Die Herren der Unterwelt 03 - Schwarze Lust
Wange. „Soll ich dir irgendetwas bringen? Hast du irgendwelche Wünsche?“
„Ich werde deinen Freund umbringen, Reyes.“ Das Geständnis brach einfach so aus ihr heraus. „Aeron. Ich weiß, dass ich dir versprochen habe, es nicht zu tun, aber …“
Er seufzte müde. „Ich möchte nur, dass du dir das vorher gut überlegst. Aeron ist stärker als du, er ist unsterblich, du bist es nicht. Selbst wenn es dir gelingen sollte, ihn zu verletzen, wird er daran höchstwahrscheinlich nicht sterben. Du hingegen wirst kaum eine Chance haben.“
„Ich mache es, wenn er schläft. Da hab ich überhaupt keine Skrupel. Oder …“ Sie blickte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Der Raum um sie herum verschwand, sie sah nur noch Reyes. „Du bist genauso stark wie er. Du hast ihn früher schon besiegt. Er hatte es auf mich abgesehen, und du hast ihm Einhalt geboten.“
Während sie noch sprach, zeichnete sich Unbehagen auf Reyes’ markigem Gesicht ab.
„Töte ihn für mich“, flehte sie ihn an.
„Danika …“
„Töte ihn, und ich werde alles tun, was du verlangst. Ich werde dir so oft in die Haut schneiden, wie du es wünschst.“
„Danika“, sagte er wieder. Zwischen den drei Silben ihres Namens hörte sie den Kampf heraus, den er mit sich ausfocht.
Zweimal hatte sie ihn schon mit Aeron kämpfen sehen, doch noch nie hatte sie einen so gequälten Ausdruck auf seinem Gesicht gesehen wie jetzt. Sie spürte einen Kloß im Hals und musste schlucken. Ihr Magen zog sich zusammen. Doch sie nahm ihre Bitte nicht zurück.
„Wie ich schon sagte, ist deine Großmutter vielleicht noch am Leben. Warum schließt du diese Möglichkeit völlig aus?“
„Weil sich Aeron an all ihr Blut erinnert.“ Außerdem hatten die Jäger ihn dabei beobachtet, wie er einen bewusstlosen Körper wegschleppte. Doch das durfte sie natürlich nicht erwähnen.
„Aber Aeron hat sich nicht daran erinnert, ihr den Todesstoß versetzt zu haben. Und ein Krieger wie er würde so etwas niemals vergessen. Das bedeutet, dass sie noch geatmet haben muss, als er sie verlassen hat.“
Vielleicht … möglicherweise … was, wenn …
„Morgen früh bringe ich dich zu deiner Schwester und deiner Mutter, vielleicht kannst du über sie deine Großmutter ausfindig machen. Zunächst werde ich dafür sorgen, dass Torin die beiden heute Abend jagt … äh nein, verdammt … dass er sie findet. Torin wird sie für dich aufspüren.“
Danika erstarrte, jeder einzelne Muskel ihres Körpers versteifte sich. „Wird er ihnen etwas antun? Wenn er sie verletzt, werde ich …“
„Nein, nein, du hast mein Wort. Ihnen wird nichts geschehen.“
Sie glaubte ihm. Es war dumm von ihr, aber sie tat es. Im Augenblick hatte sie keine andere Wahl.
„Und wir werden auf jeden Fall auch deine Großmutter finden. Was auch immer mit ihr passiert ist, du wirst es erfahren.“
Auf jeden Fall … was auch immer. Verhängnisvolle Worte. Und dennoch: Wieder begann die verhasste Hoffnung in ihr zu erwachen. Vielleicht … möglicherweise … was, wenn … Schon wieder zuckten ihr diese Formulierungen durch den Kopf. Sie nahm an, dass es in der Natur des Menschen lag, stets das Beste zu hoffen, zumal es so schwer war, das Schlimmste zu vermuten, ohne einen sicheren Beweis dafür zu haben. Sie hatte den Körper ihrer Großmutter nicht gesehen. Und wie Reyes ihr eben in Erinnerung gerufen hatte: Aeron hatte gesagt, dass er glaubte, sie getötet zu haben. Er war sich nicht sicher, ob es tatsächlich so war.
Vielleicht war Grandma Mallory ja wirklich noch am Leben.
Danikas Benommenheit begann langsam zu schwinden und wich einem noch etwas unsicheren Gefühl der Erleichterung. „Ich würde lieber schon heute Abend aufbrechen“, erwiderte sie. „Aeron weiß, wo sie sind. Bring ihn zum Reden.“
„Ich hab’s versucht. Zweimal. Und willst du ihn wirklich permanent daran erinnern, dass sie irgendwo da draußen herumlaufen? Wo er sich doch nichts sehnlicher wünscht als ihren Tod. Torin kann ihren Aufenthaltsort herausfinden, da bin ich mir sicher. Er braucht nur etwas Zeit dafür.“
Sie umklammerte seine Handgelenke und blickte zu ihm hoch, wollte ihn küssen und zugleich am liebsten wegschubsen. Wollte ihn umarmen und gleichzeitig schlagen. „Danke.“
„Du bist so wunderbar“, flüsterte er. Dann schüttelte er den Kopf, als wolle er wieder zu klarem Verstand kommen, weil er selbst nicht glauben konnte, was er da gerade gesagt hatte. „In Aerons Verlies hast du
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