Die Henkerstochter und der schwarze M�nch
kannte sicherlich nicht die ganze Wahrheit. Aber er wusste von dem Grab unter der Kirche. Er hat irgendjemanden davon erzählt, und dieser Jemand wollte keine Mitwisser.«
»Keine Mitwisser?« Benedikta sah ihn ungläubig an. »Was gab es denn bisher groß zu finden als ein paar alberne Rätsel? Der Spaß eines in die Jahre gekommenen Ritters.« Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht war dieser Wildgraf einfach nur ein Mann mit Humor, und in der Burgruine erwartet Euch nichts weiter als ein derber Reim über die Neugierde mancher Menschen.«
Simon schüttelte den Kopf. »Das entspricht nicht dem Denken der Templer. Sie waren ein Orden, der die Tugenden des christlichen Lebens und des Rittertums miteinander vereinigte, keine Possenreißer. Das erste Rätsel stammt aus der Offenbarung des Johannes, das zweite Rätsel bezieht sich auf eine uralte Adelslinie, die Welfen. Das kann kein Zufall sein. Fast sieht es so aus, als wollte unser toter Ritter prüfen, ob wir würdig sind. Offenbar suchte er Menschen, die sich sowohl in der Bibel als auch im Leben des Adels auskennen. Templer ... « Er stutzte und hörte mitten im Satz auf zu reden.
»Was habt Ihr?« Benedikta sah ihn lächelnd an. »Ist Euch der Wein zu Kopf gestiegen?«
Simon schüttelte den Kopf, dann zog er das kleine Brevier hervor, das er sich vom Patrizier Jakob Schreevogl ausgeliehen hatte. Noch immer trug er es in seiner Rocktasche bei sich.
Er legte es auf den Tisch und blätterte hektisch in den Seiten.
»Was ist das?«, fragte die Händlersfrau und versuchte, einen Blick hineinzuwerfen.
»Es ist ... ein Buch über die Templer«, begann Simon, hörte mit dem Blättern auf und seufzte. »Ich dachte kurz, mich an etwas zu erinnern. Aber ich muss mich getäuscht haben.« In aller Kürze erzählte er Benedikta, was er von den Templern wusste.
»Dieser Friedrich Wildgraf, der dort unten in der Krypta liegt, war ein Meister dieses Ordens«, kam er schließlich zum Ende. »Laut dem Vertrag, den wir in Steingaden gesehen haben, war er als Komtur für das gesamte Deutsche Reich verantwortlich. Er gehörte zum innersten Zirkel der Macht. Nur wenige Jahre danach werden die Templer in ganz Europa verfolgt und ausgelöscht. Ihr riesiges Vermögen bleibt allerdings verschwunden ... « Er blickte Benedikta fest in die Augen, bevor er fortfuhr: »Warum sollte ein so mächtiger Meister des Ordens solche Rätsel stellen, wenn nicht um etwas zu verstecken? Zuerst der Spruch am Sarkophag, jetzt der Hinweis in der Basilika ... Das muss doch einen Grund haben!«
»Ihr meint ...«
Simon nickte. »Ich meine, dass Friedrich Wildgraf den Schatz der Templer irgendwo hier versteckt haben könnte. Oder zumindest einen Teil davon.«
»Einen Schatz?« Benedikta wischte sich mit einem Taschentuch einige Weintropfen von den Lippen. »Warum sollten die Templer gerade an diesem gottverlassenen Flecken Erde etwas verstecken wollen? Nach allem, was Ihr erzählt habt, waren sie in Paris zu Hause, in Jerusalem, in Rom! Was sollte sie also dazu veranlassen, gerade im Pfaffenwinkel ... « – sie spuckte den Namen aus wie eine faule Frucht – » ... also in der tiefsten bayerischen Provinz einen Schatz zu vergraben!«
Simon schlug auf den Tisch. »Aber das ist es doch gerade! Keiner würde den Schatz hier vermuten. Der französischeKönig hätte den Pfaffenwinkel vermutlich nicht mal auf der Landkarte gefunden, wenn der Herzog einen Kreis darum gemacht hätte. Berge, Wälder, Sümpfe und ein paar ungebildete, aber kreuzbrave Bauern. Das perfekte Versteck!«
Benedikta schwieg eine Weile, dann nickte sie langsam. »Ihr könntet vielleicht recht haben.« Ihre sonst so wachen Augen bekamen einen glasigen Glanz. »Wie viel meint Ihr...?«
»Geld?« Simon zuckte mit den Schultern. »Schwer zu sagen. Auf alle Fälle mehr, als wir uns vorstellen können. Vergesst nicht, der französische König hat die Templer nur wegen diesem Schatz auslöschen lassen. Wenn auch nur ein Teil davon hier ist ... « Er brach ab. »Wir sollten auf alle Fälle vorsichtig sein«, flüsterte er und sah sich um. »Es sind schon Menschen für weit geringere Summen umgebracht worden.«
»Es sind Menschen aber auch schon für weit geringere Summen ein gewisses Risiko eingegangen.« Benedikta zwinkerte ihm zu. »Erzählt einer Händlerin nie von verborgenen Schätzen. Ihr bekommt sie dann nur noch schwer los.« Sie erhob ihr Weinglas. »Ich finde, wir sollten dieses Risiko eingehen. »A la vôtre!«
»A la
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