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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Söldnern ermordet worden sein, für so abwegig, Augustin? Mehrere Zeugen haben beobachtet, wie eine Gestalt aus meinem Haus sprang, just in dem Moment, als meine Clara verschwand. Der Mann trug ein blutrotes Wams und einen Hut mit Federn, wie ihn vor allem Söldner tragen. Und er hinkte.«
    »Der Teufel!« Der Bäcker Berchtholdt, der bislang offenbar den Rausch der letzten Nacht ausgeschlafen hatte, war hochgeschreckt und schlug ein Kreuz. »Jungfrau Maria, steh uns bei!«
    Auch einige andere Ratsmitglieder sprachen leise Stoßgebete und bekreuzigten sich.
    »Macht es euch nur hübsch einfach mit eurem Teufel!«, rief Jakob Schreevogl hinein in das Gemurmel. »Er ist für alles eine Lösung. Aber eines weiß ich genau!« Er standauf und sah wütend in die Runde. »Meine Clara ist nicht von einem bocksbeinigen Ungetüm entführt worden, sondern von einem Mensch aus Fleisch und Blut. Der Teufel hält sich nicht mit Türen auf, und er springt auch nicht aus dem Fenster. Er trägt keinen billigen Soldatenhut, und er trifft sich auch nicht im Semer-Wirtshaus mit Söldnern auf einen Humpen Bier.«
    »Wie kommt Ihr darauf, der Teufel ginge in meinem Haus ein und aus? « Bürgermeister Karl Semer war aufgesprungen. Sein Kopf war rot angelaufen, Schweiß perlte von der Stirn. »Das ist eine freche Lüge, für die Ihr mir bezahlt!«
    »Der junge Medicus hat es mir erzählt. Der gleiche Mann, der meine Clara entführt hat, ist bei Euch oben in einem der Beratungszimmer verschwunden.« Jakob Schreevogl sah dem Bürgermeister ruhig in die Augen. »Er hat sich dort mit jemandem getroffen. Mit Euch vielleicht?«
    »Diesem Fronwieser stopf ich das Maul, und Euch gleich mit!« Semer schlug mit der Faust auf den Tisch. »Ich lasse nicht zu, dass mein Wirtshaus für solche Lügenmärchen herhalten muss.«
    »Karl, reiß dich zusammen und setz dich wieder hin.« Die Stimme des blinden Augustin war leise und trotzdem unverhohlen scharf. Verdutzt setzte sich Semer wieder auf seinen Platz.
    »Und jetzt berichte uns«, fuhr Matthias Augustin fort. »Ist etwas dran an diesen ... Unterstellungen?«
    Bürgermeister Karl Semer rollte mit den Augen und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Weinglas. Er rang sichtbar nach Worten.
    »Stimmt es etwa?«, fragte der Zweite Bürgermeister Johann Püchner nach. Auch der Spitalpfleger WilhelmHardenberg wandte sich an den angesehenen Wirt des »Stern«-Gasthauses. »Karl, sag uns die Wahrheit! Haben sich Söldner bei dir getroffen?«
    Am Ratstisch erhob sich Gemurmel. Einige Mitglieder des Äußeren Rats fingen auf den hinteren Bänken an zu diskutieren.
    »Das ist eine Lüge sondergleichen!«, zischte Bürgermeister Semer endlich. Bäche von Schweiß rannen ihm in den Spitzenkragen. »Vielleicht waren ein paar ehemalige Soldaten bei mir im ›Stern‹, das kann ich nicht nachprüfen. Aber keiner von denen ist nach oben gegangen, und mit jemandem getroffen hat sich auch keiner.«
    »Dann wäre das wohl geklärt«, sagte Matthias Augustin. »Wenden wir uns also wieder den wichtigen Dingen zu. « Seine blinden Augen blickten in Richtung des Schreibers. »Was habt Ihr jetzt vor, Lechner?«
    Johann Lechner blickte in die ratlosen Gesichter der Ratsherren links und rechts von ihm.
    »Offen gestanden, ich weiß es nicht. Graf Sandizell wird morgen Vormittag hier eintreffen. Wenn die Hebamme bis dahin nicht geredet hat, dann Gnade uns Gott. Ich fürchte ... wir sollten diese Nacht alle beten.«
    Er stand auf und packte Feder und Tinte ein. Auch die anderen erhoben sich zögernd.
    »Ich werde jetzt alles für den Empfang des Grafen vorbereiten. Jeder von euch wird seinen Tribut leisten müssen. Und was den Prozess der Hexe angeht ... da können wir nur hoffen.«
    Lechner eilte grußlos nach draußen. Die Ratsherren gingen diskutierend in Zweier- und Dreiergruppen hinterher. Nur zwei Patrizier blieben im Ratssaal zurück. Sie hatten noch einige wichtige Dinge zu klären.
     
    Der Teufel fuhr mit seiner Knochenhand langsam am Kleid Magdalenas entlang, streifte ihre Brüste und strich über den Hals zum schmalen Kinn. Als er bei ihren Lippen ankam, drehte sie sich augenrollend weg. Der Teufel lächelte und drehte ihren Kopf wieder in seine Richtung. Vor ihm lag die Henkerstochter gefesselt auf dem Waldboden, ein schmutziger Lumpen steckte als Knebel in ihrem Mund. Mit zornigen Augen funkelte sie den Mann über sich an. Der Teufel warf ihr eine Kusshand zu.
    »Gut, gut so. Sei nur hübsch frech, dann macht es

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