Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
Lächeln, doch in seine Freude mischten sich Traurigkeit und Sehnsucht. „Ich mich auch.“
Er sah genau so aus, wie Reyes ihn in Erinnerung hatte, bevor ihm die Jäger die Kehle durchgeschnitten hatten. Weiße Haare, schwarze Augenbrauen und hellgrüne Augen. Wundervoll maskulin und extrem schaurig. Er trug schwarze Handschuhe, die von den Fingerspitzen bis zu den Achseln reichten, um andere Menschen – und auch die Unsterblichen – nicht durch Hautkontakt mit einer Krankheit zu infizieren. Zwar würden die Krieger selbst nicht erkranken, aber sie würden die Erreger weiterverbreiten.
„Wie geht es dir?“, fragte Reyes.
„Besser.“ Torins grüne Augen wanderten zu dem Teller in Reyes’ Hand. „Ich hab Hunger.“
„Lass die Finger davon“, antwortete Reyes. „Ich bin froh, dass es dir besser geht, aber nicht so froh, dass ich dir etwas abgeben will.“
Torins Grinsen verlor seinen letzten Anflug von Traurigkeit. „Da wünscht man sich ja fast wieder, bettlägerig zu sein. Dann müsstest du mir das Essen mit einem Lächeln aufs Zimmer bringen. Oh, wisst ihr was?“, fragte er und drehte sich zu Anya um. „Dein Freund kommt den Hügel hinaufgeklettert. Er schreit die ganze Zeit, dass er dich übers Knie legen und versohlen will, also hab ich beschlossen, ihn doch nicht zu töten, wie Lucien es angeordnet hat. Der Typ trägt ein Messer am linken Oberschenkel, die einzige Waffe, die ich bemerkt habe. Er müsste jeden Moment vor der Tür …“
In diesem Moment klopfte es.
Lachend klatschte Anya in die Hände. „William ist hier!“
„Was hat der denn hier zu suchen?“, fragte Reyes. „Lucien hat ihm verboten, je wieder hier aufzukreuzen, und du hasst ihn doch.“
„Ihn hassen? Ich liebe ihn über alles! Ich hab sogar dafür gesorgt, dass er zurückkommt, indem ich sein Lieblingsbuch als Pfand einbehalten habe. Und im Übrigen hat Lucien nur gescherzt, als er befahl, ihn zu töten. Sie sind inzwischen die allerdicksten Freunde, ich schwör’s dir.“ Anya hüpfte umher und klatschte begeistert in die Hände.
„William!“, hörten die Männer in der Küche sie kurz darauf rufen.
„Wo ist mein Buch, Frau?“
„Wo bleibt meine Umarmung, du dicker Teddybär?“
„Ist das derselbe William, der Lucien damals in den Wahnsinn getrieben hat, als sich Anya vom Verlust ihres Schlüssels erholte?“, fragte Ashlyn gerade, als Maddox zu ihr herüberkam und sie von hinten umarmte. „Und was für ein Buch überhaupt?“
„Das Buch eben“, sagte Maddox und schnaubte zärtlich gegen ihre Wange. „Keine Ahnung. Dieser William kam mir nicht gerade wie ein großer Intellektueller vor. Im Übrigen hatte ich auch nicht den Eindruck, dass Lucien und William die dicksten Freunde sind. Irgendjemand sollte den Kerl wegsperren, bis Lucien wiederkommt.“
Ashlyn schmiegte sich eng an ihren Mann. „Anya scheint ihn zu mögen. Ich würde sagen, wir lassen ihn in Ruhe. Je mehr wir sind, desto besser, oder?“
Reyes rollte mit den Augen. Das Leben auf der Burg ähnelte immer mehr einer einzigen großen Party.
Während Ashlyn und die Männer hitzig zu diskutieren begannen, wer nun was kochen könnte und was sie mit William tun sollten, zog sich Reyes endlich aus der Küche zurück, den Teller und das Glas Orangensaft vorsichtig auf dem Tablett balancierend.
„Ich hasse dich“, hatte Danika gesagt.
„Ich weiß“, hatte er geantwortet, und es entsprach der Wahrheit. Er hatte sie und ihre Angehörigen gefangen gehalten. Und er hatte dazu beigetragen, dass die Jäger auf sie aufmerksam wurden. Sie hatte allen Grund, ihn zu hassen. Aber jetzt wollte er ihr etwas Gutes tun. Etwas, über das sie in den kommenden Jahren würde lächeln können. Selbst wenn es nur ein simples Abendessen war.
Er stieg die Treppe hinauf und hatte immer noch keinen Tropfen Saft verschüttet. Wahrscheinlich schlief sie noch. Er fand den Gedanken, sie zu wecken, entsetzlich, wusste aber, dass es nur zu ihrem Besten war. Ihre Blässe und die dunklen Augenringe beunruhigten ihn. Sie brauchte einfach eine Stärkung.
Solange sie hier ist, werde ich mich um all ihre Bedürfnisse kümmern. Es soll ihr an nichts fehlen.
Er glitt in sein Schlafzimmer, blieb jedoch abrupt stehen, als sein Blick aufs Bett fiel. Sein Mund war trocken, und sein Sichtfeld färbte sich abermals rot. Die schwarzen Laken waren zerwühlt. Und leer.
Danika war verschwunden.
6. KAPITEL
Aeron kauerte in seinem unterirdischen Gefängnis, rasend vor Wut. Wut auf
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