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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Finger krabbeln und im Dunkel unter dem Bett verschwinden. Sie unterdrückte einen Schrei und blickte weiter auf die Stiefel, die immer noch auf der Schwelle verharrten. Sie hörte das ruhige Atmen eines Mannes, dann entfernten sich die Stiefel. Schritte tapsten treppaufwärts in die oberen Gemächer. Clara achtete auf das Geräusch. Es war anders als das Geräusch normaler Schritte. Ein Ziehen und Schleifen in regelmäßigen Abständen. Sie erinnerte sich an die Nacht ihrer Flucht. Einer ihrer Verfolger hatte beim Laufen seltsame Sprünge gemacht. Er hatte ... gehinkt! Clara war sich sicher, der Mann dort oben auf der Treppe war der Hinkende. Vielleicht war er dann auch jetzt nicht so schnell?
    Clara wartete einen Moment, dann kroch sie unter demBett hervor und eilte auf Zehenspitzen zur offenen Tür. Sie blickte nach oben, konnte aber auf der Treppe niemand mehr sehen. Der Fremde musste in eines der oberen Zimmer gegangen sein. Leise schlich sie nach unten.
    Als sie im unteren Empfangsraum stand, fiel ihr ein, dass sie ihre Puppe oben gelassen hatte.
    Sie biss sich auf die Lippen. Vor ihr stand die Tür nach draußen weit offen, sie konnte den Lärm unten am Fluss hören. Die ersten Bürger schienen sich auf den Rückweg in die Stadt zu machen.
    Clara schloss kurz die Augen, dann eilte sie wieder nach oben und betrat ihr Zimmer. Dort auf dem Bett lag ihre Puppe, sie nahm sie an sich. Gerade wollte sie wieder nach unten laufen, als sie von oben Schritte hörte. Eilige Schritte.
    Der Mann hatte sie gehört.
    Die Schritte wurden noch schneller, der Mann nahm jetzt mehrere Stufen auf einmal. Clara raste aus dem Zimmer , die Puppe eng an sich gedrückt. Auf der Schwelle sah sie kurz nach oben. Ein schwarzer Schatten rauschte auf sie zu. Ein bärtiger Mann in einem Umhang, die rechte Hand nach ihr ausgestreckt. Es war der Teufel, und er hatte eine weiße Knochenhand.
    Clara schlug die Tür zu ihrem Zimmer wieder zu und schob den Riegel vor. Von draußen prallte etwas dagegen, sie konnte ein leises Fluchen hören. Dann warf sich der Mann mit aller Gewalt gegen die Tür, so dass der Rahmen zitterte. Einmal, zweimal ... Clara lief zum Fenster, das immer noch offenstand. Sie wollte um Hilfe schreien, aber sie merkte, dass ihr die Angst die Kehle zuschnürte. Nur ein heiseres Keuchen kam heraus. Die Straße unter ihr war immer noch menschenleer. Ganz weit entfernt sah sie die Menge, die durch das Lechtor wieder in die Stadt drängte. Sie wollte winken, aber dann fiel ihr ein, dass das nutzloswäre. Wahrscheinlich würden die Leute nur freundlich zurückwinken.
    Hinter ihr splitterte Holz. Clara drehte sich um und sah, wie sich die Spitze eines Säbels durch einen immer größer werdenden Riss in der Türmitte bohrte. Sie blickte wieder auf die Straße vor dem Haus. Ihr Zimmer war im ersten Stock gelegen, bis zum Boden waren es ungefähr zehn Fuß. Direkt neben dem Hauseingang hatte ein Bauer einen Karren mit Winterstroh abgestellt.
    Ohne lange zu überlegen stopfte Clara ihre Puppe vorne zwischen Brust und Nachthemd und kletterte über den Sims. Dann glitt sie nach unten, bis sie mit beiden Händen am Fensterbord hing. Hinter ihr wurde das Splittern lauter, ein Riegel wurde zur Seite geschoben. Mit einem leisen Schrei ließ Clara los und plumpste direkt auf den Heuwagen. Schmerz fuhr durch ihre rechte Schulter, als sie ein Holzgitter streifte. Ohne darauf zu achten, kletterte sie über das Gitter und glitt zu Boden. Mit Stroh in den Haaren und im Nachthemd floh sie die Straße entlang. Als sie sich noch einmal umdrehte, sah sie den Teufel oben am Fenster stehen. Er winkte mit der Knochenhand und schien ihr etwas zuzurufen.
    Auf Wiedersehen. Wir sehen uns bald wieder …
    Clara hörte Stimmen in ihrem fiebrigen Kopf. Alles verschwamm vor ihren Augen, ihre Beine liefen wie von selbst. Das Rasseln in der Brust schwoll an und ab, während sie durch die menschenleeren Gassen taumelte. Der Teufel war ihr auf den Fersen, und es gab keinen, der ihr helfen konnte.
     
    Als Simon und Magdalena endlich an der Floßlände anlangten, waren die meisten Schongauer schon wieder in die Stadt gegangen. Ein Löschtrupp war damit beschäftigt,die rauchenden Balken zusammenzuschieben und Wasser auf die noch verbliebenen Brandherde zu schütten. Ansonsten trieben sich nur noch ein paar Schaulustige herum. Wenigstens schien die Gefahr gebannt, dass das Feuer auf das Wärterhäuschen und die Holzmole übergriff.
    Simon erkundigte sich bei ein paar

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