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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Tannendickicht vom Kopf gerissen worden. »Das nächste Mal, wenn ihr durch den Wald lauft, sagtmir vorher Bescheid«, ächzte er. »Damit ich was Rechtes anzieh. Der Hut hat einen halben Florin gekostet, und die Stiefel ...«
    »Pssst.« Der Henker hielt ihm seine große Hand direkt vor den Mund. »Hör auf zu schwatzen. Schau lieber da hinüber.«
    Er deutete auf die Umrisse der Baustelle. Kleine Lichtpunkte bewegten sich dort auf und ab. Stimmenfetzen drangen zu ihnen herüber.
    »Wir sind nicht die Einzigen«, flüsterte Jakob Kuisl. »Ich kann vier oder fünf Fackeln zählen. Meinen Arsch verwett ich, dass auch unser Freund wieder dabei ist. «
    »Du meinst den Mann, den ihr das letzte Mal verfolgt habt?«, flüsterte Magdalena.
    Der Henker nickte. »Der gleiche, der deinem Simon fast den Hals aufgeschlitzt hat. Der, den sie den Teufel nennen. Doch diesmal kriegen wir ihn. « Er winkte den Medicus zu sich her. »Die Fackeln sind über die ganze Baustelle verteilt«, sagte er. »Sie scheinen etwas zu suchen.«
    »Aber was?«, fragte Simon.
    Der Henker grinste breit. »Das werden wir bald herausfinden.« Er griff sich einen schweren Eichenast vom Boden, brach die Zweige ab und wog ihn in der Hand. »Wir werden sie uns einzeln vornehmen. Einen nach dem anderen.«
    »Wir?«
    »Sicher.« Der Henker nickte. »Alleine schaff ich es nicht. Es sind zu viele. Hast du dein Messer dabei?«
    Simon nestelte an seinem Gürtel. Dann hielt er zitternd das Stilett ins Mondlicht.
    »Gut«, brummte Kuisl. »Magdalena, du rennst zur Stadt und alarmierst den Lechner im Schloss. Sag ihm, dass auf der Baustelle wieder sabotiert wird. Wir brauchen Hilfe, so schnell wie möglich.«
    »Aber ...« Die Henkerstochter setzte zum Protest an. »Keine Widerrede, oder du heiratest schon morgen den Steingadener Henker. Und jetzt lauf!«
    Magdalena zog einen Schmollmund. Dann verschwand sie in der Dunkelheit des Waldes.
    Der Henker gab Simon ein Zeichen und lief geduckt am Waldrand entlang; Simon eilte ihm nach. Nach gut zweihundert Schritt trafen sie auf einen Stapel Baumstämme, den die Arbeiter unweit des Waldes abgelegt hatten. Der Stapel ragte in die Lichtung hinein. Die Deckung der Stämme ausnutzend schlichen Henker und Medicus näher an die halbfertigen Gebäude heran. Jetzt konnten sie erkennen, dass es tatsächlich fünf Männer waren, die mit Laternen und Fackeln irgendetwas zu suchen schienen. Ein Mann saß auf einem Findling neben der Linde in der Mitte der Lichtung, zwei lehnten am Brunnen; die übrigen zwei waren über die Baustelle verteilt.
    »Ich bin es langsam leid, mir hier im Dunkeln den Hintern abzufrieren!«, rief einer der Männer, der sich im Inneren eines großen Mauergevierts aufhielt. »Wir haben jetzt schon fast die ganze Nacht gesucht. Lass uns morgen bei Tageslicht wiederkommen!«
    »Am Tag wimmelt es hier von Handwerkern, du Trottel«, zischte einer der Männer vom Brunnen herüber. »Was glaubst du denn, warum wir diesen ganzen Zinnober nachts veranstalten? Warum wir erst nach der Dämmerung alles haben einstürzen lassen? Wir suchen weiter, und wenn der Pfeffersack gelogen hat und hier nichts vergraben ist, dann schlag ich seinen Schädel wie ein rohes Ei hier am Brunnen auf! «
    Simon horchte auf. Irgendetwas war hier vergraben. Was?
    Der Henker stupste ihn an der Schulter an.
    »Wir können nicht mehr auf die Büttel warten«, flüsterte er. »Wer weiß, wie lange die noch hier sind. Ich werde jetzt hinüber zur Seitenmauer laufen und mir einen von denen holen. Du bleibst hier. Wenn du siehst, dass sich einer mir nähert, pfeifst du wie ein Eichelhäher. Kannst du das?«
    Simon schüttelte den Kopf.
    »Verdammt, dann pfeif einfach, wie dir der Schnabel gewachsen ist. Sie werden’s schon nicht merken.«
    Jakob Kuisl sah sich ein letztes Mal um, dann eilte er mit langen Schritten auf die Mauer zu und ging hinter ihr in Deckung. Die Männer hatten nichts bemerkt.
    Weitere Rufe ertönten, jetzt weiter weg, so dass Simon sie nur noch schwer verstehen konnte. Er sah, wie der Henker geduckt an der Mauer entlanglief, direkt auf den Mann im Mauergeviert zu, der dort mit einer Latte die Bodenplatten anhob. Jetzt war Kuisl nur noch wenige Schritte von ihm entfernt. Plötzlich drehte sich der Mann um, irgendetwas hatte ihn aufhorchen lassen. Der Henker ließ sich zu Boden fallen. Simon blinzelte; als er die Augen wieder aufmachte, hatte die Dunkelheit Jakob Kuisl verschluckt.
    Gerade wollte er aufatmen, als er vor sich ein

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