Die Herren der Unterwelt 02 - Schwarzer Kuss
Lords in der Stadt angekommen. Sie waren den Jägern auf den Fersen, die sich vorgenommen hatten, sowohl Lucien als auch seine Männer ein für alle Mal auszulöschen. So einfach war es, die Blutfehde wieder zu entfachen. Dieses Mal konnte er ihr nicht entkommen. Und er wollte auch gar nicht fliehen. Bis die Jäger vollständig ausgerottet waren, konnte es keinen Frieden geben.
„Was hast du noch über Anya herausgefunden?“
Reyes zuckte die Schultern. „Wie ich draußen schon gesagt habe, ist sie die Tochter von Dysnomia.“
„Dysnomia?“ Lucien strich mit zwei Fingern an seinem Kinn entlang. „Ich kann mich nicht an sie erinnern.“
„Sie ist die Göttin der Gesetzlosigkeit und wird von den Griechen am heftigsten verschmäht. Sie hat mit allem geschlafen, was männlich ist, gleichgültig ob verheiratet oder nicht. Niemand weiß übrigens, wer Anyas Vater ist.“
„Gibt es keine Hinweise?“
„Wie sollte es die geben, wenn die Mutter an jedem Tag zahlreiche Liebhaber hatte?“
Der Gedanke, dass Anya ihrer Mutter nachkommen könne und viele Männer ins Bett schleppen würde, machte Lucien wütend. Er wollte sie nicht begehren, dennoch hatte er sie gewollt – geradezu verzweifelt gewollt. Er wollte sie noch immer. Fürwahr, er hatte versucht, ihr zu widerstehen. Und er hätte ihr widerstanden, wenn er nicht erkannt hätte, wer sie war und dass sie ja unsterblich war. Sie kann nicht sterben. Im Gegensatz zu einer Sterblichen kann sie mir nicht genommen werden, wenn ich mich an ihr ergötze. Ich werde nie ihre Seele in die Hölle begleiten müssen.
Was für ein Narr er gewesen war! Er hätte es besser wissen müssen. Er war der Tod. Jeder konnte sterben. Auch er, seine Freunde. Er sah jeden Tag mehr Tote, als die meisten Mensehen im Laufe ihres ganzen Lebens ertragen könnten.
„Es hat mich überrascht“, fuhr Reyes fort, „dass solch eine Mutter eine Tochter haben kann, die wie ein Engel aussieht. Es fällt schwer zu glauben, dass die hübsche Anya so böse sein kann.“
Ihr Kuss war die reine Sünde gewesen. Erfreulich. Aber die Frau, die er in seinen Armen gehalten hatte, schien ihm nicht böse gewesen zu sein. Süß war sie gewesen. Amüsant auf alle Fälle. Und, erstaunlich genug, sie war verletzlich und wunderbar sehnsuchtsvoll. Nach ihm.
Warum hatte sie ihn geküsst?, fragte er sich noch einmal. Die Frage, und dass er darauf keine Antwort wusste, wurmte ihn. Warum hatte sie ihn zum Tanzen aufgefordert? Warum mit ihm getanzt? Hatte sie etwas von ihm gewollt? Oder war er nur eine Herausforderung für sie gewesen? War er für sie nur jemand, den sie verführen und versklaven konnte, um ihn dann zu verlassen, sobald jemand Attraktiveres daherkam? Um dann über die anhaltende Leichtgläubigkeit dieses hässlichen Mannes zu lachen?
Lucien wurde allein bei dem Gedanken ganz kalt. Denk das nicht. Du wirst dich damit nur selbst quälen. Was sollte er davon halten? Woran sollte er dann denken? An ihren Tod? Götter, er war sich nicht sicher, ob er dazu in der Lage wäre.
Weil sie ihm vor einer Weile geholfen hatte, schuldete er Anya nun einen Gefallen. Wie sollte er eine Frau töten, in deren Schuld er stand? Wie sollte er eine Frau umbringen, deren Lippen er gekostet hatte? Er legte seine Hände auf die Knie und presste sie zusammen, um die plötzlich aufkeimende Dunkelheit in ihm zu unterdrücken.
„Was weißt du sonst noch über sie? Es muss doch noch mehr geben.“
Reyes schüttelte den Kopf. „Anya ist auf eine gewisse Weise verflucht, aber ich habe nicht herausbekommen, auf welche.“
Verflucht? Diese Nachricht erschütterte Lucien und machte ihn wütend. Hatte sie deshalb zu leiden? Und warum war es ihm nicht egal? „Weißt du etwas darüber, was dahintersteckt? Wer hat sie verflucht?“
„Themis, die Göttin der Gerechtigkeit. Sie ist ein Titan, obwohl sie die Titanen verraten hat, um den Griechen zu helfen, als die den himmlischen Thron besteigen wollten.“
Lucien erinnerte sich an die Göttin, obwohl er kein klares Bild von ihr vor Augen hatte. Sie war groß, dunkelhaarig und schlank, das wusste er noch. Sie hatte aristokratische Züge und zierliche Hände, mit denen sie viel gestikulierte. An manchen Tagen war sie sanftmütig, an anderen unerträglich barsch. „Was weißt du über Themis?“
„Nur, dass sie die Frau von Tartarus, dem Gefängniswächter war.“
Lucien runzelte die Stirn. „Vielleicht hat sie Anya verflucht, um sie dafür zu bestrafen, dass sie Tartarus
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