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Die Henkerstochter und der schwarze M�nch

Titel: Die Henkerstochter und der schwarze M�nch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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er sich auf jeden von ihnen voll verlassen konnte. Besonders auf Andre Wiedemann, der mit ihm bereits vor Augsburg gegen die schwedischen Soldaten Gustav Adolphs gekämpft hatte. Aber auch der Schmied und die zwei anderen Handwerker machten einen erfahrenen Eindruck.
    Nach weiteren zehn Schritt endeten die Sprossen am Fuße eines Felskamins. Links in der Ecke konnte Kuisl einen schmalen Durchlass erkennen, aus dem leises Gemurmel und Gelächter zu hören war. Vorsichtig glitten die Männer auf den Boden und schlichen zu beiden Seiten des Durchgangs. Der Henker riskierte einen Blick.
    Hinter der nur kniehohen Öffnung begann ein niedriger Tunnel, der nach nur wenigen Schritten in einer großen Höhle endete. Dort flackerte ein Feuer, über dem ein paar Hasen am Spieß brutzelten. Gelegentlich ging eine zerlumpte Gestalt daran vorbei. Jenseits der Flammen sah Jakob Kuisl weitere Männer sitzen, gehüllt in Fell und Lumpen gegen die Kälte. Irgendjemand rülpste laut, die anderen lachten, während sich zwei weitere lauthals stritten; auch das Greinen eines Säuglings war zu hören. Es roch nach Schweiß, Pulverdampf und verkohltem Fleisch.
    Kuisl zwinkerte, als ihm der beißende Rauch in die Augen drang. Er hatte recht gehabt. Sie hatten das Winterlager der Scheller-Bande gefunden, und es sah so aus, als ob die meisten von ihnen jetzt am Abend von ihren täglichen Streifzügen heimgekommen waren. Der Henker lächelte grimmig. Einen günstigeren Augenblick, um den Marodeuren das Handwerk zu legen, konnte es kaum geben. Kuisl konnte ihre Zahl nur anhand der Stimmen schätzen. Es mochten etwa dreißig sein, darunter auch viele Frauen und Kinder.
    Er nickte Wiedemann, Kronauer und den anderen beiden zu. Dann nahm er die Kette mit den zwölf hölzernen Pulverfläschchen von der Schulter und trennte die Hälfte von ihnen ab, in jedem von ihnen befand sich Pulver für genau eine Gewehrladung. Mit einer Lederkordel band Kuisl die sechs Fläschchen so fest zusammen, dass sie als fester Klumpen gut in seiner Hand lagen.
    Der Henker kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, schätzte die Entfernung ab und holte mit seiner rechtenHand aus. Mit einer fließenden Bewegung warf er die selbstgebaute Bombe durch den Tunnel direkt in das Feuer.
    Die Explosion war so stark, dass sie Kuisl einen ganzen Meter nach hinten warf. Der Krach wurde von den Felswänden der Höhlen und Gänge zurückgeworfen, immer wieder, ein donnerndes Echo, als würde der ganze Berg einstürzen. In Jakob Kuisls Ohren tönte ein feines Klingeln. Es dauerte eine Zeit, bis er die Geräusche in der Räuberhöhle wieder wahrnahm. Schreie, Husten und Fluchen drangen zu ihnen herüber. Der Henker gab den anderen vier Männern ein Zeichen, dann krochen sie durch den niedrigen Tunnel und betraten mit gezückten Säbeln das Inferno.
    Die Explosion hatte Glut und brennende Holzscheite über die ganze Höhle verteilt. Überall lagen große und kleine Felsbrocken, die sich aus der Decke gelöst hatten. Dazwischen krochen zerlumpte Männer und Frauen und versuchten sich trotz der dichten Rauchschwaden zu orientieren. Um die ehemalige Feuerstelle lagen ein paar leblose Gestalten, Schmerzensschreie und das Weinen von Kindern hallten durch das rußige Gewölbe.
    Der Henker zögerte. Dann entschied er sich gegen einen Angriff und brüllte mit seiner tiefen Stimme, die in der ganzen Höhle gut zu hören war:
    »Aus ist’s, ihr räudigen Marodeure! Ihr geht’s jetzt hübsch nach draußen, ohne Waffen, die Arme nach oben! Dort wartet ein Heer gutbewaffneter Bürger auf euch. Wenn ihr euch brav ergebt, dann ... «
    Ein schwarzer Schatten flog auf ihn zu. Im letzten Moment tauchte der Henker zur Seite, so dass ihn die Klinge nur an der Wange ritzte. Der Mann vor ihm war mindestens ebenso groß wie er selbst. Im rußigen Gesicht, eingerahmt von einem struppigen Bart, funkelten Augen wie glimmende Kohlen. Kuisls Stimme klang tief und drohend.
    »Leg die Waffe weg und geh nach draußen. Du machst es nur noch schlimmer.«
    »Sauhund, fahr zur Hölle«, zischte der Mann und holte ein weiteres Mal mit dem Säbel aus. Diesmal war der Henker vorbereitet. Er sprang zurück, zog die geladene Pistole und drückte im gleichen Moment den Abzug.
    Die Bleikugel traf den Räuber seitlich an der Schulter und drückte ihn an die Wand. Während er noch verwundert auf die blutige Masse starrte, wo einmal sein rechter Arm gewesen war, holte der Henker mit seinem Lärchenholzknüppel aus und fällte den

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