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Die Henkerstochter

Titel: Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver P�tzsch
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Männern, was geschehen war. Schließlich sah er auf einem der hinteren Pfeiler den Henker sitzen. Er schmauchte an seiner Pfeife und betrachtete nachdenklich die Überreste des Stadls. Als Simon und Magdalena sich ihm näherten, blickte er hoch.
    »Und? Habt’s einen schönen Tag gehabt?«
    Simon spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Magdalena blickte wohlweislich in eine andere Richtung.
    »Ich ... Wir ... Ich hab der Magdalena beim Bärlauchsammeln geholfen, und dann haben wir den Rauch gesehen«, stotterte der Medicus. Dann sah er kopfschüttelnd auf die Brandruine. »Das ist ja furchtbar. Das kostet die Stadt ein Vermögen!«
    Der Henker zuckte mit den Schultern.
    »Wenn’s einer von der Stadt war ... Unsere Flößer sagen, die Augsburger selber hätten den Stadl angezündet und vorher ihre Waren rausgebracht.«
    Simon blickte über die Schulter. Tatsächlich türmten sich in sicherer Entfernung zum rauchenden Trümmerhaufen Kisten, Ballen und Säcke. Ein paar finster blickende Augsburger Flößer standen daneben und hielten offenbar Wache.
    »Und?«, fragte er den Henker. »Was meint Ihr?«
    Jakob Kuisl nahm einen weiteren Zug von der Pfeife.
    »Jedenfalls haben sie ihre Waren in Sicherheit gebracht, während wir uns mit ihnen gestritten haben.« Er stand auf und vertrat sich die Beine.
    Schließlich murmelte er: »Eins ist jedenfalls klar. Das Feuer hat jemand gelegt. Hab selber ein paar Scheiterhaufen angezündet. Damit es so gut brennt, da braucht’s schon viel Mühe. Da reicht keine weggeworfene Fackel.«
    »Brandstiftung?«, fragte Simon.
    »So sicher wie das Amen in der Kirche.«
    »Aber warum?«
    »Weiß ned. Aber das finden wir noch raus.«
    Der Henker machte sich auf den Weg Richtung Brücke. Im Vorbeigehen schüttelte er den Kopf.
    »Etwas Gutes hat der Brand auf alle Fälle«, sagte er. Simon setzte ihm nach.
    »Was denn?«
    »Wenn sie die Augsburger und Schongauer zu dem Fall vernehmen, dann bekommen wir hoffentlich für die Stechlin noch eine Schonfrist. Für heute ist’s jedenfalls gut. «
    Jakob Kuisl stapfte über die Holzbrücke. Plötzlich drehte er sich noch einmal um.
    »Ach, fast hätt’ ich’s vergessen. Zum jungen Schreevogl sollst schauen. Er lässt dir ausrichten, seine Clara sei krank. Und die Magdalena schickst nach Hause. Verstanden?«
    Simon drehte sich zur Tochter des Henkers um. Sie lächelte.
    »Der Vater mag dich.«
    Simon runzelte die Stirn. »Glaubst du wirklich?«
    »Sicher. Sonst hätt’ er dir schon lang dein Heiligstes abgeschnitten und dich in den Lech geworfen. So schnell kannst gar nicht schauen.«
    Der Medicus grinste. Dann stellte er sich vor, wie es sein musste, den Henker als Feind zu haben. Er hoffte, dass Magdalena recht hatte.
     
    Jakob Kuisl machte sich auf den Weg zurück zum Kerker. Mittlerweile war es dämmrig in den Straßen. Ein einziger Büttel stand noch vor dem Eingang zur Fronfeste. Man hatte ihn hier stehen lassen und befohlen zu wachen, während alle anderen zur Floßlände eilten. Seitdem waren ein paar von ihnen mit Georg Riegg und dem Floßwächter zurückgekommen, hatten die beiden ohne einen weiteren Kommentar eingesperrt und waren wieder hinunter zum Fluss gerannt.
    Der junge Mann wirkte verunsichert. Er schien der Einzige in der Stadt zu sein, der nicht wusste, was vorgefallen war. Und jetzt kam der Henker auch noch alleine zurück. Wo waren die anderen? Der Schreiber? Die Zeugen?
    »Lass es gut sein für heute«, brummte Kuisl und schob den Büttel zur Seite. »Wir machen Schluss. Muss nur noch die Werkzeuge aufräumen. Hast die Stechlin wieder eingesperrt?«
    Der Büttel nickte. Er war gerade mal achtzehn Jahre alt, sein Gesicht von Pockennarben entstellt. Schließlich hielt er es vor Neugierde nicht mehr aus. »Was ist da unten denn passiert?«, fragte er.
    »Der Stadl hat gebrannt«, sagte Kuisl. »Magst es anschauen?«
    Der Büttel blickte verunsichert nach hinten in den Vorraum der Feste. Der Henker klopfte ihm auf die Schultern.
    »Die Hex haut schon nicht ab, dafür sorg ich. Und jetzt mach dich davon.«
    Dankbar nickte der Jüngling, dann händigte er Kuisl den Schlüssel aus. Nach wenigen Augenblicken war er hinter der nächsten Hausecke verschwunden.
    Jakob Kuisl betrat das Innere der Feste. Sofort umfing ihn die Kälte der Steinmauern, ein muffiger Geruch von Urin und nassem Stroh lag in der Luft. In der linken Zellesaßen Georg Riegg und der Brückenwächter. Den Augsburger Fuhrmann hatte man, auch um die mächtige

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