Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
wollte mit ihr zusammen sein, hatte er gesagt. Er würde den Krieg für sie aufgeben. Er wollte sie zur obersten Priorität in seinem Leben machen. Er vertraute ihr. Er liebte sie.
Sie hätte ihm so gern geglaubt, ja, das hätte sie wirklich, aber sie konnte sich einfach nicht dazu bewegen. Nicht nur, weil er sie eingesperrt hatte, sondern – und das war ihr klar geworden, als sie im Bett gelegen und sich von ihren Verletzungen erholt hatte – weil sie jetzt eine Waffe war. Die Waffe, die er immer gewollt hatte. Sie hatte sich im Kampf bewiesen. Er musste sie nicht mehr zurücklassen, musste sich nicht mehr um sie sorgen. Hätte er sich etwas Besseres einfallen lassen können, um das von ihr zu bekommen, was er wollte, als ihren Körper und ihre Seele zu verführen?
Aber liebte er sie wirklich? Das war es, was sie wissen wollte.
Er behauptete, es sei ihm egal, wenn er sie dabei ertappte, wie sie ihren Vater umarmte. Vielleicht war das die Wahrheit. Aber auch wenn er sie jetzt liebte – würde er sie nicht eines Tages für das hassen, was sie war? Würde sich sein Hass auf die Jäger und ihren Anführer auf sie ausweiten? Würden seine Freunde sich gegen ihn stellen, weil er einen Feind in ihr Zuhause gebracht hatte? Wären am Ende nicht jedes ihrer Worte und jede ihrer Taten verdächtig?
All diese Zweifel schwirrten nicht wegen seines Dämons in ihr umher. Es waren ihre eigenen. Und sie wusste nicht, wie sie sie abschütteln sollte, auch wenn sie es sich noch sosehr wünschte, mit Sabin zusammen zu sein.
Als sie ihn blutüberströmt in der Stadt gesehen hatte, war ihr tatsächlich das Herz stehen geblieben – der eindeutige Beweis dafür, dass es ihm gehörte. Was hatte er nur für einen wilden Anblick geboten. Jede Frau wäre stolz, so einen starken und fähigen Mann an ihrer Seite zu haben. Sie hatte diese Frau sein wollen. Von Anfang an. Doch ihr fehlte das Vertrauen, um an diesem Traum festzuhalten. Was eigentlich lustig war, wenn man etwas länger darüber nachdachte. Denn körperlich war sie noch nie stärker gewesen.
„Ich hasse es, dich zu verlassen“, sagte Bianka, als sie sie losließ und zurücktrat.
„Na ja …“ Nun zum schwierigen Teil. „Warum versuchst du es dann überhaupt? Ich brauche euch hier, damit ihr Torin helfen könnt, die Burg und die Menschen zu beschützen.“
„Und was hast du vor?“ Auch Taliyah ließ sie los und sah sie mit ihren blassblauen Augen an. Wenigstens hatten sie ihr die Bitte nicht gleich abgeschlagen.
Sie straffte entschlossen die Schultern. „Das ist genau der Grund, weshalb ich euch hergebeten habe. Würdet ihr mir bitte für einen Moment eure Aufmerksamkeit schenken?“ Sie klatschte in die Hände und wartete darauf, dass auch die anderen Anwesenden sie ansahen. „Sabin und ich werden nach Chicago gehen und nach seinen vermissten Freunden suchen. Sie haben sich schon seit einiger Zeit nicht mehr gemeldet, und wir vermuten, dass irgendetwas nicht stimmt.“
Bei diesen Worten blinzelte Sabin. Das war seine einzige Reaktion. Sie wusste, dass er auf weitere Informationen von Torin wartete. Aber sie hielt es für besser, sich schon mal auf den Weg zu machen, anstatt tatenlos hier herumzusitzen.
„Ich bin ja so froh darüber“, sagte Ashlyn. „Ich weiß nicht, ob es dir schon jemand erzählt hat, aber Aeron, Cameo und, ja, deine Schwester Kaia haben mich heute Morgen in die Stadt gebracht. Dort habe ich ein paar Sachen aufgeschnappt.“
Oh, oh. In der Burg würde es Ärger geben. „Du hättest nicht in die Stadt gehen sollen. Dein Mann wird durchdrehen, wenn er davon erfährt.“ Sie hatte Maddox zwar erst wenige Male mit der Frau zusammen erlebt, doch das hatte gereicht, um zu erkennen, wie groß sein Beschützerinstinkt war.
Ashlyn tat die Bemerkung mit einer Handbewegung ab. „Er weiß davon. Er kann mich nicht selbst hinbringen, weil ich in seiner Gegenwart keine Stimmen hören kann. Deshalb war der Kompromiss, mich mit Leibwächtern gehen zu lassen. Er wusste, dass ich mich sonst später allein davongeschlichen hätte. Wie dem auch sei – einige Jäger sind ebenfalls nach Chicago aufgebrochen. Sie hatten Angst vor dir, weil sie nicht wussten, was du ihnen antun kannst.“
Jäger, Angst vor ihr. Sie hatten sich vor ihr gefürchtet, als sie in dieser Pyramide gefangen gewesen war, aber damals hatte Gwen nichts gegen sie ausrichten können. Nun war sie nicht mehr hilflos. Bei dem Gedanken musste sie lächeln. Auch Sabin glühte förmlich vor
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