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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Samtkappe und einen einfachen, ebenso dunklen Rock. Als Lechner nach einer Weile aufsah, leuchteten Kuisl zwei schwarze Augen entgegen, die ständig in Bewegung schienen. Durch den Kneifer wirkten sie merkwürdig groß in dem sonst schmalen Gesicht.
    »Setz dich schon«, wiederholte der Gerichtsschreiber und wies auf einen Schemel vor dem fleckigen Eichentisch, der fast die gesamte Breite des Raumes einnahm. »Ich habe eine Aufgabe für dich.«
    »Habt’s einen von den Straßenräubern endlich gefangen?«, brummte Jakob Kuisl und ließ sich auf den Schemel fallen. Unter seinem gewaltigen Körper ächzte der hölzerne Hocker, aber er hielt stand.
    »Nun, noch nicht ganz«, antwortete der Schreiber und spielte mit dem Gänsekiel in seiner Hand. »Deshalb habe ich dich rufen lassen.« Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Wie du vielleicht weißt, soll ein Trupp von Bürgern die Mörderbande jagen und fangen. Ich möchte, dass du diesen Trupp anführst.«
    »Ich?« Jakob Kuisl verschluckte sich fast. »Aber …«
    »Ich weiß, du bist als Henker eigentlich ehrlos und darfst Bürgern keine Befehle geben«, unterbrach ihn der Schreiber. »Auf der anderen Seite, sie fürchten dich, sie haben Respekt vor dir. Keine schlechte Voraussetzung für einen Anführer. Außerdem bist du der Einzige, dem ich so etwas zutraue. Hast du nicht erst letztes Jahr diesen riesigen Wolf erlegt? Und dann die Sache mit den Söldnern im Frühjahr... Du biststark, du bist schlau, du kannst kämpfen und du kennst dieses Gesindel besser als unsereins.«
    »Warum nehmt’s nicht einen der Ratsherren als Anführer? «, fragte der Henker spöttisch. »Die verstehen sich doch aufs Rumkommandieren.«
    Johann Lechner lachte. »Den Semer? Oder den alten Hardenberg? Da kann ich gleich meine Mutter schicken. Fette, verweichlichte Pfeffersäcke! Die hätten die Schweden nicht mal als Geisel genommen. Nein, Kuisl, du wirst das machen. Du hast oft genug bewiesen, dass du zu mehr in der Lage bist, als Leute aufzuknüpfen. Und wegen des Kommandierens ... « Er grinste den Henker an. »Keine Angst, das werde ich den hohen Herren schon beibringen, dass ihnen der Scharfrichter einmal den Marsch bläst. Tut ihnen ganz gut. Hast du noch deine Waffen vom Krieg? Du warst doch im Krieg, oder?«
    Jakob Kuisl nickte. Bilder zogen wie giftige Schwaden durch seinen Kopf. Mehr, als du dir vorstellen kannst, dachte er.
    »Gut«, sagte der Schreiber. »Die Jagd soll übermorgen um acht in der Früh beginnen. Ich muss die Leut vorher noch in Kenntnis setzen. Finde dich bitte zur vereinbarten Zeit auf dem Marktplatz ein. Du erhältst pro Tag einen halben Gulden, für jeden gefangenen Räuber noch einmal einen.« Lechner beugte sich wieder über seine Akten. »Du kannst jetzt gehen.«
    Jakob Kuisl setzte noch einmal an, doch als er den konzentrierten Ausdruck im Gesicht des Schreibers sah, wusste er, dass Widerworte keinen Sinn hatten. Er wandte sich zum Gehen. Plötzlich ertönte hinter ihm noch einmal die Stimme Lechners.
    »Ach, Henker! Einen Moment!« Jakob Kuisl drehte sich noch einmal um. Der Gerichtsschreiber sah ihn hinter seinem Kneifer prüfend an. »Ich habe gehört, der Altenstadter Pfarrer hat das Zeitliche gesegnet. Du selbst sollst kurz nachseinem Ableben zugegen gewesen sein. Gab es irgendwelche... merkwürdigen Vorkommnisse?«
    Der Henker fluchte innerlich. Wie hatte der Schreiber nur so schnell von den Ereignissen in der Lorenzkirche erfahren? Es gab offensichtlich nichts, was dem Lechner verborgen blieb. Jakob Kuisl überlegte kurz. Dann entschloss er sich, die Wahrheit zu sagen.
    »Schaut aus, als ob den Pfaffen wer vergiftet hätt.«
    »Vergiftet?« Der Schreiber runzelte die Stirn. »Mmh, das ist unerfreulich. Aber wie ich dich kenne, hast du schon eine Ahnung, wer’s gewesen sein könnte.«
    Jakob Kuisl schüttelte den Kopf. »Nein, Herr. Keine.«
    »Das ist auch gut so. Den Tod ihres Pfarrers sollen die Altenstadter selbst regeln.« Der Schreiber runzelte die Stirn. »Vielleicht hat sich der fette Pfaffe einfach nur überfressen?«
    »Nein, Herr. Ich glaub …«
    »Glauben sollst du in der Kirche«, unterbrach ihn Lechner. »Ich möchte, dass du dich ausschließlich um diese Mörderbande dort draußen kümmerst. Ausschließlich, verstehst du? Das ist ein Befehl. Die Stadt braucht deinen Spürsinn und deine Stärke, aber nicht in Altenstadt, sondern hier in Schongau. Alles andere hat Zeit. Ist das klar?«
    Jakob Kuisl schwieg.
    »Ob das klar ist,

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