Die Herren der Unterwelt 04 - Schwarzes Flüstern
hiernach noch zu vertrauen wäre nicht gerade klug.
Einen Moment lang verspürte Sabin Unbehagen, doch dann schüttelte er das Gefühl ab. Er warnt sie um ihretwillen. Und um meinetwillen. Genau wie er gesagt hat. Und jetzt halt die Klappe.
„Ich will nichts mit ihm zu tun haben, glaub mir.“
„Dann macht es dir ja bestimmt nichts aus, wenn ich weggehe, ohne dir zu verraten, was ich weiß.“ Durch die schmalen Schlitze seiner Augen beobachtete Sabin, wie Strider aufstand.
Gwen packte ihn am Handgelenk und zog ihn zurück auf den Sessel. „Warte.“
Sabin musste sich an den Armlehnen festkrallen, um nicht aufzuspringen und sie auseinanderzureißen.
„Erzähl es mir“, verlangte sie und ließ den Krieger los.
Langsam machte Strider es sich wieder in seinem Sessel bequem. Er grinste. Selbst bei seiner eingeschränkten Sicht konnte Sabin das helle Leuchten von Striders Zähnen sehen. Plötzlich hätte er am liebsten selbst gegrinst. Gwen war neugierig auf ihn.
Wahrscheinlich will sie nur herausfinden, wie sie dich am besten töten kann.
Schnauze, verdammt!
„Willst du irgendwas Besonderes wissen?“, fragte Strider.
„Warum ist er so … distanziert?“ Sie sah immer noch zu ihm herüber. Er spürte ihren stechenden Blick auf sich. „Ich meine, ist er zu jedem so, oder kann ich mir was darauf einbilden?“
„Keine Sorge. Es liegt nicht an dir. Er ist zu allen Frauen so. Das muss er. Weißt du, sein Dämon ist …“
„Dämon?“ Gwen spie das Wort förmlich aus. Sie setzte sich kerzengerade auf, und ihr Gesicht verlor jegliche Farbe. „Hast du gerade ‚Dämon‘ gesagt?“
„Oh, äh … habe ich das?“ Wieder sah Strider sich Hilfe suchend im Flugzeug um. „Nein, nein. Ich glaube, ich habe ‚Seemann‘ gesagt.“
„Nein, du hast ‚Dämon‘ gesagt. Dämonen. Dämonen und Jäger und das Schmetterlingstattoo. Ich hätte in der Sekunde darauf kommen müssen, als ich die Tätowierung gesehen habe, aber ihr habt so nett gewirkt. Ich meine, ihr habt mir kein Haar gekrümmt, und außerdem gibt es Tausende Leute, die einen Schmetterling eintätowiert haben.“ Jetzt sah sie sich panisch im Flugzeug um und musterte die Krieger offenbar mit ganz anderen Augen. In der nächsten Sekunde stand sie auch schon, sprang an Strider vorbei und stolperte rückwärts in Richtung Toilette.
Gwen streckte die Arme nach vorn, als könnte die kümmerliche Geste jeden auf Abstand halten. „J…jetzt verstehe ich. Ihr seid die Herren, stimmt’s? Unsterbliche Krieger, die von den Göttern auf die Erde verbannt wurden. Mmeine Schwestern haben mir Gutenachtgeschichten über eure grausamen Taten und Eroberungszüge erzählt.“
„Gwen“, sagte Strider beschwichtigend. „Beruhig dich. Bitte.“
„Ihr habt Pandora getötet. Eine unschuldige Frau. Ihr habt das antike Griechenland niedergebrannt und dadurch die Straßen mit Blut und Schreien gefüllt. Ihr habt Menschen gefoltert, habt ihnen bei lebendigem Leib die Gliedmaßenabgerissen.
Striders Miene verhärtete sich. „Diese Menschen hatten es nicht anders verdient. Sie haben unseren Freund getötet und versucht, uns umzubringen.“
„Wenn sie schreit, werden wundervolle Dinge geschehen“, sagte Gideon grimmig, während er sich neben Strider stellte. „Versuch nicht, sie außer Gefecht zu setzen. Ich helfe dir auch nicht.“
„Warte. Bevor wir es auf die harte Tour machen und dabei vielleicht unsere Kehlen verlieren, sollten wir etwas anderes versuchen. Paris!“, sagte Strider, wobei er Gwen keine Sekunde lang aus den Augen ließ. „Wir brauchen dich hier.“
Entschlossen trat Paris zu ihnen, just in dem Augenblick, als Sabin aus seinem vorgetäuschten Schlaf erwachte und aufsprang.
„Gwen“, sagte er in der Hoffnung, sie mit Worten beruhigen zu können, ehe sich Paris ans Werk machte. Doch sie hatte Schwierigkeiten zu atmen, und die Hysterie hatte sich wie ein Schleier über ihr Gesicht gelegt. „Lass uns reden, über …“
„Dämonen … rings um mich herum.“ Sie öffnete den Mund und schrie. Und schrie und schrie und schrie.
6. KAPITEL
D ämonen. Die Herren der Unterwelt. Einst geliebte Krieger der Götter, nun verschmäht und eine Plage auf Erden. Jeder Mann trug einen Dämon in seinem Körper, einen Dämon, der so abscheulich war, dass es selbst der Hölle nicht gelungen war, ihn zu halten. Dämonen wie Krankheit, Tod, Elend, Schmerz und Gewalt. Und ich bin mit ihnen in einem kleinen Flugzeug gefangen, dachte Gwen, und ihre Hysterie
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