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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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mit Benedikta Koppmeyer hatte sie sich ein wenig hingelegt. In wirren Träumen waren ihr Simon und Benedikta gemeinsam auf einem Schlitten begegnet. Lachend waren sie an ihr vorbeigefahren und hatten ihr zugewunken. Simons Gesicht war eine hämische Fratze, die zerfloss und wie geschmolzener Schnee zu Boden tropfte. Durch einen Schrei wachte sie schließlich auf. Es war der Schmerzensschrei des Peter Baumgartner gewesen. Durch den dünnen Boden hindurch hatte sie das anschließende Gespräch der beiden mitangehört.
    »Warum, glaubst du, hat der Pfarrer die Kreuze übermalen lassen?«, fragte sie, während sie die Stufen hinabstieg. »Ob sie irgendetwas mit dieser Krypta zu tun haben? Und überhaupt, was habt ihr dort unten eigentlich gefunden?«
    »Besser, du weißt es gar nicht«, brummte ihr Vater. »Sonst fängst du nur das Rumschnüffeln an. «
    »Aber Vater«, sagte sie mit einem Blick, mit dem sie ihrenVater seit Kindheitstagen becircen konnte. »Wenn du’s mir nicht sagst, sagt’s mir der Simon. Also red schon!« »Pass lieber gut auf deinen Simon auf.«
    »Wie meinst das?«
    »Das weißt du ganz genau. Der macht diesem Frauenzimmer aus der Stadt mehr als schöne Augen.«
    Magdalena fuhr die Röte ins Gesicht.
    »Wie kannst du so was sagen? Du hast sie doch kaum zusammen gesehen!«, rief sie. »Und außerdem ... es ist mir sowieso egal, mit wem der Simon rumpoussiert. «
    »Dann ist’s ja gut.« Er ging zum Ofen und warf ein weiteres Scheit Holz hinein. Funken stoben auf. »Viel wichtiger ist, dass wir herausfinden, welche von den Handwerkern in der Kirche gewesen sind.«
    Magdalena hatte Mühe, ihre Gedanken auf etwas anderes als Simon zu lenken. Seit über einem Jahr waren sie nun ein Paar, auch wenn sie das in der Öffentlichkeit nicht zeigen durften. Die Vorstellung, dass er mit einer anderen … Sie verfluchte ihren Vater dafür, dass er ihr diesen Floh ins Ohr gesetzt hatte.
    »Wieso Handwerker?«, sagte sie schließlich, bemüht, den Faden wieder aufzunehmen. »Du glaubst doch nicht, dass…«
    »Du hast’s doch gehört«, unterbrach sie ihr Vater. »Die Handwerker haben die Krypta geöffnet. Auch wenn der Baumgartner dreimal schwört, dass keiner von ihnen dort unten war, ich glaub das nicht. Irgendeiner hat rumgeschnüffelt.«
    »Und hat den Pfarrer dann umgebracht?«, hauchte Magdalena.
    »Schmarren!« Kuisl spuckte auf den Boden. Etwas, das er nur wagte, wenn seine Frau Anna Maria nicht im Haus war. Zurzeit war sie mit den Zwillingen oben in der Stadt auf dem Markt.
    »Natürlich hat keiner von denen den fetten Pfaffen auf dem Gewissen«, fuhr er fort. »Aber ihr Maul werden sieauch nicht gehalten haben. Wir müssen also den finden, dem sie’s erzählt haben. Ich bin sicher, dann haben wir den Mörder.«
    Magdalena nickte.
    »Der Mörder hat von der Krypta erfahren und bekam es mit der Angst zu tun, dass Koppmeyer zu viel herausfindet. Deshalb hat er ihn getötet. So könnt’s gewesen sein«, sagte sie nachdenklich.
    Der Henker öffnete die Tür, so dass Schwaden von Tabak- und Ofenqualm nach draußen zogen und eine eiskalte Brise durch die Stube wehte.
    »Also, was ist? Worauf wartest du noch?«, sagte er. »Was meinst du?«, fragte Magdalena irritiert.
    »Du wolltest mir doch beim Rumschnüffeln helfen. Also, such die Handwerker von der Lorenzkirche und unterhalt dich mit ihnen. Mit Männern reden und ihnen schöne Augen machen, das ist doch etwas, das du kannst, oder?«
    Magdalena zeigte ihm eine böse Grimasse. Dann zog sie ihren Umhang über und ging hinaus in die Kälte.
     
    Als Simon die Haustür öffnete, merkte er, dass es wohl noch eine Weile dauern würde, bis er in dem kleinen Templerbüchlein weiterlesen konnte. Auf der Bank am Ofen saßen drei Schongauer, die alle so aussahen, als bräuchten sie mehr als nur ein paar tröstende Worte und einen Quarkwickel. Simon kannte sie alle. Zwei von ihnen waren Bauern aus dem Umland, die er schon des Öfteren auf dem Markt gesehen hatte; der dritte war der Geselle vom Schongauer Schmied. Er hustete rötlich-gelben Schleim, den er dankenswerterweise in braune Lappen spuckte. Trotzdem landete immer wieder etwas auf den Holzdielen, die mit schmutzigen Binsen nur notdürftig bestreut waren. Die Gesichter der Kranken waren eingefallen, Schweißperlen standen ihnen auf der Stirn; alle hatten tiefe Augenringe in ihren wachsfarbenen Gesichtern.
    Um die giftigen Miasmen zu vertreiben, hatte der alte Fronwieser Lavendel und Melisse verbrannt, so

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