Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
von diesem Genuss: Danika in seinen Armen und ihre scharfen kleinen Zähne in seinem Hals! Für einen winzigen Moment war sie sinnlich und wollüstig gewesen; und er hatte es nicht geschafft, sie davon abzuhalten, ihren Unterleib gegen seinen Schwanz zu pressen. Doch dann hatte er gemerkt, dass sie nicht ihn begehrte, sondern Schmerz, seinen Dämon, der ihr bereits die Sinne vernebelte. Da hatte er sie stoppen und da für sorgen müssen, dass sie von ihm abrückte. Die körperlichen Qualen, die er in dem Moment verspürt hatte, waren die schlimmsten – und die besten – seines Lebens gewesen.
Doch Schmerz wollte mehr.
Mit zitternden Händen öffnete Reyes den Kühlschrank. Da Paris für die Einkäufe zuständig war, wusste Reyes nie, was er so finden würde. Heute gab es offensichtlich Brot und Aufschnitt. Sandwich also.
„Wo ist Aeron?“, fragte Lucien in seinem Rücken. „Ich hab den Teil unserer Abmachung erledigt. Jetzt bist du dran.“
Reyes drehte sich nicht um. „Keine Sorge, ich bringe dich zu ihm. Morgen früh.“
„Nein. Du bringst mich jetzt zu ihm.“
Reyes zog eine Packung Putenbrust und eine Packung Schinken aus dem Kühlschrank, betrachtete sie unschlüssig und zuckte dann die Achseln. Er hatte keinen Schimmer, was Danika lieber mochte, also entschied er, ihr zwei Sorten Sandwiches zu machen.
„Danika ist vollkommen geschwächt und hungrig. Ich kümmere mich heute um sie, und danach stehe ich dir zur Verfügung.“
Der normalerweise so ruhige Lucien stieß ein leises Knurren aus. „Jede Minute, die Aeron irgendwo eingepfercht verbringt, leidet er Höllenqualen. Unsere Dämonen hassen es, wenn ihre Herren eingesperrt sind, das weißt du genau. Wahrscheinlich ist Zorn bereits am Ausrasten.“
„Muss ich dich noch einmal daran erinnern, dass Aeron selbst sich das so gewünscht hat? Und soviel ich weiß, wird er, wenn er erst einmal hier ist, wieder eingesperrt. Was macht den Unterschied zwischen dem Gefängnis dort und dem hier? Außerdem will er gar nicht in unserer Nähe sein.“ Reyes warf die Packungen mit dem Aufschnitt auf den Küchentresen und griff nach einer Scheibe Brot. Vollkorn.
Ob sie wohl lieber Vollkorn-oder Weißbrot mochte? Nach kurzem Überlegen entschied er sich, von beidem zu nehmen. Sicherheitshalber. Er riss die Plastikfolie des Weißbrotes auf und legte den Laib vor sich hin. „Ich bitte dich doch nur um eine Nacht.“
„Und was, wenn er stirbt? Wir sind zwar unsterblich, ja, aber unter gewissen Umständen kann uns der Tod ereilen wie jeden anderen Sterblichen auch. Das weißt du.“
„Er stirbt nicht.“
„Woher willst du das wissen?“, beharrte Lucien.
„Irgendwie spüre ich, wie seine Verzweiflung in meinem Innern brennt. Und zwar immer, rund um die Uhr. Und von Minute zu Minute wird diese Verzweiflung größer, wohl im gleichen Maße, wie er an Kraft gegenüber Zorn einbüßt.“ Reyes holte tief Luft, hielt sie an … hielt sie an … und atmete langsam wieder aus, zusammen mit der Wut, die sich plötzlich in ihm angestaut hatte. „Nur noch ein paar Stunden. Um mehr bitte ich dich nicht. Für mich, für Danika. Für ihn.“
Es folgte eine lange Pause. Reyes belegte die Brotscheiben mit je zwei Lagen Aufschnitt und klappte sie zusammen.
„Na schön“, sagte Lucien. „Ein paar Stunden.“
Mit polternden Schritten verließ er die Küche.
Reyes betrachtete die Sandwiches. „Nicht genug“, murmelte er. Menschen wünschten Vielfalt und Abwechslung. Sagte Paris das nicht immer, wenn er von seinen Geliebten erzählte? Stirnrunzelnd inspizierte Reyes erneut den Inhalt des Kühlschranks. Sein Blick fiel auf eine Schachtel blauer Weintrauben. Ja, perfekt. Das letzte Mal, als Danika hier gewesen war, hatte sie innerhalb weniger Minuten eine Schüssel Trauben geleert.
Er nahm die Schachtel heraus, wusch die Trauben und drapierte sie um die Sandwiches.
Was trank sie wohl gern? Im Kühlschrank sah er eine Flasche Wein, einen Krug Wasser und eine Packung Orangensaft. Er würde nicht so dumm sein, Danika Wein zu geben. Der Wein hier auf der Burg war mit Ambrosia versetzt, das sie aus dem Himmel gestohlen hatten und das vor einiger Zeit fast Maddox’ Menschenfrau Ashlyn umgebracht hätte.
Reyes schob die gekühlte Flasche beiseite, griff nach dem Saft und füllte ihn in ein großes Glas.
„Mensch, Junge, willst du eine Armee abfüttern?“
Reyes warf einen raschen Blick über die Schulter. Sabin lehnte im Türrahmen, die kräftigen Arme vor der
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