umhüllte.
    »Fang erst gar nicht damit an«, ertönte es hinter der Wolke. »Es ist wie mit dem Saufen. Es macht Spaß, aber man kann nicht mehr damit aufhören.«
     
    Als der Maurer gegangen war, kam Magdalena die schmale Stiege vom oberen Stockwerk hinunter in die Stube. Nach der anstrengenden Nacht, dem Rauswurf bei der Hainmillerin und der Begegnung

Weitere Kostenlose Bücher