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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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und Mitwisserbeseitigen? Noch dazu Kinder? Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen ... «
    Ein gewaltiges Husten ließ sie aufschrecken. Sie fuhren beide herum.
    Aus dem Brunnen kletterte an einem Seil eine pechschwarze Gestalt. Die Büttel griffen zu ihren Waffen und rannten auf den Brunnen zu. Ängstlich hielten sie sich an ihren Hellebarden fest. Die Gestalt, die sich über den Brunnenrand erhob, sah aus wie der leibhaftige Teufel. Sie war von Kopf bis Fuß schwarz von Ruß, nur die Augen leuchteten weiß hervor. Die Kleider waren an manchen Stellen verbrannt oder blutig. Zwischen den Zähnen hielt der Geist einen vorne glimmenden Lärchenholzknüppel, den er jetzt ins Gras spuckte.
    »Kreuzhimmelsakrament! Kennt’s ihr euren eigenen Henker nicht? Bringt’s mir lieber Wasser, bevor ich ganz verbrenn!«
    Die Büttel zogen sich erschrocken zurück. Simon eilte auf den Brunnen zu.
    »Kuisl, Ihr lebt! Ich dachte, der Teufel ... Oh, Gott, was bin ich froh!«
    Der Henker hievte sich über den Brunnenrand.
    »Spar dir das Gerede. Der Sauhund ist jetzt da, wo er schon immer hingehört hat. Aber meine Magdalena ist noch in der Hand von ein paar Halsabschneidern.«
    Er humpelte auf einen Trog Wasser zu und wusch sich. Mit der Zeit tauchte unter der rußigen Schicht wieder das Gesicht des Henkers hervor. Kurz blickte er hinüber zu Jakob Schreevogl und den Kindern. Er nickte anerkennend.
    »Hast sie gerettet, gut«, brummte er. »Geh jetzt mit ihnen und dem Ratsherren zurück nach Schongau. Wir treffen uns im Henkershaus. Ich schau nach meiner Tochter.«
    Er packte seinen Knüppel und eilte in Richtung der Hohenfurcher Steige.
    »Wisst Ihr denn, wo sie ist?«, rief ihm Simon hinterher. Der Henker nickte unmerklich.
    »Er hat’s mir gesagt. Zum Ende hin. Jeder redet irgendwann ...«
    Simon schluckte.
    »Und die Büttel?«, rief er Jakob Kuisl hinterher, der bereits die Straße Richtung Hohenfurch unterwegs war. »Wollt Ihr die nicht mitnehmen, als ... Hilfe?«
    Die letzten Worte waren nur noch zu sich selbst gesprochen. Denn der Henker war bereits hinter der nächsten Wegbiegung verschwunden. Er war sehr, sehr wütend.
     
    Magdalena taumelte die Straße nach Schongau entlang. Ihre Kleider waren zerrissen und nass, sie zitterte am ganzen Leib. Außerdem schmerzte ihr immer noch der Kopf. Erst jetzt spürte sie, dass sie die ganze Nacht nicht geschlafen hatte. Quälender Durst plagte sie. Immer wieder blickte sie sich nach allen Seiten um, ob der zweite Söldner ihr nicht vielleicht doch gefolgt war. Doch die Straße war leer. Auch keine Bauern, die sie auf einem Karren hätten mitnehmen können, waren zu sehen. Vor ihr thronte Schongau, umfasst von Mauern, auf dem Hügel. Zur Rechten lag, jetzt menschenleer, der Galgenbichl. Bald, bald schon würde sie zu Hause sein.
    Plötzlich tauchte vor ihr ein Punkt auf, der näher kam und größer wurde. Eine Gestalt, die humpelnd auf sie zueilte.
    Als sie mit den Augen blinzelte, erkannte sie, dass es ihr Vater war.
    Jakob Kuisl lief die letzten Meter, auch wenn es ihm schwerfiel. Er hatte einen tiefen, aber nicht weiter gefährlichenStich an der Brustseite und eine Wunde im linken Oberarm. Er hatte Blut verloren, und irgendwo im Labyrinth schien er sich zudem den rechten Knöchel verrenkt zu haben. Aber sonst ging es ihm den Umständen entsprechend gut. Der Henker hatte während des Großen Krieges schon schwerere Verwundungen davongetragen.
    Er schloss seine Tochter in die Arme und streichelte ihr über den Kopf. Sie verschwand fast an seiner breiten Brust.
    »Was machst denn für Sachen, Magdalena?«, flüsterte er fast zärtlich. »Lässt dich von einem dummen Söldner einfangen ... «
    »Ich werd’s nimmer machen, Vater. Versprochen«, antwortete sie.
    Eine Weile hielten sie sich fest und schwiegen. Dann sah sie ihm in die Augen.
    »Du, Vater?«
    »Was ist, Magdalena? «
    »Das mit der Hochzeit mit dem Kuisl Hans, dem Steingadener Henker, du weißt schon ... Überlegst dir das noch einmal?«
    Jakob Kuisl schwieg zunächst, dann schmunzelte er. »Ich überleg’s mir noch einmal. Aber jetzt gehen wir erst mal heim.«
    Er legte seinen mächtigen Arm um seine Tochter. Gemeinsam marschierten sie auf die zum Leben erwachende Stadt zu, über der im Osten gerade die Sonne aufging.

16
    Dienstag,
    den 1. Mai Anno Domini 1659,
    6Uhr abends
     
    D er Gerichtsschreiber Johann Lechner blickte von einem Fenster der Ratsstube auf das bunte Treiben unten am Marktplatz. Das

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