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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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will ich wissen.«
    Der Henker nickte und verschwand ohne ein weiteres Wort im dunklen Gang. Hinter sich konnte er wieder das Kratzen der Feder hören.
     
    Dezent zog der Schreiber ein Dokument unter den Papieren hervor, das er kurz vor dem Eintreten des Henkers dort verborgen hatte. Noch einmal warf er einen kurzen Blick darauf. Das Siegel schien echt zu sein, und auch der Mann, der den Brief überbracht hatte, hatte einen glaubwürdigen Eindruck gemacht.
    Lechner kratzte sich mit der Gänsefeder an der Nase. Eswäre unklug, sich der Bitte eines so mächtigen Mannes zu verweigern, auch wenn sich ihm der Hintergrund des amtlichen Schreibens nicht erschloss. Eigentlich hatte Lechner den Henker nur nach dem Mord an dem Pfaffen Koppmeyer befragen wollen. Doch der Fremde von vorhin hatte ihm unmißverständlich klargemacht, dass weitere Nachforschungen im Fall Koppmeyer nicht erwünscht waren. Zur Untermauerung seiner Aufforderung hatte er einen hübschen Batzen Geld dagelassen. Lechner spielte mit den Münzen in der Schublade seines Schreibtisches. Sie fühlten sich kühl und fest an. Die Stadt konnte sie gut für nötige Reparaturarbeiten brauchen, vor allem das herzogliche Schloss befand sich in einem erbärmlichen Zustand. Und der Fremde hatte noch mehr Geld in Aussicht gestellt, wenn der Henker sein Maul hielt …
    Trotzdem nagte es an Lechner. Was für ein Interesse konnte ein so mächtiger Mann daran haben, dass der Schongauer Henker nicht weiter in Altenstadt herumschnüffelte? Nun, er würde eigene Nachforschungen anstellen, und bis dahin musste er den Scharfrichter eben anderweitig beschäftigen. Lechnerschmunzelte. Die Vorstellung, dass Jakob Kuisl demnächst Schongaus verfettete Ratsherren auf Trab halten würde, war einfach zu köstlich. Schon allein das war die kleine Lüge wert.
     
    Benedikta wartete ungeduldig im Schneetreiben vor dem Gasthof »Zum Goldenen Stern«, gleich neben dem Ballenhaus. Ihr Pferd, ein rotbraun glänzender Fuchs, tänzelte nervös hin und her. Als die Händlerin Simon erblickte, tauchte ein schmales Lächeln auf ihrem Gesicht auf.
    »Ihr seid wohl sonst eher zu Fuß als zu Pferde unterwegs, Medicus? «, fragte sie.
    Tatsächlich machte Simon auf seinem Gaul nicht den besten Eindruck. Das Mistvieh hatte ihn auf dem kurzen Weg vom Lech hierher zweimal fast abgeworfen. Das Aufzäumenwar ein Kampf gewesen, bei dem ihm Walli mehrmals in die Hand gebissen hatte. Der Schweiß stand Simon im Gesicht, sein Hut mit der sonst so koketten Straußenfeder thronte schief auf seinem Kopf. Einmal war er sogar im Stall ausgeglitten, so dass nun ein gelbbrauner Fleck seinen Rock zierte. Trotzdem versuchte Simon zu lächeln.
    »Walli ist ein Pferd mit eigenem Willen«, sagte er, während der Gaul versuchte, sich erneut aufzubäumen, und an den Zügeln zerrte. »Und ich mag nun mal eigensinnige Frauenzimmer.«
    Die Händlerin lächelte. »Lobenswert. Aber vielleicht braucht das Pferd ein Gespräch von Frau zu Frau.«
    Benedikta stieg ab und näherte sich mit langsamen Schritten dem schnaubenden Pferd. Als sie bei ihm angelangt war, zog sie dessen Kopf an der Mähne zu sich hinunter und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Sofort beruhigte sich der Gaul. Das Schnauben hörte auf, er stand still da.
    »Wie ... wie habt Ihr das gemacht?«, fragte Simon ungläubig.
    » Un secret de femmes . Ein Frauengeheimnis.«
    Benedikta lächelte und schwang sich wieder auf ihr Pferd. »Wir sollten aufbrechen«, sagte sie. »Sonst schaffen wir es nicht mehr bis zur Abenddämmerung nach Steingaden. Es ist bereits nach Mittag.«
    Sie ritten durch das Lechtor Richtung Peiting. Das Schneetreiben hatte zugenommen. Nur blinzelnd erkannte Simon den Weg vor ihnen. Dabei orientierte er sich an den fast zugeschneiten Wagenspuren, die die Fuhrwerke vor ihnen im Schnee hinterlassen hatten. Auf der sanft ansteigenden Straße begegneten sie noch gelegentlich einem einzelnen Wanderer oder einem Ochsengespann. Doch als sie die Häuser Peitings hinter sich gelassen hatten, waren sie schließlich allein. Stille breitete sich aus, der Schnee dämpfte alle Geräusche.
    Die wenigen Weiler, an denen sie vorbeikamen, wirkten ungastlich. Fenster und Türen waren verschlossen, nur gelegentlichdrang ein Lichtschein aus einer Fensterritze oder ein schüchternes Kind lugte um eine Häuserecke. In regelmäßigen Abständen passierten die Reiter kleine, vereiste Weiher, aus deren Schilf aufgeschreckte Enten in den Winterhimmel flatterten. Bei jedem

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