Die Henkerstochter und der schwarze M�nch
Kragen.
»Magdalena, was ist nur los mit dir?«
»Was mit mir los ist?« Sie schaute ihn trotzig an. »Frag lieber, was mit dir los ist. Machst dieser Benedikta schöne Augen, und ich bin grad gut genug zum Kochen und Putzen. Aber diese Benedikta ist ja auch eine feine Dame!«
Simon rollte mit den Augen.
»Magdalena, darüber haben wir doch schon geredet. Zwischen Benedikta Koppmeyer und mir ist nichts«, redete er behutsam auf sie ein. »Sie hat mir das Leben gerettet, sie ist eine erstaunliche Frau, aber ...«
»Eine erstaunliche Frau! Pah!« Magdalena blieb stehen und sah ihn mit funkelnden Augen an. »Fein daherreden, das kann sie, die erstaunliche Frau. Schöne, teure Kleider hat sie, aber darunter ist sie doch nicht anders als eine aufgetakelte Stadtschlampe!«
»Magdalena, ich verbiete dir …«
»Du verbietest mir gar nichts, du Hallodri!« Magdalena hatte sich jetzt in Rage geredet. »Meinst, ich seh nicht, wie du hinter meinem Rücken mit den anderen Mädchen rumpoussierst? Aber ich bin ja bloß das Henkersmädchen, um das ist’s eh nicht schad! Da zerreißen sich die Leut ohnehin das Maul. Ein Drecksluder ist sie, diese Benedikta, das sag ich dir!«
»So, ein Drecksluder? « Simon war nun mit seiner Geduld am Ende. Seine Stimme bekam einen eisigen Unterton.»Dieses ... Drecksluder hat mehr Anstand und Bildung, als du in drei Leben jemals haben wirst. Sie weiß sich zu benehmen, sie stammelt nicht, sondern spricht ein anständiges Deutsch. Sogar Französisch kann sie parlieren! Sie ist eine feine Dame und eben kein fluchendes Henkersweib!«
Der Eisbrocken traf ihn mitten auf die Nase, so dass ihm für einen kurzen Moment schwarz vor Augen wurde. Als er wieder bei Sinnen war, spürte er, wie ihm das Blut warm übers Gesicht lief. Er hielt sich die Nase, trotzdem fielen immer wieder rote Tropfen in den Schnee und bildeten dort ein unregelmäßiges Muster.
»Magdalena! «, rief er mit verschnupfter Stimme, die rechte Hand noch immer an der Nase. »Bleib hier, ich hab das doch nicht so gemeint!« Doch die Henkerstochter war bereits im Hoftor verschwunden.
Leise fluchend eilte er hinauf in die Stadt, immer darauf achtend, dass das Blut nicht auf seinen teuren Rock tropfte. Warum musste Magdalena bloß immer so jähzornig sein! Er wusste, dass seine Worte dumm gewesen waren. Nur zu gerne hätte er sich bei ihr entschuldigt, sie in den Arm genommen und ihr gesagt, dass sie doch die Einzige war, die er wirklich begehrte. Doch das Henkersmädchen war wie vom Erdboden verschluckt.
»Magdalena!«, rief er mehrmals und blickte nach links und rechts in die kleinen Seitengassen. »Komm zurück! Es tut mir leid!«
Vorübergehende Passanten sahen ihn fragend an, doch er hielt den Kopf gesenkt und hastete weiter. Irgendwo musste sie doch sein! An der nächsten Ecke rannte er beinahe einen kleinen Hund über den Haufen, der jaulend das Weite suchte. Er hastete weiter ,an verschneiten Ochsenkarren und dick vermummten Gestalten vorbei. Sein Blick glitt nervös über einzelne Passanten, die im einsetzenden Schneetreiben nur schemenhaft zu erkennen waren. Nirgendwo war Magdalena zusehen. Als er in die Münzgasse bog, hörte er hinter sich eine vertraute Stimme.
»Simon?«
Er drehte sich um. Vor dem Portal von Mariae Himmelfahrt stand Benedikta und blickte ihn besorgt an. Sie schien gerade aus der Schongauer Pfarrkirche gekommen zu sein.
»Ihr blutet ja! «, rief sie. » Was ist passiert?«
»Nichts«, murmelte er. »Ich bin ... hingefallen, weiter nichts.«
»Lasst sehen.«
Sie ging auf ihn zu und begann, mit ihrem Spitzentaschentuch entschlossen das Blut von seinem Gesicht zu tupfen. Die Berührung brannte, trotzdem empfand Simon sie als angenehm.
»Eisplatten vor dem Hoftor«, flüsterte er mit verschnupfter Stimme, während sie seine Nase säuberte. »Ich bin ausgerutscht.«
»Ihr braucht heißes Wasser zum Auswaschen der Wunde. Kommt.«
Sie fasste ihn wie eine Mutter am Ärmel und zog ihn hinter sich her.
»Wo gehen wir hin?«, fragte er.
»Ins Semer-Wirtshaus, wo ich abgestiegen bin«, sagte sie. »In der Gaststube bekommen wir bestimmt eine Schüssel Wasser und einen Becher heißen Gewürzwein für Euch. Und dann könnt Ihr mir ja erzählen, ob Ihr in der Zwischenzeit etwas herausgefunden habt.«
Kurz zögerte Simon. Eigentlich wollte er weiter nach Magdalena suchen. Auch erwartete ihn sein Vater zu Hause. Dieses verfluchte Fieber forderte immer neue Opfer, die kuriert werden mussten. Aber was war
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