Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
stehen. Nein, nein, nein. Ich bin stark. Ich werde sie alle umlegen.
Du machst dir doch vor Angst in die Hose. Und der Feind spürt deine Angst. Sie werden dich wie ein Tier abschlachten. Was, wenn sie dich in Stücke schneiden und die Knochen nach Hause zu deiner Familie schicken?
Sabin, der dieses Defilee der Zweifel gewöhnt war, blendete das Gewisper aus. Immer wieder nach rechts und links schauend zog er sich vorsichtig in die Ecke neben dem zerbrochenen Fenster zurück. Mit einem kurzen Blick aus dem Fenster vergewisserte er sich, dass kein Jäger gerade hereinkletterte. Auch im gesamten Flur war kein Feind in Sicht.
Er holte tief Luft und betrachtete seine Wunde. Seine Hose war bereits an der Haut festgeklebt – und mittendrin ein blutiges Loch. Na großartig. Er taste vorsichtig den Rand des Loches ab und hätte fast laut aufgeschrien. Es war schlimmer als vermutet.
Als er die Rückseite des Beins betastete, spürte er ein weiteres Loch: die Austrittswunde. Zum Glück. Vielleicht war es also doch nicht so schlimm.
Er riss ein Stück seines Hemdsaumes ab und band es sich um den Oberschenkel, um den Blutfluss zu stillen.
Wie geht es deinen Männern? Du kannst nur hoffen, dass keiner von ihnen stirbt. Die Jäger sind euch zahlenmäßig überlegen, deshalb ist es möglich …
„Halt die Klappe“, befahl er seinem Dämon, der versuchte, Zweifel in ihm zu säen.
Die meisten von ihnen sind darauf trainiert, völlig unbeeindruckt und stur vor sich hin zu kämpfen, jammerte Zweifel. Nur einige von ihnen haben sich mir geöffnet und sind jetzt tot.
Der Dämon musste die Gedanken seiner Opfer hören, bevor er angreifen konnte. „Armes Hascherl“, murmelte Sabin. „Aber denk dran: Wenn du mich umbringst, musst du selbst dran glauben. Dann verlierst du alles. Du wirst verrückt – oder womöglich zurück in die Büchse gesteckt.“
Im hinteren Teil seines Schädels rüttelte es, so entsetzt tobte der Dämon darin herum. Nicht in die Büchse! Nicht in die Büchse!
„Dann sei still!“ Zum Glück gehorchte die Kreatur.
Von draußen drangen das Zischen und Knallen von Schüssen und die Schmerzensschreie und das Röcheln von Menschen herein. Sabin konnte hören, wie das Metall von Kugeln und Klingen Haut und Knochen durchschlug. Er schaute in die Nacht und hielt sich dabei so weit wie möglich im Schatten. Hin und wieder sah er ein silbernes Blitzen im Mondlicht – Messerklingen und Wurfsterne, die in einer bogenförmigen Flugbahn auf ihr Ziel zurasten.
Sein Blick blieb bei einem seiner Freunde hängen: Maddox rannte vorwärts, machte einen Hechtsprung und landete in einer Gruppe von Jägern. Einige Sekunden lang sah man nur ein Durcheinander von Armen und Beinen – und ein Messer, das sich mit schnellen und flüssigen Bewegungen durch das Knäuel bewegte. Dann regte sich nichts mehr. Hatte Maddox …
Doch schon sprang der auf, schüttelte die leblosen Körper ab, drehte sich um und ging winkend auf jemanden zu. Reyes, der seinen Arm um die Taille einer Menschenfrau gelegt hatte, trat in den Lichtkreis, war jedoch kurz darauf mit seiner Begleitung schon wieder verschwunden.
Das Allsehende Auge. Den Göttern sei Dank, dass ich sie nicht getötet habe, als ich die Gelegenheit hatte.
Das Handy in seiner Tasche vibrierte. Shit. Fußgetrappel versetzte ihn augenblicklich in Alarmbereitschaft, und er fuhr herum. Doch zu spät: Vier Jäger stürmten den Flur entlang, die Waffen auf ihn gerichtet. „Haben einen gefunden“, riefen sie.
„Der gehört mir. Wenn er sich von meinen Schlägen erholt hat, könnt ihr ihn haben.“
„Ich muss ihm nur erst eins verpassen. Das hier ist für meinen Sohn, Dämon!“
Ein Trommelfeuer von Schüssen prasselte auf ihn nieder: in die Schulter, den Bauch, den Oberschenkel, direkt neben der frischen Wunde von eben. Verdammt, er hätte sich nicht ablenken lassen dürfen. Den Schmerz verdrängend, warf er sich brüllend nach vorn und feuerte die Magazine seiner halb automatischen Pistolen leer. Dann ließ er die Waffen fallen und hob die Arme. Wieder trafen ihn Kugeln.
Er und die Jäger trafen sich in der Mitte des Flurs.
Sie warfen sich aufeinander und rollten sich auf dem Boden. Einer der Jäger knallte mit seinem Schädel so heftig auf den Marmorboden, dass er sich nicht mehr rührte. Die anderen drei zogen Messer hervor und versuchten Sabin an verschiedenen Stellen aufzuschlitzen. Aber er hatte den Angriff erwartet und noch im Fallen seine eigenen Messer
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