Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
ich kann sie also unmöglich alle finden.“
Schweigen. Dann: „Ich habe sie gestrichen. Diese Namen brauchst du nicht.“
Aha. „Wieso nicht?“
„So viele Fragen, Dämon. Und so wenige Taten. Finde die Besessenen, sonst bekommst du meinen Zorn zu spüren. Das ist alles, was du wissen musst. Ich bitte dich nicht um das Unmögliche. Ich habe dir die Namen gegeben, die du benötigst. Nun musst du nur noch die Personen dazu finden. Du kannst sie an den Schmetterlingstattoos auf ihren Körpern erkennen.“ Am Ende war sein Tonfall trocken geworden. Geradezu … amüsiert.
Auch das war nicht so einfach. „Warum überhaupt Schmetterlingstattoos?“, murmelte Torin in vollem Bewusstsein darüber, dass eine Diskussion nur Schaden anrichten würde. Niemand war sturer als Cronus. Doch er wusste auch, dass Cronus auf ihn angewiesen war, wenn er Galen finden und in Schach halten wollte. Was er nicht wusste – was niemand wusste –, war, wieso der Götterkönig das nicht selbst konnte. Cronus war nämlich nicht gerade mitteilsam.
„Aus vielerlei Gründen.“
„Ich verschiebe meine Arbeit wie befohlen, also habe ich genug Zeit, um mir jeden einzelnen dieser Gründe anzuhören.
Cronus biss die Zähne fest aufeinander. „Wie ich sehe, hält sich da jemand für nützlicher, als er in Wirklichkeit ist.“
„Ich bitte um Verzeihung“, erwiderte er zähneknirschend. „Ich bin kleiner als klein, ein Nichts, unbrauchbar, nutzlos.“
Cronus neigte anerkennend den Kopf. „Da mein Haustier so schnell gelernt hat, wo es hingehört, werde ich ihm eine Belohnung geben. Du möchtest mehr über die Schmetterlinge erfahren? Über die Schmetterlinge, die meine Kinder, die Griechen, euch geschenkt haben?“
Torin nickte steif. Er wagte nicht zu sprechen, um den Gott nicht aus seiner gönnerhaften Stimmung zu reißen.
„Vor deiner Besessenheit warst du eingeschränkt in dem, was du tun und wohin du gehen konntest. Gefangen in einem Kokon, könnte man sagen. Sieh dich jetzt an.“ Er wies mit einer ausschweifenden Geste auf Torins Körper. „Du hast dich in etwas Dunkles, aber Schönes verwandelt. Deshalb habe ich die Kennzeichnung gewählt. Meine Kinder, na ja …“ Er öffnete den Mund, um fortzufahren, hielt dann jedoch inne und drehte den Kopf zur Seite. „Da kommt noch ein Besucher. Wenn ich dich das nächste Mal besuche, Krankheit, erwarte ich Ergebnisse. Sonst wirst du mich nicht so nachsichtig erleben.“
Im nächsten Augenblick war der Gott verschwunden, und es klopfte an der Tür.
Torin schaute auf den Monitor zu seiner Linken. Cameo winkte ihm zu, als hätte er sie durch seine Grübeleien herbeigerufen. Er wollte nicht länger an Cronus oder dessen Warnungen denken. Er hatte vor, dem König zu helfen, allerdings würde er nicht tatsächlich wie ein Haustier springen, wenn dieser Bastard es ihm befahl.
Nach dem Anblick der leckenswürdigen Ohren war er immer noch körperlich erregt und bereit, als er auf den Türöffner drückte. Cameo kam in einer fließenden Bewegung herein und schloss die Tür hinter sich mit einem entschlossenen Klicken. Torin wirbelte mit seinem Stuhl herum und betrachtete sie mit der jüngst erlangten Einsicht. Ihr Gesicht war gerötet, hübsch, und ein spannungsgeladenes Summen ging von ihr aus. Aber das war auch alles. Spannung. Der Drang nach Erlösung.
Nein, sie hätte ihn ebenfalls nicht ausgewählt.
„Darf ich dir eine Frage stellen?“, fragte er, während er mit den Händen über seine Mitte fuhr.
Sie kam mit wiegendem Hüftschwung auf ihn zu, und ihre Lippen bildeten ein Lächeln. „In Ordnung.“ Wahrscheinlich hatte sie versucht, heiser und sexy zu klingen, doch ihr tragischer Tonfall schaffte nicht mehr als ein Vielleicht-bringe-ich-mich-doch-nicht-um.
„Warum ich? Du könntest doch jeden hier haben.“ Sie blieb abrupt stehen. Dann verschwand ihr Lächeln. Sie runzelte die Stirn, während sie sich in gebührendem Abstand auf die Schreibtischecke setzte und die Beine baumeln ließ. „Willst du wirklich darüber sprechen?“
„Ja.“
„Es wird aber nicht angenehm sein.“
„Was ist heutzutage schon angenehm?“
„Also gut. Du verstehst mich, meinen Dämon. Meinen Fluch.“
„Genauso wie die anderen.“
Sie knetete vor Unbehagen ihre Finger. „Ich muss dich noch mal fragen, ob du dieses Gespräch wirklich führen willst. Vor allem, weil wir auch etwas anderes machen könnten …“
Wollte er? Womöglich veränderte es das, was zwischen ihnen war. Vergnügen
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