Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
unten.
Schließlich traf der Krieger ein. In gehörigem Sicherheitsabstand blieb er neben Sabin stehen. „Alle waren so beschäftigt, dass es sinnlos gewesen wäre, ein neues Treffen einzuberufen. Deshalb habe ich versucht, jeden einzeln abzufangen.“
„Was herausgefunden?“
„Allerdings.“ Er wackelte mit den schwarzen Augenbrauen, die einen faszinierenden Kontrast zu seinen weißen Haaren bildeten. „Ich habe einen obskuren Artikel in einem Boulevardblatt auf getan, in dem es um begabte Kinder in Chicago geht. Kinder, die Autos hochheben können. Kinder, die Menschen allein durch Reden dazu bringen können, das zu tun, was sie wollen. Kinder, die sich so schnell bewegen, dass das Auge es nicht wahrnehmen kann. Und jetzt kommt’s: Die ganze Sache wurde vom Internationalen Institut für Parapsychologie geleugnet.“
Sabin riss die Augen auf. „Eine Jäger-Highschool. Genau wie unser Gefangener uns gesagt hat.“
„Jawohl. Das kann kein Zufall sein.“
„Wir müssen das Gebäude durchsuchen.“
„Sehe ich auch so. Deshalb treffe ich bereits Vorbereitungen für die Abreise. In zwei Tagen geht es los. Einige von euch müssen mitkommen, aber die anderen sollten lieber hierbleiben und nach den Leuten suchen, die auf den Schriftrollen stehen. Ich muss einfach wissen, wer was macht.“
Er wollte schon sagen, dass er mitfahren würde – die Jäger töten, die Kinder retten und vielleicht endlich Galen aus seinem Versteck zerren –, als er über Torins letzte Worte nachdachte. „Moment. Schriftrollen?“
Eine milde Brise erhob sich und zerzauste Torins Haar. Er strich sich die Strähnen mit einer behandschuhten Hand aus dem Gesicht. „Cronus hat mir einen Besuch abgestattet.“
Sabins Magen verkrampfte sich. „Ich habe versucht, ihn zu rufen, aber er hat mich ignoriert.“
„Sei froh.“
„Was hat er gesagt?“
„Du kennst ja den Drill: ‚Tu, was ich dir befehle, sonst foltere ich jeden, den du liebst‘“, erwiderte Torin in einem erhabenen, arroganten Tonfall.
Seine Imitation des Gottes war bühnenreif. „Ja, aber was hat er dir aufgetragen? Leute zu finden, hast du gesagt?“
„Dazu komme ich jetzt. Du weißt ja, dass er genauso wie wir darauf brennt, Galen tot zu sehen, seit Danika vorhergesagt hat, dass Galen derjenige ist, der ihn umbringen wird, nicht wahr? Also, auf den Schriftrollen, die er mir gegeben hat, ist eine Namensliste. Die Namen gehören zu anderen von Dämonen besessenen Unsterblichen. Du glaubst ja nicht, wie viele es sind. Aber es gibt auch leere Zeilen, so als wären mehrere Namen ausradiert worden. Seltsam, was? Denkst du, das bedeutet, dass sie irgendwie gestorben sind?“
„Vielleicht.“ Erst vor Kurzem hatten er und die anderen – durch Danika – erfahren, dass sie nicht die einzigen von Dämonen besessenen Unsterblichen waren, die es gab. Offenbar waren in der Büchse der Pandora mehr Dämonen gefangen gewesen, als es Krieger gegeben hatte, die bestraft werden mussten. Und so waren die verbliebenen Geister auf die Gefangenen im Tartaros verteilt worden. Gefangene, die jetzt verschwunden waren.
„Wie dem auch sei. Cronus ist der Meinung, wir sollen unsere Brüder finden und sie benutzen, um Galen ein für alle Mal das Handwerk zu legen. Er meint, sie könnten uns helfen, ihn einzusperren und ihn somit davon abzuhalten, noch mehr Unruhe zu stiften.“
Sabin schüttelte den Kopf. „Sie waren Gefangene, was bedeutet, dass selbst die Götter nicht in der Lage waren, sie zu kontrollieren. Wir können ihnen nicht genug vertrauen, um sie zu benutzen. Außerdem, sosehr wir Galen auch tot sehen wollen: Wir wissen alle ganz genau, wie gefährlich es wäre, seinen Dämon in die Welt zu entlassen. Aber wie sollten wir diese Fremden daran hindern, genau das zu tun?“
„Punkt für dich. Und ja, wir sind so gnädig, dass er seinen Kopf vorerst behalten darf, aber Galen würde sich wohl kaum erkenntlich zeigen. Diese Männer gehören genau zu der Art Kreatur, die er für seine Armee rekrutieren würde. Was bedeutet, dass wir sie trotzdem finden müssen – und zwar, bevor er es tut.“
Sabin wusste, dass sie außerdem Cronus glücklich machen mussten. Wenn der Götterkönig seinen Willen nicht bekam, geschahen jedes Mal schlimme Dinge. „Aber wir müssen auch die übrigen Artefakte finden, und das erscheint mir im Augenblick etwas wichtiger.“
„Wir können sie nicht finden, wenn wir von einer Schar unsterblicher Kinder überrannt werden, die fest entschlossen
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